Mobilität 2030: Auto spielt weiter eine zentrale Rolle
Mehr Fußgänger- und Radverkehr, weniger Autofahrten: Das ist eines der Ziele, das Heilbronn mit seinem Mobilitätskonzept bis 2030 erreichen will. Das Paket wird den Gemeinderat in einer Klausursitzung beschäftigen. Die Liste der Änderungswünsche der Fraktionen und Gruppen ist lang.

"Modal Split" ist einer der Kernbegriffe im Mobilitätskonzept, das über mehrere Jahre unter Beteiligung der Bürger entwickelt wurde. Der Abschlussbericht, der vergangene Woche im Gemeinderat hätte diskutiert werden sollen, umfasst mehr als 100 Seiten. Modal Split bedeutet: Mit welchen Verkehrsmitteln sind die Menschen in Heilbronn unterwegs? Laut einer Erhebung von 2015 entfallen 58 Prozent auf den Motorisierten Individualverkehr (MIV), also vor allem auf das Auto. Dieser Anteil soll bis Ende des Jahrzehntes auf 47 Prozent reduziert werden. Fußwege, Radler und Öffentlicher Nahverkehr sollen die Hälfte der Wege bestreiten, bislang sind es 39 Prozent.
Gemeinderat plant Klausursitzung
Die Debatte im Rat ist coronabedingt ausgefallen. Der Gemeinderat plant aber eine Klausur zum Thema. "Das Konzept hat eine hohe Flugebene", umschreibt es Jens Boysen, stellvertretender Leiter des Amts für Straßenwesen. Das Paket gibt die Richtung vor, es listet Dutzende Einzelmaßnahmen von Fußgängerzonen über Tempolimits bis zu Barrierefreiheit und Wegenetz auf. Vieles muss aber noch konkretisiert werden. "Und es steht unter Finanzierungsvorbehalt", betont Boysen.
Das gilt umso mehr, als die finanziellen Schäden durch die Corona-Pandemie bei den Kommunen noch gar nicht absehbar sind. Eine "Zeit der neuen Bescheidenheit" sieht Thomas Randecker kommen. "Wir werden bis Sommer ganz andere Bedingungen bekommen", erwartet der CDU-Fraktionschef im Heilbronner Gemeinderat mit Blick auf die finanziellen Unsicherheiten.
Lokale Agenda will ehrgeizigerer Ziele
Das Konzept finde die Zustimmung der größten Ratsfraktion. Es sei "mehr als ehrgeizig", verteidigt Randecker das Paket gegen Krititk, wie sie etwa die Lokale Agenda 21 formuliert. Nicht ambitioniert genug - so lautet das Urteil von Uwe Ahrens vom Agenda-Arbeitskreis Mobilität: "Wir vermissen auch einen klaren Zeitplan." Ahrens und seine Mitstreiter haben ein alternatives Konzept vorgelegt. Der Anteil des Autoverkehrs soll demnach bis 2030 auf 41 Prozent sinken, das sind sechs Prozentpunkte mehr als im städtischen Konzept.
Auch im Gemeinderat gibt es eine umfangreiche Wunschliste. Die Fraktionen von Grünen und SPD sowie die Gruppe der Linken haben nicht weniger als 81 Änderungsanträge eingereicht. Die Linke pocht etwa auf einen Fahrplan in Jahresetappen, mehr Fahrrad- statt Parkplätze, einen autofreien Sonntag und ein ÖPNV-Jahresticket für 365 Euro.
Die Grünen haben zahlreiche Vorschläge zur Förderung des Radverkehrs eingebracht. Sie wollen mehr Tempo-30-Zonen und ein Gratisticket für Bus und Bahn in der City. Die SPD fordert weniger Parkplätze in der nördlichen Innenstadt. Um ein Drittel soll die Zahl der Stellplätze reduziert werden.
Zahlreiche Änderungsanträge zum Konzept
Gleichwohl sieht SPD-Fraktionschef Rainer Hinderer im Konzept "eine gute Grundlage, auf der wir aufbauen können". Es stehe "viel Gutes drin", sagt auch Susanne Bay, Fraktionsvorsitzende der Grünen. Jetzt gehe es darum, konkrete Schritte umzusetzen. Auch Bay fordert eine "Roadmap" für die Maßnahmen, einen verbindlichen Zeitplan.
Eine Forderung der Gruppe der Linken macht sich auch die Lokale Agenda zu eigen: "Wir brauchen ein Amt für Mobilität", ist Agenda-Mitstreiter Uwe Ahrens überzeugt. Im Gemeinderat dürfte sich dafür wenig Unterstützung finden. Thomas Randecker von der CDU lehnt ein zusätzliches Amt ab. Man habe schon jetzt die nötige Fachkompetenz in der Verwaltung.

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