Wie sich die Berufsausbildung digitalisieren lässt
Heute findet bei der IHK in Heilbronn ein Kongress zum Thema "Digitalisierung in der Ausbildung" statt. Was es damit auf sich hat, erklärt Berufsbildungs-Referentin Sabine Schmälzle im Interview.

Die IHK Heilbronn-Franken übernimmt in der Region verschiedene Aufgaben: Sie ist Partner, Ratgeber und Informationsdrehscheibe der Betriebe. Zu diesem Bereich zählt auch die Organisation der Lehrlingsausbildung, die durch die Digitalisierung derzeit einen Wandel erfährt. In einem Interview wollte Patricia Okrafka von IHK-Mitarbeiterin Sabine Schmälzle wissen, welche Veränderungen auf Auszubildende und Ausbilder zukommen.
Was ist der Unterschied zwischen Digitalisierung und Automation?
Sabine Schmälzle: Sobald sich ein Berufsbild durch den Einfluss der digitalen Hilfsmittel und Arbeitstechniken verändert, spricht man von Digitalisierung. Das wird häufig mit Automation verwechselt, bei der Unternehmen technische Fertigungsanlagen benutzen, die selbstständig produzieren. Anstelle eines Menschen rückt dann eine Maschine.
Ersetzen Roboter bald Menschen?
Schmälzle: Das kann man pauschal nicht sagen, da wir uns in einem stetigen Wandel befinden. Einerseits sind nicht alle Berufe von der Automation betroffen. Andererseits kann man Arbeiten, die von Robotern übernommen werden, auch als arbeitserleichternde Prozessgestaltung betrachten. Außerdem können neue Arbeitsplätze entstehen, zum Beispiel um die Roboter herzustellen, zu programmieren, zu warten und so weiter.
Woran zeigt sich, dass Digitalisierung hilfreich ist?
Schmälzle: Das beginnt bereits bei der Kommunikation. Wir kommunizieren digital per E-Mail. Sicherlich wollten Sie keinen schriftlichen Briefwechsel haben. (lacht)
Können Sie das näher erläutern?
Schmälzle: Durch den E-Mail-Verkehr verändern sich nicht alle kaufmännischen Berufe, aber die Korrespondenz wird einfacher und schneller. Die Voraussetzungen sind eine durchgängige Stromversorgung, PCs mit Internetanschluss, eine gute Verbindung und die Kenntnisse mit dem Tool E-Mail umzugehen. Weitere Beispiele sind Online-Banking (Bankkaufmann) oder Bestellsysteme in Restaurants (Berufe im System- und Gastronomiegewerbe).
Welche neuen Berufssparten eröffnen sich durch die Digitalisierung?
Schmälzle: Beispielsweise soll es einen neuen Beruf geben: Kaufmann/-frau für E-Commerce. Aktuell befindet sich der Beruf, beziehungsweise die zu vermittelnden Inhalte, in der Erarbeitungsphase. Er soll voraussichtlich Anfang 2018 in Kraft treten.
Wie weit ist der Digitalisierungsprozess bei Unternehmen vorangeschritten?
Schmälzle: Bei vielen Unternehmen ist das Thema Digitalisierung in der Ausbildung in der Entscheidungsphase oder noch gar nicht angekommen. Die Gründe dafür sind unterschiedlich. Teilweise scheuen sich kleine Unternehmen vor Kosten für digitale Ausbildungsmittel. Aber auch Unsicherheiten bezüglich der richtigen Hilfsmittel für Ausbilder und Auszubildende stehen weiteren Überlegungen oftmals im Weg.
Was kann man dagegen tun?
Schmälzle: Am 21. September findet der IHK-Ausbildungskongress zum Thema "Digitalisierung in der Ausbildung" statt. Dort informieren wir Ausbildungsverantwortliche und Interessierte über ihre Möglichkeiten.
Gibt es auch Probleme?
