Verdruss an Fußgängerampeln in Heilbronn
Bürger kritisieren verschobene, zu kurze Grünphasen wie an der Allee. Passanten müssen auf der Mittelinsel öfter erneut Grün anfordern. Die Stadt verweist auf komplexe Verkehrsströme. Die Frage ist: Wer hat wo Priorität?

Die Situation kennen viele in Heilbronn: Wer als Fußgänger mehrspurige Straßen wie die Allee überqueren will, braucht schon mal zwei Anläufe und muss zuweilen auf der Mittelinsel warten. Eine Heilbronnerin fragt kritisch nach, warum die Ampelschaltungen zum Teil dort halbseitig "verzögert" sind, wodurch zum Beispiel auch ältere Leute nur eine Hälfe schafften.
Wer mehr Fußgänger statt Autoverkehr will, muss die Ampeln anpassen, meint eine Bürgerin
"Wenn Heilbronn möchte, dass mehr zu Fuß gegangen oder mehr Rad gefahren wird, sollten die Ampeln angepasst werden", fordert die Innenstadtbewohnerin. Sie versteht nicht, "warum diejenigen, die etwas fürs Klima und gute Luft tun, länger warten und mehr Zeit investieren müssen". Gerade an der Allee, aber auch an der Weinsberger oder Oststraße schalten Fußgängerampeln oft nicht zeitgleich auf Grün oder Rot. Folge: Die Zeit zum Queren der gesamten Fahrbahn ist kurz. Warum ist das so?
Das Amt für Straßenwesen verweist für die Allee auf wenige Sekunden Zeitversatz. In wenigen Ausnahmefällen "weichen die Freigabezeiten stärker voneinander ab". Hintergrund sei, dass eine Bahn oder ein Bus an einer Ampel angemeldet sei und deshalb "eine der Furten früher oder später freigegeben wird", teilt Rathaussprecherin Suse Bucher-Pinell mit. Durch viele Bus- und Bahnankünfte sei die Grünfreigabe für Fußgänger an der Ampel Allee/Moltkestraße stärker eingeschränkt als woanders. Die Grünphasen reichen laut Verwaltung aus, um bei Grünbeginn beide Furten zu queren. An den vier Ampeln der Allee/Theater, Schellengasse, Karl- und Moltkestraße betrage die Zeit in der Regel 19 bis 27 Sekunden - plus einer Schutzzeit, ehe Autofahrer Grün erhalten.
Die Stadt verweist auf 35 bis 50 Sekunden mittlere Wartezeit für Fußgänger an der Allee

Dass für Fußgänger, die nicht gleich bei Grünbeginn loslaufen, eine der beiden Fußgängerfurten dann bereits Rot zeige, "ist nicht gewollt, lässt sich aber nicht vermeiden", so Bucher-Pinell. Die mittlere Wartezeit für Fußgänger an der Allee nach Drücken der Querungstaste gibt die Stadt mit "35 bis 50 Sekunden" an. Das sei bei einer Hauptverkehrsstraße mit allen Verkehren wie Stadtbahnen und Bussen als "akzeptabel" anzusehen.
An der Ampel Weinsberger Straße/Wartbergstraße am Alten Friedhof warten Fußgänger oft länger. Dies erklärt die Stadt damit, dass die Ampel "nur zu bestimmen Zeiten auf Umlauf" geschaltet werden könne, da sie in eine Grüne Welle mit umgebenden Ampeln eingebunden ist.
"Bei der Weinsberger Straße als Hauptverkehrsstraße liegt die Priorität beim Kfz-Verkehr", erklärt die Verwaltung. Ein vorzeitiger Abbruch der Grünzeit für Pkw hätte zeitweise einen Rückstau in benachbarte Knotenpunkte zur Folge. An der Ampel am Alten Friedhof liegt die mittlere Wartezeit für Fußgänger nach Rathausangaben bei 45 Sekunden - nach Drücken der Taste. Auch das nennt die Stadt "akzeptabel".
An bestimmten Knoten wird Bussen und Stadtbahnen Vorrang eingeräumt
Weiterer Kritikpunkt der Anwohnerin: Zur Buga-Zeit, als viele Gäste Stadtbahn fuhren und am Neckarturm ausstiegen, habe die Fußgängerampel Richtung Buga und Experimenta lange Rot gezeigt. Die Folge war, dass "viele bei Rot gingen". An dieser Ampel variieren die Fußgänger-Wartezeiten nach Rathausangaben "recht stark". In einzelnen Fällen komme es zu langen Wartezeiten. An dieser Kreuzung würden Busse und Stadtbahnen priorisiert. "Wartezeiten lassen sich bei der Vielzahl der verschiedenen Verkehrsströme nicht vermeiden", teilt die Rathaussprecherin mit. Man werde die Ampelanlage aber prüfen und "gegebenenfalls optimieren".

Es gibt Beispiele, da hat die Stadt die Taktung geändert. An der Ampel Oststraße/Bismarckstraße ist die Grünphase auf beiden Furten meist gleich lang. Queren ist oft problemlos möglich. "Vor ein paar Monaten", vergleicht ein 47-jähriger Pendler, "kam man nur bis zur Mittelinsel." Die Stadt hat nachgebessert - auch, weil dort weder Bus noch Stadtbahn fahren.
Mitdenkende Ampeln
Die Stadt Wien hat ein Projekt mit intelligenten Fußgängerampeln gestartet. Diese erkennen auf bis zu acht Meter Distanz, ob Passanten die Straße queren wollen, schalten dann auf Grün. Optische Sensoren erkennen Körperbewegungen und verkürzen Wartezeiten für Fußgänger. An 200 Ampeln will Wien das Projekt umsetzen und Druckknopfampeln Schritt für Schritt ersetzen. Die Technische Uni Graz hat die Ampeln entwickelt.