Heilbronn will Charme der Oststadt schützen
Ein neuer Bebauungsplan schiebt baulichen Auswüchsen im Bereich des Heilbronner Lerchenbergs einen Riegel vor. Die Top-Wohnlage soll geschützt werden.

Zuletzt sorgte vor allem der Lerchenbergtunnel für Gesprächsstoff, als potenzieller Rad- und Fußweg. Die Erhebung selbst, also der Lerchenberg, zählt seit Generationen zu den bevorzugten Wohngegenden von Heilbronn. Als im 19. Jahrhundert die Mauern der Altstadt geschleift wurden und Zug um Zug vor allem im Süden und Osten neue Häuser entstanden, siedelten sich oberhalb der heutigen Oststraße vornehmlich wohlhabende Industrielle und betuchte Kaufleute an.
Altes Baurecht wurde ausgenutzt
Stattliche und schmuckvolle historische Villen aus der Gründerzeit zeugen bis heute vom Glanz des alten Heilbronn. Sie haben sogar den Krieg überstanden, andere kamen in den Aufbaujahren hinzu. Nicht alle Erben konnten oder wollten sich den Erhalt ihrer Elternhäuser leisten. Manche stießen, andere rissen sie ab. Bauträger begannen verstärkt Ende des 20. Jahrhunderts die großen, teils parkähnlichen Grundstücke zu entdecken. Wegen großzügiger Ortsbausatzungen aus den Vorkriegsjahren war überdimensionalen, gestalterisch oft wenig anspruchsvollen Mehrfamilienhäusern Tür und Tor geöffnet.
Anstoß von vielen Seiten

Nicht nur Anwohner und ambitionierte Architekten stießen sich daran, sondern auch Kommunalpolitiker. "Die Ausmostung des noblen Ostens" wurde zum geflügelten Wort. Das von Dr. Christoph Böhmer geleitete städtische Amt für Planung und Baurecht schiebt inzwischen mit neuen Bebauungplänen unter dem Motto "Grüne Baulücken" überdimensionalen Profitprojekten einen Riegel vor. "Verdichtung" ist heute nur noch an bestimmten, städtebaulich markanten Punkten erlaubt oder erwünscht, zumindest vom Rathaus.
20 Hektar großer Teilbereich

Über den Bereich An der Fichtestraße II hat der Gemeinderat kürzlich mit großer Mehrheit und nach Anhörung von Trägern öffentlicher Belange einen neuen Bebauungsplan gelegt, der bauliche Auswüchse verhindern will. Im Wesentlichen handelt es sich um einen 20 Hektar umfassenden Bereich südlich, südöstlich und westlich des Hauptfriedhofs und nördlich der Straße Im Gemmingstal. Auch hier wurden punktuell ältere, sanierungsbedürftige Häuser abgebrochen und durch größere Wohngebäude ersetzt, die nicht ins Stadtbild passen.
Der alte B-Plan regelte zwar bereits die Grundflächenzahl, die Geschossflächenzahl, die Zahl der maximal zulässigen Vollgeschosse sowie die Zahl der - maximal drei - Wohnungen je Gebäude.
Diese neuen Bauvorschriften sollen gelten
Die Gebäudehöhe war aber nur indirekt beschränkt: in der Regel auf zwei Vollgeschosse. Diesen Spielraum wussten kreative Planer zu nutzen, indem sie durch Dacheinschnitte oder Rücksprünge faktisch und optisch - nicht aber gemäß der Definition der Landesbauordnung (LBO) - ein drittes Geschoss schufen. Auch bei Untergeschossen konnte man die LBO austricksen: indem man diese rein rechnerisch im Mittel nicht mehr als 1,40 Meter über die Geländeoberfläche herausragen ließ - wobei sie an Hanglagen zum Tal aber wie Vollgeschosse wirken.
Um solche "städtebaulich-gestalterische Missstände zu vermeiden und das Straßen- und Siedlungsbild nicht zu beeinträchtigen", so heißt es in einer Ratsvorlage, legt die Stadt nun maximal zulässige Gebäudehöhen - für Traufe und First beziehungsweise Oberkante Attika / Geländer - in Metern über Geländeoberkante oder Straßenoberfläche fest. Außerdem werden in Teilbereichen Dachform, Dachaufbauten oder Dachneigung präzisiert, etwa durch Einführung einer Mindestdachneigung und durch Mindestabstände von Gauben oder ähnlichem zu den Giebelseiten.
Besondere Baudenkmale sind geschützt
Die Anmerkungen diverser Träger öffentlicher Belange zu wenigen punktuellen Altlasten oder zum geologischen Untergrund stehen weiteren Bauvorhaben nicht im Wege. Das Denkmalamt hebt vor allem bestimmte historische Villen aus der Gründerzeit hervor. Sie stehen wegen ihrer baukulturellen Bedeutung schon länger unter besonderem Schutz.

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