Heilbronner Hasenmahl: Künstler Peter Riek hält ein Plädoyer für mehr Kultur und Bildung in der Stadt
Der Heilbronner Kunstschaffende Peter Riek hat am Freitagabend eine unterhaltsame, kritische und teils philosophisch anmutende Rede beim Hasenmahl im Ratskeller gehalten. Dabei ging es um frühere und heutige Dichter und Denker aus der Region und die Frage, ob Heilbronn sich wirklich Wissensstadt nennen kann.

Zwei Jahre lang steht er als Redner für das traditionelle Heilbronner Hasenmahl fest: der Künstler Peter Riek. 2021 und 2022: Jedes Jahr wird die Veranstaltung geplant und dann coronabedingt doch abgesagt. "Und jedes Jahr schrieb ich eine Rede, die ungehalten blieb, und da wurde auch ich ungehalten", scherzt Riek und erntet mitfühlende Lacher. "Niemand ist so froh wie ich, dass wir heute hier sind und ich in Kürze von diesem Amt entbunden bin."
Ungewöhnliche, launige und unterhaltsame Rede
Den rund 140 Gästen im Ratskeller, darunter zahlreiche einflussreiche und bekannte Persönlichkeiten wie zum Beispiel die aus Heilbronn stammende Schauspielerin Sibel Kekilli, heizt Riek zwischen Hauptgang und Dessert ganz schön ein, und das nicht nur, weil der Raum sich durch die vielen Menschen schon ordentlich erwärmt hat.
Ungewöhnlich, launig, unterhaltsam: So lauten die Urteile mancher Gäste danach. "Mal ein anderes Thema", bemerken viele, zumal Riek den Fokus nicht auf Lokalpolitik, sondern auf Bildung, Kunst und Kultur in der Geschichte und Gegenwart Heilbronns legt.
"Wo sind die Dichter heute?"
"Hat die Bildungsstadt ein Bildungsproblem?", lautet eine Leitfrage Rieks. Er beschreibt die Kulturgeschichte der Region, die Zeit der großen Dichter und Denker, von Friedrich Hölderlin bis Eduard Mörike. "Und wo sind die Dichter heute?", fragt der Künstler in den Raum. Mit Cihan Acars Werk Hawaii "bringt ein Schriftsteller mit Migrationshintergrund Heilbronn wieder auf das Parkett".
Ganz generell habe Heilbronn Menschen mit Migrationshintergrund, etwa den Gastarbeitern in der Nachkriegszeit, viel zu verdanken. Und dennoch habe die AfD in der letzten Bundestagswahl in Heilbronn besser abgeschnitten als die Grünen.
Riek kritisiert kürzer werdende Bildungswege
"Bild, Buch und Theater braucht es zum Leben", betont Riek. In Heilbronn aber kümmere man sich um künstliche Intelligenz, ohne sich zuvor ausreichend "um die natürliche Intelligenz bemüht zu haben". Die Abkürzung für den geplanten Innovationspark Künstliche Intelligenz - IPAI - klinge sowieso eher nach einem "durchgeknallten Apachen-Stamm".
Bei den Studienangeboten in der Stadt sei der Fokus auf Ausbildung, nicht Bildung. "Kürzer werdende Bildungswege mögen sinnvoll erscheinen, aber sie sind Holzwege", sagt Riek. Sich mit Dingen zu beschäftigen, die über den Tellerrand hinausgehen, würde Toleranz vermitteln und helfen, sich selbst zu verstehen. "Aneignung von Kultur wäre von Vorteil", statt über kulturelle Aneignung zu diskutieren, sagt der Künstler und bekommt zustimmenden Applaus.
Auch das Käthchen nimmt Riek aufs Korn. Eine Figur "die wirklich niemandem zum Vorbild taugt", habe nun auch eine "Disney-Version auf dem Weihnachtsmarkt". Es ist eine relativ lange Rede, aber kurzweilig, wie viele hinterher betonen. Auch der Umstand, dass sich das Material für die Rede zwei Jahre lang angehäuft hat, könnte damit zu tun haben.
Auch OB Mergel sorgt für Unterhaltung
Oberbürgermeister Harry Mergel, der die Redner für das Hasenmahl aussucht, lobt Riek für seine "Freiheit des Denkens und der Kunst". Ein gutes Leben gebe es nur mit Geisteswissenschaften, Kunst und Kultur. Auch der OB bringt unterhaltsame Sprüche mit und erzählt in seiner Rede den obligatorischen Hasenwitz. Neben Scherzen dankt Mergel den geladenen Gästen, die sich allesamt auf die eine oder andere Weise im "ideellen Pakt für Heilbronn" engagieren würden, um die Stadt "sicherer, angenehmer und menschlicher zu machen".