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Spielzeug-Schatzsuche statt Fliesen kleben

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Er hat es gewagt: Seinen soliden Beruf als Chef einer Fliesenlegerfirma hat der Biberacher Stephan Häusele eingetauscht gegen eine Profession, die sich nur noch um alte Spielzeuge dreht. Von der guten Nachfrage ist er selbst überrascht.

Von Carsten Friese
Blickfang in einer Vitrine: ein Märklin-Bahnhof von 1898 mit Einsteigehalle nebenan.
Fotos: Carsten Friese
Blickfang in einer Vitrine: ein Märklin-Bahnhof von 1898 mit Einsteigehalle nebenan. Fotos: Carsten Friese  Foto: Friese, Carsten

Der 36-Jährige hat sein Hobby zum Beruf gemacht, kauft und verkauft gebrauchte Modelleisenbahnen, Sammlerstücke und andere Spielzeugraritäten.

Eine Familie damit ernähren? Nach gut zwei Jahren sagt Häusele: "Es funktioniert." Von der Kundenresonanz ist er mehr als überrascht. Inzwischen hat der Biberacher sogar vier Mitarbeiter, um die Aufträge und Arbeiten zu bewältigen. In den alten Handwerkerberuf zurückkehren will er nicht mehr. Der andere Job mache ihm einfach mehr Spaß.

Viel Handarbeit an den Objekten

Wer in der Biberacher Felix-Wankel-Straße 3 die Firmenräume im ersten Stock betritt, fühlt sich in seine Jugendzeit zurückversetzt. In vielen Vitrinen sind die Sammlerstücke schön arrangiert, in einem Raum ist eine Märklin-Spur-0-Anlage aufgebaut, an der Interessenten auch mal Züge fahren lassen dürfen. In einem Glasschrank fällt ein imposanter, rund 100 Jahre alter Ozeandampfer aus Blech ins Auge, daneben ein alter Märklin-Bahnhof von 1898 mit Einsteigehalle, gegenüber eine Dampfmaschine von 1909.

"Das ist alles viel Handarbeit, handgelötet, handbemalt", versichert Häusele. Schon früh hat er sich für Modelleisenbahnen interessiert, mit der Zeit hat er sich nach älteren Sammlerstücken umgesehen. Vor zwei Jahren probierte er es mit einem größeren Internet-Auftritt und baute sein neues Spielzeug-Sammlerland in den Räumen der bisherigen Fliesenfirma auf.

Suche nach Raritäten

Am Tag der offenen Tür sei die ganze Straße zugeparkt gewesen, in der ersten Stunde seien schon 100 Besucher erschienen. "Ich war selbst überrascht", blickt Häusele zurück. Inzwischen seien jeden Tag Interessenten im Haus - und immer wieder kämen Anrufe von Insidern, die ihre Sammlung auflösen, oder von Verwaltern, die Wohnungen ausräumen.

Neu-Unternehmer in Sachen gebrauchte Spielwaren: Der Biberacher Stephan Häusele in seiner Firma. Auf dem Arm hält er eine Märklin-Dampflok der Spur 1 von 1936/1937. Nach 15 Jahren Fliesenlegen hat er beruflich einen kompletten Neustart gewagt.
Neu-Unternehmer in Sachen gebrauchte Spielwaren: Der Biberacher Stephan Häusele in seiner Firma. Auf dem Arm hält er eine Märklin-Dampflok der Spur 1 von 1936/1937. Nach 15 Jahren Fliesenlegen hat er beruflich einen kompletten Neustart gewagt.  Foto: Friese, Carsten

Zwei Vollzeit- und zwei Teilzeitkräfte hat der Biberacher für Büro, Vertrieb und Lager eingestellt, einen Mitarbeiter zum Fotografieren der Exponate sucht er noch. Mehr als 500 Einzelstücke hat Häusele inzwischen, er ist immer auf der Suche nach neuen Raritäten. Ein Drittel seiner Verkäufe wickelt er "weltweit" ab, Süddeutschland, Österreich und die Schweiz sind sonst die wichtigsten Absatzmärkte.

Die Firma ist auf Wachstumskurs

Die Mehrheit wolle "normale" Spielsachen haben, Sammler aber legten Wert auf seltene, exklusive Stücke. Für Häusele ist sein Job auch eine Art Schatzsuche. Ihm mache es einfach Spaß, Raritäten "auszugraben" und Käufer zu finden, die Freude daran haben. Die Preisfindung: eine Bauchsache.

Der "ideelle Wert" für Kunden sei oft höher als der Marktwert, vergleicht er. Die Preisspanne ist groß. Bei ihm gibt es Stücke für einen Euro, aber auch seltene, alte Raritäten für 4000, 10.000 oder 50.000 Euro. Ein besonderes Exemplar ist der erste Märklin-Zug auf Schienen von 1893/1894, mit Dampflok und zwei Wagen.

Ehefrau sagte: Mach es

Die wichtigste Eigenschaft im neuen Job? Häusele überlegt nicht lange. "Das Gefühl zu haben, was etwas Besonderes ist." Auf Messen und im Internet hält er Ausschau oder er schaltet Suchanzeigen. Den Bestand will er ständig erweitern. Für die Zukunft kann er sich vorstellen, auch Modellautos der 50er, 60er und 70er Jahre ins Sortiment zu nehmen. Da müsse er sich noch "reinarbeiten".

Häusele, verheiratet, Vater eines Babys, ist überzeugt, dass er seinen neuen Job noch einige Jahrzehnte machen kann. Die Firma ist klar auf Wachstumskurs. Zurück zu den Fliesen will er nicht mehr. Anderen rät er durchaus zu Mut für einen Umstieg, wenn man ein Konzept gut durchdacht habe. Wenn man überzeugt sei und großes Interesse an etwas habe, "dann engagiert man sich ja auch dafür". Seine Frau jedenfalls hat ihn bei seiner Entscheidung bestärkt. "Mach es", war ihr Rat.

 

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