Ex-Konditor John Noller aus Heilbronn: "Wir waren der Butter-Betrieb"
Mit Fleiß und guter Laune: Der ehemalige Heilbronner Konditor John Noller plaudert über die Leidenschaft, die sein Leben prägte.

"Sie sind doch der mit dem Butterkuchen!" - nicht nur einmal hat John Noller (86) den Satz beim täglichen Waldspaziergang mit seiner Frau gehört. Und auch nicht nur diesen. Die Heilbronner und Menschen weit darüber hinaus kennen ihn. John Noller erzählt das in seiner unverkennbar strahlend-fröhlichen Art. Weil er die Menschen mag. Schon immer.
So war genau das - herzliche Freundlichkeit, Verbindlichkeit und die gewisse Prise Humor - das Markenzeichen seiner Konditorei mit Café. Dafür nun noch Aufmerksamkeit zu bekommen, ist nicht seins. Umso schöner, dass er sich bereit erklärt hat, für "Süßer Zauber" ein Rezept beizusteuern und seine Erinnerungen und Backtipps zu teilen. Alles: mit einem Lachen.
Herr Noller, backen Sie noch?
John Noller: Ja, natürlich! Hefezopf, Kirschkuchen, Quark- und Mohnstollen, ... aber alles nur für privat. Und wenn ein Freund kommt und sich einen Butterkuchen wünscht, mache ich den auch. Ich backe noch genau so gerne wie eh und je.
Viele Menschen trauern heute noch Ihren Kuchen und Torten hinterher.
Noller: Naja, wissen Sie ... als ich aufgehört habe, haben viele Leute nach den Rezepten gefragt. Ich habe ein paar aufgeschrieben, und viele waren überrascht, dass das doch alles sehr aufwendig ist. Es ist halt ein Handwerk. Worauf ich immer geachtet habe und auch jeder daheim achten kann, sind natürliche, gute Zutaten. Das macht den feinen Unterschied: echte Vanille, Schweizer Schokolade, frische Bio-Zitronenzesten und rohe braune Mandeln, frisch gemahlen. Kaufen Sie keine fertig gemahlenen! Oft haben die Menschen gesagt, dass sie keinen Kuchen vertragen, aber unsere schon. Ich weiß nicht, woran es lag. Aber vielleicht an den Zutaten.
Wollten Sie immer Konditor werden?
Noller: Nein! Ich wollte Fotoreporter werden. Fotografieren und Berichte dazu schreiben. Das war meine Grundidee, es war so ein Wunschtraum. Aber dann ist mein Bruder in eine große Bäckerei in den USA gegangen, hat Fuß gefasst und kam nicht zurück, um den Betrieb zu übernehmen. Also sagte mein Vater: "Wenn du ihn nicht übernimmst, verkaufe ich ihn." Das wollte ich nicht. Also wurde ich Konditor - und habe es nie bereut. Und was ich immer schön fand: In vielen Berufen darf man nie den Applaus spüren. Als Konditor durfte ich das immer.
Gab es auch mal unzufriedene Kunden?
Noller: Klar, wenn mal der Kuchenboden zu dunkel war, zum Beispiel. Aber dann bin ich zur Pralinenauslage, hab ein Tütchen gepackt, mich entschuldigt und die Freundschaft war wieder hergestellt. So einfach war das. Das sollte auch heute noch selbstverständlich sein, oder?
Sie haben ein besonderes Gemüt - immer freundlich, immer ein Lachen im Gesicht. Damals wie heute.
Noller: So bin ich einfach. Wahrscheinlich habe ich das von meiner Mutter, sie kam aus Oberbayern und war auch so vergnügt. Im Laden war es wahrscheinlich genau das, was besonders war: Alles war sehr persönlich. Ich war viel vorne bei den Kunden, das war mir wichtig. Wir haben gelacht, und es ging im-mer ein netter, lustiger Spruch über die The-ke. Eigentlich waren unsere Kunden unsere Freunde. Manche kamen einfach nur zum Erzählen. "Bei euch herrscht immer so gute Laune", das haben wir oft gehört. Irgendwie haben sich die Menschen bei uns wohlgefühlt, das war schön. Frauen kamen auch mal alleine zu uns - weil klar war, dass man hier jemanden trifft. Man war in Gesellschaft.
Auch viele Noller-Produkte sind unvergessen. Allem voran der Butterkuchen.
