Heilbronn setzt demonstrativ aufs Rad
Die Stadt Heilbronn möchte Freiburg und Co. folgen und sich als "Fahrradfreundliche Kommune" zertifizieren lassen. Mit dem Logo sollen Bürger und Besucher angesprochen werden.

Den wichtigsten Punkt nimmt der Radverkehrsbeauftragte der Stadt gleich vorweg: "Heilbronn ist keine typische Fahrradfahrerstadt", sagt Stefan Muth. Aber: Sie soll eine werden, und das soll auch öffentlichkeitswirksam dokumentiert werden. Der Bauausschuss des Gemeinderats beschloss am Dienstag einstimmig, dass sich Heilbronn um das Zertifikat "Fahrradfreundliche Kommune" bewirbt.
Motto: "Keine Gnade für die Wade"
Getan hat sich einiges in der Stadt in den vergangenen Jahren. Auf den großen Durchgangsstraßen in Frankenbach und Böckingen wurden Schutzstreifen für Radfahrer markiert, Radrouten wie die nach Süden über den Rathenau-Platz wurden eingerichtet, Baubürgermeister Wilfried Hajek hat am Götzenturm schon mehrfach persönlich die Radfahrer überrascht und ermutigt, dieses Verkehrsmittel weiter zu nutzen.
Und natürlich gab es in den vergangenen Jahren mehrere Aktionen, mit denen Pendler zum Umsteigen motiviert werden sollten, an vorderster Stelle das "Stadtradeln", das in Heilbronn in diesem Jahr vom 6. bis 27. Juli stattfindet. Das Motto hat Muth bereits ausgegeben: "Keine Gnade für die Wade!"
Prüfkommission kommt nach Heilbronn
Zur Grundvoraussetzung für eine Zertifizierung gehört, dass die Stadt den Anteil des Radverkehrs deutlich steigern muss. Dazu braucht es ein Konzept, das überprüft wird. Die Sicherheit spielt eine wichtige Rolle. Und nicht zuletzt die Verknüpfung mit anderen Verkehrsträgern. Hier spielen das Fahrradparkhaus und das geplante Radverleihsystem eine wichtige Rolle. Heilbronn hatte bereits das Stuttgarter System übernehmen wollen, muss nach Beschwerden anderer Anbieter aber selbst ausschreiben. Dies ist in Vorbereitung. Der Landkreis und die Stadt Neckarsulm wollen gemeinsame Sache mit Heilbronn machen.
Für den Vorstoß gab es Lob von allen Fraktionen. Für den Radtourismus, von dem die Stadt profitiere, biete das Zertifikat einen spürbaren Mehrwert, erklärte Tanja Sagasser-Beil (SPD). Gespannt sei sie auf die Anregungen, die von der Prüfkommission zu erwarten sind. Thomas Randecker (CDU) begrüßte das Logo als sichtbares Zeichen dafür, dass Heilbronn in diesem Bereich schon viel investiert habe. Aufpassen müsse man, dass solche Auszeichnungen nicht inflationär benutzt werden. Für Eva Luderer (Grüne) gibt es in der Stadt noch viel zu tun. Sie hoffe, "dass Heilbronn wirklich fahrradfreundlich wird".
Das Gegeneinander auf den Straßen wird thematisiert
Gottfried Friz (FDP) wie auch Wolfgang Palm (CDU) oder Fritz Kropp (FWV) wünschten sich klarere Hinweise der Stadt für die Verkehrsteilnehmer. So wüssten viele Autofahrer nicht, dass Schutzstreifen am Fahrbahnrand nur bei Bedarf überfahren werden dürfen, so Kropp. In der Fußgängerzone halte sich wiederum kein Radfahrer an die Schrittgeschwindigkeit, bemängelte Friz. Die Stadt könne für solche Regeln Infomaterial anbieten. "Fahrradfahrer sind nicht die Heiligen", betonte Palm.
Hajek reagierte auf die Krittelei unwirsch: "Ich weiß gar nicht, was das jetzt soll. Wir sollten doch versuchen, das Ganze positiv darzustellen."
Ein Logo als Auszeichnung
Einen Automatismus, dass dieses Zertifikat auch verliehen wird, gibt es nicht. Das Landesverkehrsministerium schickt dazu eine Prüfkommission für eine ganztägige Begutachtung nach Heilbronn. Vertreten sind in dieser Kommission etwa das Regierungspräsidium Stuttgart und der Fahrradclub ADFC. Nach einem positiven Votum verleiht der Verkehrsminister den Titel.
Als "Fahrradfreundliche Stadt" sind bisher ausgezeichnet: Freiburg, Karlsruhe, Offenburg (alle 2011), Heidelberg, Kirchheim u. T. (beide 2012), Tübingen (2014), Lörrach (2015) und Mannheim (2017). Das Zertifikat wird für fünf Jahre vergeben, dann kann eine Rezertifizierung erfolgen.
Bewerben können sich nur Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundliche Kommunen (AGFK) in Baden-Württemberg. Heilbronn ist hier Gründungsmitglied, seit 2010 dabei. Verbunden mit dem Zertifikat ist die Berechtigung, das Logo für die Öffentlichkeitsarbeit zu verwenden. Als Sachpreis gibt es eine Fahrradzählsäule. Sie liefert täglich Daten zum Radverkehr, die etwa in die Verkehrsplanung einfließen können.