Schlamm- und Müllmure geht am Heilbronner Wartberg ab
Starkregen löst auf der Anlage der Kreisverkehrswacht einen Erdrutsch aus. Aus dem Untergrund strömen aus einem altem Deponiekörper Schlamm und Müllreste ins Tal. Eine Investition von über 200.000 Euro wird wohl nötig, um das Gelände gegen weitere Schäden zu wappnen.

Die Kreisverkehrswacht wird zum Klimaopfer: Nach den starken Regenfällen der jüngsten Tage hat sich am kritischsten Punkt der Verkehrsanlage am Heilbronner Wartberg ein Hangstück selbstständig gemacht. In der Nordostecke, wo das Oberflächenwasser des gesamten Geländes in einem natürlichen Graben zusammenfließt, hat sich das Erdreich im Untergrund so durchfeuchtet, dass es abgerutscht ist. "Es ist ein sogenannter Murenabgang* entstanden. Erdreich ist am Ende eines Böschungsfußes förmlich rausgeplatzt", beschreibt Platzwart Klaus-Dieter Rauch das Geschehen.
Scherben, Plastikmüll und Rasierwasserflacons flossen im Schlamm Richtung Maisfeld
Die Folge: Schlamm und Müll aus dem alten Deponiekörper im Untergrund flossen hangabwärts, durch einen kleinen Wald quer durch ein Maisfeld eines Bauern bis ins Tal des Vorfluters. An einem Hang in der Tiefe sieht man noch Schotter vom Straßenrand der Verkehrsanlage, gemischt mit alten Flaschen und Scherbenbruchstücken, kleinen Ästen, Plastikfetzen, Margarinedeckeln oder Rasierwasserflakons aus den 1970er und 1980er Jahren.
Oben ist neben der Übungsstraße für Verkehrsanfänger eine steile, schmale Schneise in den Hang gerissen. Schottermaterial, das nach dem ersten Abrutschen von einer Fachfirma zur Stabilisierung aufgebracht worden war, zeigt tiefe Risse.
"Noch fahren wir hier, die Straße ist noch stabil", stellt Kreisverkehrswacht-Vorsitzender Harald Lepple am Mittwoch bei einem Rundgang zu den Tatorten fest. Mit den Kommunen Heilbronn und Erlenbach sowie den Ackerbesitzern sind erste Gespräche geführt. Die Verkehrswacht wird Schotter und Müllüberreste auf gut 500 Quadratmeter Fläche abräumen lassen. Aber: Nicht bei dem derzeit sehr schlammigen Boden. Wenn es wieder trocken wird, soll die Sanierung der Mure-Folgen starten.
Bei 40 Liter Regen in einer Stunde "hat man keine Chance", sagt Kreisverkehrswacht-Chef Harald Lepple
Mit Wasserrohrbrüchen hatte der Verein auf dem Gelände direkt neben der Erddeponie Heilbronn zuletzt immer wieder Probleme. Jetzt das abgerutschte Hangstück. "Das kommt nun geballt", sagt Lepple. Wenn aber 40 Liter Regen pro Quadratmeter in einer Stunde fielen, "hat man keine Chance". Das mache auf dem Gelände bei allen Verkehrsflächen gut 96 000 Liter aus.

Es sind einige Kosten, die auf den Verein zukommen. Nicht nur Entsorgungskosten. Die Kreisverkehrswacht möchte eine Leitung zu einem Bach legen, damit Regenwasser gezielt abgeleitet werden kann. Wahrscheinlich benötige man dafür noch ein Regenrückhaltebecken, blickt Lepple auf zunehmende Starkregenfälle durch den Klimawandel voraus. Mit "mindestens 200.000 Euro" rechnet der Chef der Kreisverkehrswacht. Der Verein müsse dafür einen Kredit aufnehmen. Spenden oder Sachleistungen seien natürlich willkommen.
Rasend schnell wird der Bau solcher Sicherheitstechnik gegen heftige Regenfälle kaum über die Bühne gehen. Platzwart Rauch spricht von wasserhydraulischen Berechnungen, Planungen, Genehmigungsverfahren. Mit einem guten halben Jahr rechnet Harald Lepple.
Der Betrieb auf dem Trainingsgelände soll weiter möglich sein

Derweil blickten die Verantwortlichen am Wartberg weiter mit sorgenvoller Miene gen Himmel. Bloß nicht noch ein Starkregen, der einen weiteren Erdrutsch und Folgeschäden auslöst. Nach der Zwangspause in der Corona-Pandemie hat die Auslastung des Geländes mit Übenden zuletzt wieder deutlich zugenommen. Vor allem Firmen buchen wieder die Schleuderpiste, den Trainingsplatz mit Wasserfontänen, auf denen die Fahrt bei Eis, Regen und Glätte trainiert werden kann. Auch die Fahranfänger sind zurück - und wie.
Die Nachfrage "ist enorm" sagt Lepple. Zuletzt habe man sonntags 180 Übende auf dem Verkehrsübungsplatz gehabt. Und den Betrieb möchte der Verein auf jeden Fall weiter aufrecht erhalten. Damit mit Blick auf die Sanierungskosten auch Geld in die Kasse kommt.
Begriffsklärung Mure
Als Mure wird in Gebirgsgegenden ein durch Regen oder Schnee ausgelöster Strom aus Schlamm und Gesteinsschutt bezeichnet. Ausgeprägte Formen können bis zu 60 km/h erreichen.