Heilbronner Studenten ziehen für ihre Messe sogar Insel-Weine an Land
Das studentische Weinforum der Hochschule Heilbronn im Bildungscampus führt von Weinbergen auf der Insel Föhr über fast alle deutschen Anbaugebiet und Österreich bis nach Moldawien. Auch Top-Winzer waren an Bord.

Nach einer dreijährigen, pandemiebedingten Durststrecke ließen Studenten der Hochschule Heilbronn diese Woche ihr Weinforum aufleben. Es war bereits die 24. Auflage, wobei man als Standort erstmals die Alma Mater selbst, also den Bildungscampus am Europaplatz, wählte. Zuvor ging die ebenso kommunikative wie informative Weinmesse am Campus Sontheim über die Runde, ab und an aber auch mitten in der Stadt: von der Volkshochschule über die Städtischen Museen bis hin zur Pyramide der Kreissparkasse.
Buchung nur online über QR Code
Innerhalb von drei Stunden fanden genau 220 Besucher den Weg ins Gebäudes T, wobei es Karten zunächst nur im Vorverkauf online per QR-Code gab, weil man von einem größeren Ansturm ausgegangen war. Nick Brandel, bei dem die Fäden zusammenliefen, zeigte sich mit dem Zuspruch dennoch zufrieden. "Für einen Neustart ist das toll, außerdem waren wir räumlich hier im Foyer sowieso begrenzt und so konnte sich jeder bequem an einen der Ausschanktische vorarbeiten."
800 Flaschen mit 260 verschiedenen Etiketten
Auf die Beine gestellt wurde die Messe vom Studiengang Weinmarketing und Management. Die Studenten hatten dabei ihre guten Beziehungen spielen lassen, aber auch auf gut Glück von Winzern aus halb Europa um Weinspenden gebeten. Insgesamt kamen 800 Flaschen mit 260 verschiedenen Etiketten und reichlich Info- und Fortbildungsmaterial zusammen.
Studentische Lehrfirma mit eigenem Wein
In die stimmige Tischpräsentation reihte sich auch die studentische Lehrfirma Perspektive Wein ein. In Kooperation mit der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau (LVWO) in Weinsberg kreieren, füllen und etikettieren die rührigen Mitglieder regelmäßig eigene Cuvées in Rot und Weiß. Wie sich beim Probieren zeigte, hat jeder Jahrgang eine eigene Stilistik: abhängig natürlich von der Natur, aber auch von jeweiligen Trends und dem entsprechenden Sortenspektrum, wie Vanessa Fischer und Franziska Nägele erklärten. Hinzu komme ein Secco aus der Sektkellerei am Turm Deidesheim-Speyer, plus ein Secco alkoholfrei des Sommersemesters 2019. Der Secco alkoholfrei des Sommersemesters 2020 sei übrigens in Kooperation mit der Genossenschaftskellerei Heilbronn entstanden. Nicht zu vergessen: Jahn Etiketten und Korken Gültig unterstützen die studentische Lehrfirma und statten die Flaschen aus.
Spannende Vergleiche, etwa zwischen Lemberger und Blaufränkisch
Auch mancher heimische Winzer nutzte die Messe zum Blick über den Glasrand, so etwa Christoph und Carolin Golter, bis vor kurzem noch Württemberger Weinkönigin, oder Jonathan Hengerer, der gerne einige Flaschen vom eigenen Weingut Kistenmacher-Hengerer beisteuerte. Mit Genugtuung stellte der Jungwinzer fest, dass so mancher Württemberger "international durchaus mithalten kann". So brauchte sich etwa Rainer Wachtstetters Lemberger aus dem Zabergäu nicht vor seinen Blaufränkisch-Brüdern aus dem Burgenland verstecken, was erfahrene Feinschmecker wie Andreas Dylewski durchaus bestätigen konnten.
Überhaupt war Österreich, dessen Winzer seit dem Glykolskandal von 1985 ohne Kompromisse auf Qualität setzen, stark vertreten: mit klangvollen Namen wie Tement, Bründlmayer bis Gross. "Manchmal braucht es eben eine Krise, um umzudenken, auch bei uns", meinte ein Wengerter, der seinen Namen diesmal lieber nicht in der Zeitung liest.
Exotisches zwischen Moldawien und der Insel Föhr
Was sich noch weiter im Süd-Osten tut, brachte Archäologin Christina Jacob an den gut bestückten Ständen von Moldawien und Griechenland in Erfahrung. Nebenbei erfuhr Student Paolo aus Palermo dort, was eigentlich Retsina heißt: ganz einfach "geharzter Wein".
Exotisches aus dem Norden kam von der Insel Föhr. Landwirt Christian Roeloffs aus dem Friesendorf Süderende hat dort mit Sohn Lenz für das Weingut Waalem innerhalb von 13 Jahren auf sechs Hektar Reben gepflanzt. Pilzwiderstandsfähige Sorten, kurz Piwis, wie Johanniter, Solaris, Souvignier Gris oder Hibernal sind besonders robust und können selbst im rauen Nordseeklima gedeihen. Piwis machen derzeit überall von sich reden, weil sie durch weniger Pflanzenschutz-Aufwand die Umwelt und den Geldbeutel schonen.
Wein und Wissen in Heilbronn
Heilbronn ist Wein- und Wissensstadt: An der Christiane-Herzog-Schule absolvieren Winzer- und Küferlehrlinge ihren Theorieunterricht. An der Hochschule Heilbronn gibt es den Studiengang Weinmarketing und Management, an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) die Studiengänge Food Management sowie Wein-Technologie-Management, der in Kooperation mit der Weinbauschule Weinsberg angeboten wird. In Weinsberg kann man sich außerdem unter anderem zum Techniker für Weinbau und Oenologie ausbilden lassen, aber auch zum Wirtschafter. Zudem gibt es dort berufsbegleitende Kurse zum Weinküfer und zum Weinerlebnisführer.