Podiumsdiskussion in Heilbronn: Mit weniger Verboten die Stadt von morgen schneller bauen
Grünen-Politiker und Vertreter der Architektenkammer diskutieren im Heilbronner Schießhaus über städtebauliche Konzepte der Zukunft. Die Städte sollen kühler und höher werden.

Höher, kühler und vor allem schneller: Die Anforderungen an die Stadt von morgen stellen Planer und Architekten vor enorme Herausforderungen. Darin war sich das Podium am Mittwochabend im Heilbronner Schießhaus einig. Vor knapp 100 Zuhörern sprachen Staatssekretärin Andrea Lindlohr, Baubürgermeister Andreas Ringle, Christoph Herzog von der baden-württembergischen Architektenkammer und die Landtagsabgeordneten Gundula Achterberg (Grüne) über städtebauliche Konzepte, die den Anforderungen der Zukunft gerecht werden sollen.
Staatssekretärin ist von Heilbronn beeindruckt
Andrea Lindlohr ist beeindruckt. Keine andere Stadt im Land weise so eine Dynamik auf wie Heilbronn, sagte die Staatssekretärin im baden-württembergischen Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen. "Die Stadt der Zukunft hat viele Dimensionen", sagte die Grünen-Politikerin. Heilbronn reagiere mit enormem Tempo auf den Strukturwandel und tauge deshalb als "Brennglas dafür, wie schnell ein Umbau möglich ist", so Lindlohr bei der Podiumsdiskussion, zu dem der Arbeitskreis "Landesentwicklung und Wohnen" der Grünen Landtagsfraktion am Rande seiner Klausutagung eingeladen hat.
Urbane Strukturen müssten mit gravierenden Veränderungen Schritt halten. Einen Königsweg gebe es aber nicht. "Wir müssen auch lernen dürfen", sagte Baubürgermeister Ringle und nannte exemplarisch die Sommerzonen in der Lohtor- und in der Turmstraße. Einer repräsentativen Umfrage zufolge begrüße die deutliche Mehrheit der Heilbronner die grünen Inseln in der Innenstadt. Viele wollten mehr davon. "Aber der Wind bläst auch von vorne", sagte Ringle mit Blick auf den Protest anliegender Einzelhändler, die über Umsatzeinbußen klagen.
Mehr Grün in den Innenhöfen und auf den Straßen
Mehr Grün in den Innenhöfen und auf den Straßen der Innenstadt hat sich die Stadtverwaltung auf die Fahnen geschrieben. Ein entsprechendes Konzept hat der Gemeinderat auf den Weg gebracht. Auch Wasser spiele mit Blick auf den Klimawandel eine große Rolle, so Ringle. Wasser sorge für eine zusätzliche Abkühlung der Innenstadt und erhöhe die Aufenthaltsqualität.
Wohnungsnot, Klimawandel, Flächenverbrauch und eine Veränderung der Mobilität erforderten neue und zukunftsfähige Konzepte, so Gundula Achterberg. Dazu komme laut Andrea Lindlohr die aktuelle Zinsentwicklung, Preissteigerungen und ein seit zwei Jahren anhaltende Materialengpässe. Die Staatssekretärin setzt dennoch darauf, "dass wir den Wohnungsbau am Laufen halten".
Staatssekretärin will sich für Bürokratieabbau stark machen
Um mit Blick auf den "ökologischen und ökonomischen Druck" schneller und flexibler agieren zu können, sei laut Lindlohr allen voran ein Abbau der Bürokratie dringend notwendig. "Wir müssen die Regeln dem technischen Stand anpassen und Verbote beseitigen, die nicht mehr zeitgemäß sind", sagte die Staatssekretärin.

Die Politikerin denkt dabei etwa an die Wiederverwertung von Baustoffen. Auch dass künftig um ein bis drei Stockwerke höher gebaut werden solle, um weiter zu verdichten und dabei Fläche zu sparen, stieß auf dem Podium ebenso auf Zustimmung wie Absenkung des Stellplatzschlüssels für Neubauten.
Architekt will einfaches Bauen vorantreiben
Bei Christoph Herzog rannte die Staatssekretärin mit dem Abbau von Verboten und strikten Normen offene Türen ein. "Normen, Richtlinien und Vorschriften müssen entschlackt werden", so der Vertreter der Architektenkammer Baden-Württemberg. Wenn es nach ihm ginge, müsse "einfaches Bauen forciert" werden. Demontierte Materialien und vor allem Holz sieht Herzog in der Architektur der Zukunft.
Neben dem Klimawandel sind Flächenverbrauch, neue Mobilitätskonzepte und Wohnungsnot die großen Herausforderungen für die Städteplaner. Bei der Podiumsdiskussion am Rande der Klausurtagung des Arbeitskreises Landesentwicklung und Wohnen der Grünen in Heilbronn stellte Staatssekretärin Andrea Lindlohr der Stadt eine erstklassiges Zeugnis aus. Unter anderem mit dem Neckarbogen beweise Heilbronn, wie man Flächen gewinnbringend umwandle und dabei den sozialen Wohnbau nicht vergesse.

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