Heilbronner Wohninsel Hawaii soll aufgewertet werden
Das Rathaus arbeitet an einem Verbesserungskonzept für die schillernde Wohninsel Hawaii im Industriegebiet. Neben Städtebau spielt Soziales eine Rolle. Herzstück könnte ein neues Quartierszentrum werden.

Auch wenn es manche nicht gerne hören: Als "Hawaii" ist das bunte und mit mancherlei Problemen behaftete Wohnviertel im südlichen Heilbronner Industriegebiet inzwischen weit über die Stadt hinaus bekannt.
Autor Cihan Acar hat es in seinem vielbeachteten, teils fiktiven Debüt-Roman "Hawaii" als sozialen Brennpunkt überzeichnet. Im neuen Marco-Polo-Reiseführer taucht der Begriff sogar auf dem Cover auf. Im Rathaus stellt man sich der Realität auf andere Weise. So erarbeitet das Amt für Baurecht und Planung ein Entwicklungsprogramm.
Vom Stadtleben etwas abgehängt
Das 7,8 Hektar große Gebiet an der Christoph- und Ellwangerstraße war bereits 1994 bis 2004 Teil eines Erneuerungsprogramms im insgesamt 400 Hektar umfassenden "Industriegebiet am Neckar". Neben Haussanierungen wurden etwa der Industrieplatz umgestaltet und ein Fußgängersteg über die Bahngleise zur Nordstadt gebaut. "Nicht alle Problemlagen und städtebaulichen Defizite konnten seinerzeit gelöst werden und haben sich in der Zwischenzeit weiter verfestigt", heißt es in einer aktuellen Ratsvorlage.
Deshalb hat das Rathaus das Büro Wick + Partner aus Stuttgart mit vorbereitenden Untersuchungen beauftragt, inklusive Ortsbegehungen, Datenauswertung, Ämterinfos und Sanierungsanfragen bei Hauseigentümern. Zentrale Erkenntnis: Die "Wohninsel" ist durch die Bahntrasse nach wie vor abgeschnitten, leidet unter Lärm und geringer Aufenthaltsqualität. Die Ellwanger Straße weise in direkter Nachbarschaft zu Gewerbebetrieben, mit "grauen Mauern und geschlossenen Fassaden ohne jegliches Grün besondere gestalterische Defizite auf". Alles sei zugeparkt, vieles sanierungsbedürftig.
Baurecht steht noch im Wege
Der Bebauung von Baulücken stehe aber das Planungsrecht im Weg. Dies soll geändert werden, wobei das wegen absehbarer Konflikte zwischen Wohnen und Industrie nicht so einfach sei. Zudem will das Rathaus Fördergelder erschließen und vorhandene Sanierungsgelder umschichten. Hauseigentümer werden ins Boot geholt, Bürger ins weitere Planverfahren eingebunden.
Im Untersuchungsgebiet leben 1080 Menschen, auffallend viele junge. 90 Prozent haben eine Zuwanderungsgeschichte. Das Hawaii habe zudem den höchsten Sozialbelastungsindex der Stadt, sprich: 17 Prozent (Stadt-Schnitt: 7,2) der Familien beziehen Arbeitslosengeld II, fast ein Drittel - sonst sind es nur 13,7 Prozent - der unter 18-Jährigen beziehen Transferleistungen nach dem SGB II. Überdurchschnittlich vertreten sind Haushalte, die Erziehungshilfen in Anspruch nehmen.
Die Nachbarschaften stärken

Vor diesem Hintergrund hebt die Studie auch auf soziale Sanierungsziele ab: Über Begegnungsräume sollen "Nachbarschaften und die Quartiersidentität" gestärkt werden. Einen Beitrag dazu könnte ein neues Quartierszentrums mit kultur- und generationsübergreifenden Angeboten leisten.
Das Stadtsiedlungsgebäude Ellwanger Straße 15/1, das schon für die Quartiersarbeit genutzt wird, sei aber nicht geeignet. Vielmehr stehe bald die Goppeltstraße 5-5/1 zur Verfügung. Im Schulterschluss mit dem benachbarten Augärtle entstehe "ein leistungsfähiger Standort, der vielfältigste Angebote ermöglicht und zu einer nachhaltigen Entwicklung des Sozialraums beitragen wird", heißt es vielversprechend.

Darüber hinaus sollen "Angebote zur Förderung der Kommunikation" im öffentlichen Raum geschaffen werden. Insgesamt soll es mehr Grün und Wegeverbindungen geben, die großen Bäume gelte es zu erhalten. Und weiter: "Stadträume werden optimiert und fehlende Raumkanten geschlossen." Am Christophplatz ist ein Parkhaus angedacht, eventuell sogar mit ergänzenden Erdgeschossnutzungen.
Insgesamt strebt die Stadt "eine Verbesserung der Wohnverhältnisse" an. Die baulichen Substanz soll unter sozialen, aber auch energetischen Gesichtspunkten verbessert werden, jedoch ohne grundlegenden Wandel. Dabei sei der "Erhalt und Ausbau von kostengünstigem Wohnraum unabdingbar". Und: Damit einhergehend sei "der Schutz der Bewohner vor einer Verdrängung essentiell".