Schmälzle: Eher schwierig gestaltet sich für die Region die Grundvoraussetzung der digitalen Erreichbarkeit. Es sind also infrastrukturelle Schwierigkeiten: In manchen Regionen ist das Breitbandnetz nicht vollständig ausgebaut. Außerdem sollte die Ausbildung - wenn mit digitalen Hilfsmitteln - dann auch durchgängig mit allen Partnern und an allen Lernorten in sich greifend ablaufen, also: Betrieb - Berufsschule - IHK - gegebenenfalls zu Hause.
Was ändert sich für Unternehmen?
Schmälzle: Da das Angebot höher ist, als die Nachfrage und der Trend zum Studium weiter anhält, haben angehende Azubis mehr oder weniger freie Wahl. Die veränderte Situation des Ausbildungsmarktes erfordert ein Umdenken bei den Unternehmen. Zudem erfordert es ein intensiveres Ausbildungsmarketing und Kreativität. Dazu gehört die Gestaltung der Ausbildung und der dazugehörigen Inhalte. Ein guter Mix an digitaler Ausbildung und bewährten Methoden führt hierbei zum Erfolg.
Wie werden Möglichkeiten der Digitalisierung für die Ausbildung genutzt?
Schmälzle: Bei der Vermittlung kann man auf neue Hilfsmittel zurückgreifen. So können Inhalte zum Beispiel durch Lernapps oder -programme aufgezeigt oder mit eigenständigem Erarbeiten verknüpft werden. Auf diese Aufgaben müssen sich Ausbilder und Betriebe einstellen. So wie sich die Arbeitsabläufe durch die Digitalisierung verändern, verändert sich auch die Ausbildung.
Wie können Azubis beim Digitalisierungsprozess im Betrieb punkten?
Schmälzle: Neugierde, Offenheit und Motivation für den Ausbildungsberuf sind wichtig. Eine gewisse Affinität für digitale Medien und auch schon erste Erfahrungen damit, helfen sicherlich weiter. Allerdings kommt es auf den Beruf an, wie intensiv Medien genutzt werden. Ich empfehle Schnupperpraktika. Dabei haben Schüler und zukünftige Arbeitgeber die Möglichkeit, sich gegenseitig kennenzulernen.
Welche Skills sind bei Azubis besonders gefragt? Reicht es, wenn man mit dem Smartphone umgehen kann?
Schmälzle: Verschiedene Studien zeigen, dass aufgrund der Schnelllebigkeit der Thematik eher persönliche und soziale Kompetenzen stärker relevant werden. Dazu zählen beispielsweise vernetztes Denken, ein hohes Maß an Selbstständigkeit und kommunikative Fähigkeiten.
Erleichtert die Digitalisierung den Azubis das Leben?
Schmälzle: Die digitalen Hilfsmittel in der Ausbildung, sind in erster Linie Werkzeuge. Sie erleichtern oder vervollständigen die Ausbildung. Egal ob Laptops, Smartphones, verschiedene Programme und Apps oder das Internet, sie alle vermitteln Lerninhalte. Um dabei erfolgreich zu sein, ist für Azubis zunächst der Zugang zu diesen Hilfsmitteln wichtig. Ob dies nun eine Erleichterung oder eher Hürde darstellt, hängt zum einen vom Ausbilder, aber auch vom Azubi selbst ab und ob er mit Interesse, Motivation und Spaß an die Sache herangeht.
Zur Person
Sabine Schmälzle (42) ist bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Referentin für Berufsbildung. Dort organisiert sie Ausschüsse und Kongresse rund ums Thema Bildung. Schmälzle kennt sich gut mit beruflichen Stationen aus: Mit 16 Jahren schloß sie ihre mittlere Reife ab und begann eine Ausbildung zur Groß- und Außenhandelskauffrau. Danach absolvierte sie die Fachhochschulreife und ein BWL-Studium in Künzelsau. Seit zehn Jahren ist sie nun bei der IHK tätig.
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