Noller: Den habe ich damals aus meiner Zeit in Hamburg mitgebracht, und er wurde hier zum absoluten Renner. Manchmal haben wir samstags 42 Bleche gebacken. Abends hatte man das Gefühl, die Hände seien gelähmt. Als ich nach vielen Jahren das Rezept mal wieder gelesen habe, dachte ich: Da stimmt was nicht. Da ist ja viel zu viel Butter drin! Also hab ich ihn noch mal gebacken und festgestellt: Alles richtig. Da muss wirklich so viel Butter rein. Deshalb schmeckt der halt auch so gut. Wichtig war: Der Boden muss ganz dünn sein. Und man kann natürlich (siehe Rezept rechts) Vanillearoma verwenden, aber richtig gut wird er mit echter Vanille. Auch in die Glasur sollte am besten etwas echte Vanille, dann wird der so teuflisch gut.
Und es muss Butter sein, keine Margarine.
Noller: Wir waren damals der "Butter-Betrieb", schon bei meinen Eltern. Wenn der Margarine-Vertreter kam und uns was anbieten wollte, habe ich immer abgelehnt. Butter sorgt für einen ganz anderen Geschmack!
Für "Süßer Zauber" haben Sie uns Ihr Mandelsplitter-Rezept zur Verfügung gestellt.
Noller: Die waren auch sehr beliebt, ja. Zu tausenden haben wir Nikoläuse und Osterhasen gemacht. Mit 14 Konditoren. Ein Geheimnis von den Splittern ist, dass man die Mandeln vor dem Rösten mit etwas Kirschwasser vermengt. Überhaupt gibt Alkohol natürlich einen guten Geschmack. Damit haben wir früher viele Kuchenböden getränkt. Mit Cointreau zum Beispiel kann man tolle Sachen machen. Oder mit einem Williams.
Was essen Sie denn selbst gerne?
Noller: Ich mag gut gemachte Torten. Zuger Kirsch zum Beispiel: dünner Mandelboden, Biskuit, noch ein Mandelboden, dazwischen Buttercreme und Kirschsirup - hinreißend.
Haben Sie auch einen Tipp für die Plätzchenzeit? Was gibt es bei Ihnen?
Noller: Mit dem 1-2-3-Mürbeteig kommt man sehr weit. Also ein Teil Zucker, zwei Teile Butter, 3 Teile Mehl. Dazu etwas Zitrone, Vanille und eine Prise Salz. Ich sage Ihnen, dieser Buttergeschmack ist ganz toll! Den Grundteig kann man dann abwandeln. Zum Beispiel mit Bitterkakao - das ergibt herrliche Schokoplätzchen. Oder man gibt etwas Kokos dazu. Oder Zimt. Mit diesem Grundteig kann man so viel machen. Oder nehmen Sie Marzipan! Wichtig: Gutes Marzipan mit 54 Prozent Mandelanteil. Daraus machen Sie eine Rolle, fingerdick. Dann rollen Sie den 1-2-3-Teig aus, legen das Marzipan rein und ummanteln es mit dem Teig. Aus der Rolle schneiden Sie die Plätzchen. Herrlich.
Sie sind sehr aktiv, verbringen mit Ihrer Frau viel Zeit in Österreich. Was mögen Sie dort?
Noller: Die Mentalität. Die Nähe zu Italien. Dieses Lebensgefühl schwappt nach Österreich hinüber. Die Menschen sind offen. "Geh ma aufn Kaffee?", sagen sie dort. Das kann auch mal drei Stunden gehen. So etwas gibt es bei uns nicht mehr, oder? Dabei ist es so schön. Es hat so eine Weichheit. Geh ma aufn Kaffee? - das ist wie ein Gesellschaftskit.
Zur Person
Joachim Noller - bekannt unter John Noller - wird 1939 in Heilbronn geboren. Nach der Schule macht er eine Konditorlehre sowie den Meister in Stuttgart. Nach vielen beruflichen Stationen in namhaften Betrieben im In- und Ausland übernimmt er 1965 die elterliche Konditorei mit Café in der Heilbronner Kirchbrunnenstraße. 1986 lässt er den Flachbau um eine Etage aufstocken und vergrößert den Betrieb. Das Kaffeehaus schließt er im Jahr 2000, die Konditorei führt er noch bis 2009. John Noller ist verheiratet mit Ehefrau Gerlinde. Gemeinsam verbringen sie viel Zeit am Wörthersee in Österreich, der Heimat seiner Frau.
Süßer Zauber
Aus der Region, für die Region: "Süßer Zauber - Geschenke aus der Familienküche" zeigt 50 Lieblingsrezepte unserer Leserinnen und Leser.
Das Magazin hat 84 Seiten und kostet 6,90 Euro. "Süßer Zauber" ist unter anderem erhältlich in den Geschäftsstellen der Heilbronner Stimme und Hohenloher Zeitung, online unter shop.stimme.de, in allen Filialen der Bäckerei Härdtner sowie von Edeka Ueltzhöfer und im regionalen Buchhandel.

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