In Heilbronn eröffnet das Restaurant Nosh't
Die Heilbronner Bahnhofsvorstadt ist um eine Lokalität reicher: Das Restaurant Nosh't überrascht mit minimalistischem Konzept. Das Thema Nachhaltigkeit ist nicht nur in der Küche zentral.

Wie viele Zutaten benötigt man, um ein nahrhaftes, gesundes Gericht zu kochen? Wie viele, um ein ganzes Restaurant damit zu bestreiten? 24 lautet die Antwort von Christopher Bollmann und Christopher Pfahl. Die beiden Jungunternehmer haben jetzt ihr erstes Restaurant in der Frankfurter Straße in Heilbronn eröffnet, in dem tatsächlich ausschließlich mit 24 Zutaten gekocht wird - inklusive Salz zum Würzen oder aber Rapsöl zum Braten. "Ein Gericht ist erst dann gut, wenn man nichts mehr weglassen kann", sagt Christopher Bollmann über das Konzept von "Nosh't".
Der Name leitet sich vom englischen Verb to nosh ab - futtern, knabbern, mampfen. Es gibt keine Zusatzstoffe, es wird nicht zu vorgefertigten Produkten gegriffen - zu sogenanntem Convenience Food. Zwar sind vorgefertigte Lebensmittel in der Regel teurer als selbst verarbeitete. Die Verwendung lohnt sich für die Gastronomie aber offenbar, weil dadurch Zeit und vor allem Fachpersonal eingespart werden können. Zum Aufwärmen wird nicht unbedingt ein ausgebildeter Koch gebraucht. In 80 bis 90 Prozent der Restaurants soll Convenience Food bereits verwendet werden, schätzen Experten.
Geringer Energieaufwand
Dagegen wollen Bollmann und Pfahl mit ihrem innovativen Restaurant-Konzept angehen. "Bei uns gibt es keine Tiefkühlprodukte", erklärt Christopher Pfahl, der 2010 unter anderem den Heilbronner Onlinehandel "Der Zuckerbäcker" mitbegründet hat. Lediglich vier Zutaten müssten von den insgesamt 24 gekühlt werden - Auberginen, Gurken, Petersilie und Minze. Je nach Jahreszeit lagern im Kühlraum auch noch Zitronen und Tomaten. "Dadurch sparen wir jede Menge Energiekosten", erläutert Pfahl.
Schnell verderbliche Waren wie Pilze oder Sahne sucht man vergeblich unter den Zutaten. Damit reduziert sich auch der Anteil an Lebensmitteln, die am Abend als Überschuss entsorgt werden müssen. United Against Waste - eine Initiative der Foodbranche - schätzt auf der Basis von 720 Abfallmessungen und -analysen in Küchen und Kantinen sowie Beratungsgesprächen mit Küchen- und Betriebsleitungen das Vermeidungspotenzial von Lebensmittelabfällen in der Außer-Haus-Versorgung (AHV) auf 30 bis 50 Prozent.
Abfallvermeidung
Doch auch Verpackungsmüll fällt in der Gastronomie in der Regel nicht gerade wenig an. Statt wie sonst fertig gekocht und in Wasser eingelegt, bekommt das Start-up seine Kichererbsen deshalb getrocknet in 25 Kilo schweren Säcken. "Damit entfällt komplett der Müll der sonst üblichen Blechdosen", sagt Christopher Bollmann, der fünf Jahre lang das Controlling vom "Hip-Island-Beach-Event" leitete. In Dosen, mit Wasser verpackt, würden die Kichererbsen zudem das doppelte an Gewicht haben. Das würde sich wiederum negativ auf die CO2-Bilanz des Transports von Bulgarien nach Deutschland auswirken.
Auf der anderen Seite bedeutet die frische Zubereitung der Zutaten für das Team vom "Nosh't" auch mehr Arbeit. "Zum Quellen werden die Kichererbsen über Nacht in Wasser eingelegt", erklärt Christoph Bollmann. Gleiches gilt für das Brot. "24 Stunden, 24 Zutaten", stellt der 34-Jährige mit einem Augenzwinkern fest. "Unsere magische Zahl."
Just better food
Internationaler, jünger - statt von der gemischten Platte wird im "Nosh't" von der "Plate mit Rustic Bread" gesprochen. Das mit Falafeln und Gemüse gefüllte Brot auf die Hand heißt "Pockets". Neben dem Kichererbsenmus Hummus liegen auch Falafel voll im Trend. Die kleinen, knusprigen Bällchen werden ebenfalls aus Kichererbsen hergestellt und stellen nicht nur für Veganer und Vegetarier eine überzeugende Alternative zu Fleisch dar. "Wir werben nicht damit, dass wir vollständig auf tierische Produkte verzichten", erklärt der 35 Jahre alte Christopher Pfahl. "Wir wollen, dass alle zu uns kommen und einfach lernen, wie man sich besser ernährt." Just better food - wie auch in der Unterzeile des strahlend gelben Logos steht.
Öffnungszeiten
Aktuell ist das Lokal täglich, aber nur in den Abendstunden ab 17 Uhr geöffnet. In Kürze soll aber auch mittags ab 11 Uhr der Holzofen angefeuert werden, in dem das Brot frisch gebacken wird. "Wir möchten den Heilbronnern in ihrer Mittagspause eine Alternative zum Fastfood bieten", sagt Bollmann. Die für acht Euro mit Falafeln sowie frittierten Auberginen und Tomaten, Gurken, Sesampaste und mehr gefüllte Teigtasche sei genau richtig für den Pausenhunger. Die ersten Gäste wie Bjoern Weiß können dies bestätigen. "Ich esse gerne gut und das konnte ich hier", so der Heilbronner. Auch die Inneneinrichtung spricht ihn an.
Aufwendiger Umbau
Bis es zur Schlüsselübergabe im Juli 2021 in der Frankfurter Straße 25 kam, war das Duo acht Monate auf der Suche nach einer Lokalität - nicht zu klein, mit einer Gaststättenkonzession und möglichst zentral gelegen. Die ehemalige Pizzeria "Al Forno" in der Bahnhofsvorstadt, dem sogenannten jungen Kiez von Heilbronn, passte schlussendlich. "Am Ende haben wir aber alles erneuern müssen", berichtet Bollmann von den unerwarteten Mehrkosten der sechsmonatigen Renovierungsarbeiten. Bei den Materialien wie zum Beispiel dem Holz für die Tische wurde Wert auf regionale Produkte gelegt. Aktuell können daran bis zu 35 Gäste Platz nehmen. Und im Normalfall? Pfahl hofft: "Innen hätten bis zu 60 Gäste Platz, außen 40."
Mehrweggeschirr
Restaurants, Imbisse und Cafés müssen ihren Kunden beim Straßenverkauf oder bei Lieferung ab 2023 neben Einwegverpackungen auch alternativ eine Mehrwegvariante anbieten. Das beschloss der Bundestag im Januar 2021. Das Ganze hat einen ernsten Hintergrund: Mehr als 280 000 Tonnen Einweggeschirr und Verpackungen für Essen und Trinken zum Mitnehmen fallen jährlich in Deutschland an. Bereits heute nutzen zahlreiche Heilbronner Restaurants, Bäckereien sowie Cafés die Mehrwegbehälter von Recup. Nosh't ist zukünftig auch dabei.

