Mieter in Stadtsiedlung-Wohnungen klagen über Roma-Familien – "Wollen einfach in Ruhe leben"
Anwohner der Heilbronner John-F.-Kennedy-Straße berichten von Randale und Diebstählen von Roma-Flüchtlingen aus der Ukraine. Mieter fühlen sich von der Stadt alleingelassen – die Verwaltung weicht der Kritik aus.

In der Heilbronner John-F.-Kennedy-Straße klagen Mieter in Wohnungen eines Stadtsiedlung-Komplex über das Verhalten, das die Nachbarschaft an den Tag legt. Eines der Häuser ist überwiegend belegt von Roma-Flüchtlingen aus der Ukraine. Immer wieder gibt es Polizeieinsätze dort. Die Anwohner veranlassten eine Unterschriftenliste. Stadtsiedlung und Stadtverwaltung seien zum Handeln aufgefordert worden, schildern zahlreiche Mieter bei einem Treffen vor Ort. Mehr als 80 Nachbarn hätten unterzeichnet. Sie fühlten sich von der Stadt alleingelassen.
Von Seiten der Verwaltung heißt es, eine Unterschriftensammlung sei nicht bekannt. Ute Eckert-Offenhäußer, Sprecherin der Stadtsiedlung, verweist darauf, dass bei Störungen und Problemen die Stadt in der Regel unverzüglich reagiere. In manchen Fällen könnten Probleme auch dadurch gelöst werden, dass Flüchtlinge in andere Unterkünfte umgesetzt würden, schildert sie in einer E-Mail. Es erfolgten zudem regelmäßige Kontrollen und bei akuten Problemen stehe ein Hausmeisterservice zur Verfügung.
Ruhestörungen und Streitigkeiten: Diese Vorfälle wurden der Polizei gemeldet
Wie die Heilbronner Polizei mitteilt, hat es allein von Juli bis Dezember 2023 sieben polizeilich gemeldete Vorfälle im Gebäude gegeben, in dem die Flüchtlinge leben. Meistens habe es sich um Ruhestörungen, Störungen durch Betrunkene und Streitigkeiten unter Bewohnern gehandelt, teilt Polizeisprecherin Petra Rutz mit. Auch eine wechselseitige Köperverletzung sei aufgenommen worden. Den Ermittlern im Haus des Jugendrechts seien Diebstahl-Straftaten im niedrigen einstelligen Bereich durch dort ansässige Kinder bekannt, bestätigt Rutz. Es handle sich um Ladendiebstähle.
Die Nachbarn in der John-F.-Kennedy-Straße berichten von gestohlenen Fahrrädern und Inlinern. Rudolf Ritter schildert, wenn er vom Einkauf im Supermarkt zurückkomme, schließe er beim Hereintragen der Lebensmittel in die Wohnung das Auto ab. Eltern müssten ihre Kinder auf entfernt gelegene Spielplätze schicken, weil sie im direkten Umfeld der Straße fürchteten, angepöbelt zu werden, so der 41-Jährige. Manche der Flüchtlingskinder seien bereits im Grundschulalter am Trinken und Rauchen, will Arno Jost beobachtet haben.
Bewohner der John-F-Kennedy-Straße klagt: Anzeigen bei der Polizei bringen nichts
Öfter seien Autos zerkratzt. Anzeigen bei der Polizei brächten nichts, klagt ein weiterer Betroffener. "Die sagen: Melden sie es ihrer Versicherung." Neulich hätten die Flüchtlinge Sperrmüll durchwühlt und es habe danach ausgesehen, als wäre ein Müllwagen ausgekippt worden. Einiges vom Sperrmüll steht nun im Treppenhaus von Gebäude 15. Polizisten waren vor Ort, weil die Fluchtwege versperrt sind. Dazu kämen regelmäßige Verunreinigungen im Garten und nächtliche Lärmbelästigungen. "Wir wollen doch einfach nur in Ruhe leben", sagt Lou Reed (39). "Ist das zu viel verlangt? Wir zahlen doch pünktlich unsere Miete." Einige Nachbarn wirken verzweifelt.

Im August sicherte die Stadtsiedlung Mieterin Kathrin Kallweit zu, ein Sicherheitsdienst werde beauftragt. Kallweit schildert, es habe nur kurzzeitig einen gegeben. Auch dem Jugendamt habe sie die Zustände gemeldet. Einige der Kinder seien Schulverweigerer. Niemand schaue hin. "Ich bin mir sicher, die Stadt wird wieder sagen: alles Einzelfälle." Es werde bagatellisiert und totgeschwiegen.
Stadtverwaltung Heilbronn: Angaben hätten bislang nicht verifiziert werden können
Achim Bocher, Leiter des Amts für Familie, Jugend und Senioren, äußert sich zu einer Anfrage unserer Redaktion. "Eine Bewohnerin aus dem Gebiet gibt immer mal wieder – scheinbar im Namen aller Mieter – an, dass es Ruhestörungen gäbe", schreibt er in einer Mail. "Ob die geschilderten Probleme allerdings tatsächlich die Wahrnehmung aller Mieter darstellt, konnte bislang durch die Stadt nicht verifiziert werden." Diebstähle, die von Bewohnern begangen würden, seien der Stadt keine gemeldet worden. "Sofern es Diebstahlhandlungen gäbe, wäre dies sicherlich der Polizei bekannt", so Bocher weiter.
In den zurückliegenden Monaten habe es vereinzelte Probleme mit der Müllbeseitigung gegeben, die mit den Bewohnern besprochen worden seien. Der städtische Sicherheitsdienst habe bereits mehrfach registriert, dass Ruhestörungen aus anderen Wohnungen vorkämen. Bocher: "Soweit bekannt, gab es auch vereinzelte Ruhestörungen durch Bewohner der Flüchtlingsunterkünfte."
Mit Angehörigen der dortigen Roma-Familien zu reden, gestaltet sich schwierig. Deutsch und Englisch helfen nicht weiter. Eine Frau allerdings, die ihre Mutter besucht, spricht etwas Englisch. Über die Vorwürfe aus der Nachbarschaft reagiert sie erstaunt. Diebstähle sollten der Polizei gemeldet werden, sagt sie.
Anwohner Benjamin Gaetke beschäftigt ein anderer Gedanke. "Die Stadtsiedlung macht nichts, weil sie mit der Unterbringung Geld verdient", meint er. Dabei wäre die Situation aus seiner Sicht bereits entspannter, wenn einfach nicht so viele Flüchtlinge untergebracht wären.
John-F.-Kennedy-Straße: Derzeit leben 56 Flüchtlinge im Gebäude der Stadtsiedlung
Wie es im Heilbronner Rathaus heißt, ist das Gebäude der Stadtsiedlung in der John-F.-Kennedy-Straße im April 2022 von der Stadt angemietet worden. Derzeit lebten aktuell 56 Personen dort. Es handle sich um Geflüchtete aus der Ukraine und der Türkei. Es gebe in der Flüchtlingsunterbringung keinen Status "Roma". Aus persönlichen Kontakten sei aber teilweise bekannt, dass Geflüchtete der Volksgruppe der Roma zugerechnet werden können. Generell gehe die Sozialbetreuung bei Bekanntwerden von Störungen des nachbarschaftlichen Friedens auf die Bewohner zu.