Chance für den Verbrenner: Hochschule Heilbronn baut Motoren um
Ein Professor der Hochschule Heilbronn investiert in einen speziellen Prüfstand, der Wasserstoffmotoren analysieren kann. Zwei weitere kommen hinzu. Was hinter dem besonderen Projekt steht.

Karsten Wittek hält nichts davon, sich bei den Erneuerbaren Energien allein auf die Elektromotoren zu fokussieren. Er wünscht sich mehr Offenheit, gerade von der Politik: Das ist ein Stichwort, dass der Professor der Hochschule Heilbronn gern verwendet. "Es gibt nicht den einen Weg." Karsten Wittek schreibt Verbrennermotoren nicht ab. Warum auch? Es seien ja nicht die Motoren, die Probleme verursachen, sondern die Antriebsstoffe und deren Abgase. Weg von Diesel und Benzin: Seiner Ansicht nach spielt zukünftig auch Wasserstoff eine Rolle, perspektivisch solcher, der beispielsweise durch Windkraft erzeugt wird.

Konsequent ist es daher nur, dass er auf eigene Initiative einen Prüfstand für Wasserstoffmotoren am Campus Sontheim installiert hat. Gut eine Million Euro hätte der gekostet, wenn er von einer Firma geliefert worden wäre, überlegt der Professor. Die eigene Arbeit senkte den Preis, eine Viertel Million Euro habe die Anlage nun gekostet. Dabei bleibt es nicht für die Hochschule: Zwei weitere kommen, das Land investiert und baut dafür zwei Prüfstände für klassische Verbrenner um. "Die alte Welt", wie Karsten Wittek zwischendurch mal sagt.
Der Verbrenner wird fit für den Wasserstoff: Forscher ändern nur wenig
Dass nicht die Motoren das Problem sind, verdeutlicht der Forscher mit einem Lok-Antrieb. Den trieb einst fossiler Brennstoff an, Karsten Wittek und sein Team bauten ihn um - wie die neuen, glänzenden Rohre verdeutlichen, die am Block montiert sind. 90 Prozent der Teile seien aber unverändert geblieben, schätzt er. Viel braucht es in seinen Augen nicht, um Wasserstoff in herkömmlichen Verbrennern verwenden zu können. Benötigt würden nur ein neues Einblas- und ein neues Zünd-System.
Ob der Umbau tatsächlich funktioniert hat, wo nachjustiert und die Einstellungen verfeinert werden müssen, dafür ist der Prüfstand mit seinem Messinstrumenten. Die Umweltbilanz des Antriebs stimmt am Ende aus Sicht von Karsten Wittek. "Der Verbrennungsmotor muss Teil der Lösung der Energiewende sein."
Loks, Traktoren, Baumaschinen: Für den Wasserstoff-Antrieb sieht der Professor viel Potenzial
Karsten Wittek sieht Potenzial darin, die großen Industriemotoren in beispielsweise Traktoren, Baumaschinen, Flugzeugschleppern oder Loks umzurüsten. Diese Geräte seien für eine lange Lebenszeit konzipiert. Nur den Motor umzubauen, sei um einiges günstiger, als auf eine komplett neue, schadstoffarme Maschine zu wechseln. "Es lohnt sich." Bei der Reichweite sei entscheidend, dass beispielsweise eine umgebaute Rangierlok einen Tag lang fahren kann. Das schaffe sie mit 25 Kilogramm Wasserstoff, sagt er.
Kritiker monieren an Wasserstoff, dass der nicht effizient genug sei. Karsten Wittek streitet den schlechten Wirkungsgrad nicht ab, den Schwerpunkt legt er aber auf einen anderen Punkt: "Die Kosteneffizienz ist wichtig." Er rechnet damit, dass einmal sechs Euro pro Kilogramm Wasserstoff zu bezahlen sein werden. Ein Kilogramm Wasserstoff vergleicht er mit drei Kilogramm Diesel, dann lägen die Preise relativ dicht beieinander.
Forschung in Heilbronn-Sontheim: Das sorgt international für Aufsehen

Die Arbeit begeistert Nachwuchsforscher wie beispielsweise den Brasilianer Vitor Vielmo-Cogo, der in Heilbronn am Projekt mitarbeitet und an einer portugiesischen Universität promoviert. Karsten Wittek holte den ehemaligen Studenten der Hochschule Heilbronn zurück, hier gebe es Praxis, nicht nur Theorie. Das bestätigt Vitor Vielmo-Cogo, genau deshalb ist er froh, dabei zu sein. "Hier sind wir dicht dran an den richtigen Anwendungen, wir sehen sie." Seinen Bekannten an der vorherigen Universität erzählt er von der Arbeit an der Hochschule. Deren Reaktionen: "Sie sind neidisch."
Bei den großen Motoren soll es am Campus Sontheim nicht bleiben. Dass ein Auto mit Wasserstoff-Antrieb gebaut werden kann, das unter 20.000 Euro kostet, will Karsten Wittek beweisen.