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Heilbronn bekommt bald einen Nachtbürgermeister

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Heilbronn bekommt einen sogenannten Nachtbürgermeister für Probleme und Fragen im Gastro-Umfeld. Der genaue Titel für den Posten ist dabei sekundär. Wichtig ist die Aufgabe als Vermittler zwischen unterschiedlichen Anliegen.

Das Ausgehverhalten ist im Wandel. Vor allem junge Leute feiern später und länger. Konflikte sind vorprogrammiert. Gleichzeitig leiden Clubs und Discos besonders unter dem Corona-Lockdown.
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Das Ausgehverhalten ist im Wandel. Vor allem junge Leute feiern später und länger. Konflikte sind vorprogrammiert. Gleichzeitig leiden Clubs und Discos besonders unter dem Corona-Lockdown. Foto: dpa  Foto: Sophia Kembowski

Nachtbürgermeister, Ombudsfrau, Obmann für die Nacht oder gar Nachtwächter? Der Titel ist sekundär. Ganz gewiss wird es sich keinesfalls um eine neue Bürgermeisterstelle handeln. Und trotzdem klingt das Vorhaben ziemlich vielversprechend: Die Stadtverwaltung Heilbronn wird eine Person mit der Aufgabe beauftragen, bei offenen Fragen, Problemen oder gar Konflikten zwischen Gastronomen, deren Gästen, Nachbarn, aber auch gegenüber Politik und Rathaus als Vermittler, Schlichter, Brückenbauer aufzutreten: nicht nur zur Corona-Zeit, sondern für mindestens zwei Jahre, dann wird man weitersehen.

Dies hat in der Gemeinderatssitzung von Donnerstagabend Oberbürgermeister Harry Mergel zugesagt, nachdem sich CDU, SPD, Freie Wähler und FDP hinter einen entsprechenden Antrag von Bündnis 90/Die Grünen gestellt hatten. Das Ordnungsamt hatte ihn mit Verweis auf bereits bestehende Foren und Kontakte in der Ratsdrucksache eigentlich abgelehnt.

Titel und Geschlecht sind Nebensache

Wörtlich heißt es in dem parteiübergreifenden Antrag: Die Stadt richtet die Stelle eines "Obmanns für die Nacht /Nachtwächters (m/w/d)" ein. Wobei das "d" für "divers" steht und ein drittes Geschlecht meint. Hauptaufgabe sei, so wörtlich, "die Bündelung der Interessen der Kneipen, der Gastro-, Club- und Diskothekenbetriebe im Stadtgebiet im Sinne eines konstruktiven Miteinanders gegenüber der Stadtverwaltung als auch im Sinne eines Mediators zum Ausgleich widerstreitender Interessen mit der jeweils angrenzenden Nachbarschaft".

Wie das Stellenprofil genau aussehen wird, ob das Ganze tatsächlich ehrenamtlich zu bewältigen ist, gegen einen geringen Obolus oder anders einzustufen ist, soll sich in drei Monaten zeigen. Bis dahin will das Rathaus in Abstimmung mit dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) dem Gemeinderat eine beschlussfähige Stellenbeschreibung vorlegen.

Ordnungsamt sah keinen Bedarf

Auf einen Grünen-Antrag hin hatte das von Dorothea Kleinhanns geleitete Ordnungsamt zunächst darauf verwiesen, dass man bereits "an einer Vielzahl an Gesprächskreisen und regelmäßigen Besprechungen mit den Gastronomiebetrieben" teilnehme. So werde das Amt zum Austausch mit dem Dehoga, den Neckarmeile-Wirten und Nachtclubbetreibern geladen, referiere dort über aktuelle Themen und stehe für Fragen bereit. Weitere Plattform: ein Jour Fix zwischen Wirtschaftsdezernent Martin Diepgen, städtischer Wirtschaftsförderung, Stadtinitiative und Dehoga, der zudem Mitglied der Lenkungsgruppe zum Masterplan Innenstadt sei.

Darüber hinaus stünden die Sachbearbeiter des Ordnungsamtes Wirten bei Sach- und Rechtsfragen zur Verfügung. Auch die Wirtschaftsförderung pflege einen "intensiven Austausch". Und: Während der Corona-Zeit habe es weitere spezielle Gesprächsrunden, intensive Beratungen und Treffen von Dehoga, Gastronomen und Dezernenten gegeben. Kurzum: Eigentlich sehe man keinen Bedarf für einen Nachtbürgermeister - ganz anders als Stadträte fast aller Fraktionen.

Rege Debatte im Ratsrund

"Das Bisherige ist gut, aber zu wenig", meinte Andrea Babic (Grüne). Der Lockdown habe Clubs und Diskotheken besonders getroffen, betonte Albrecht Merkt (CDU), weitere Hilfen seien wichtig. "Die gebeutelte Branche kann so eine Stelle brauchen", meinten auch Marion Rathgeber-Roth (FWV) und Nico Weinmann (FDP), der zudem auf ein geänderte Ausgehverhalten "im urbanen Umfeld" hinwies. Mit einem Nachtbürgermeister könnten Probleme schon im Vorfeld abgeräumt, der höhere Aufwand des Abarbeitens gespart werden, befand Tanja Sagasser-Beil (SPD). Keinen Bedarf sah Michael Seher (AfD). Erhard Jöst (Linke) erkannte einen solchen um so mehr: mit Blick auf die Einbindung der Kulturszene.

Die Idee stammt aus Amsterdam

Die Idee eines Nachtbürgermeisters, des "Night Mayor", stammt aus Amsterdam, wo der erste 2012 eingesetzt wurde. Hintergrund war laut Ordnungsamt "eine kippende Stimmung in der Party-Szene durch Schlägereien, Wildpinkler und Lärmbelästigungen". Deshalb gibt es solche Personen oder Stellen inzwischen auch in New York, London und Zürich, aber auch in Mannheim und Heidelberg: nach entsprechenden Problemen in der Szene. Kürzlich hat die Stadt Stuttgart die Einrichtung einer "Koordinierungsstelle für das Nachtleben und die Nachtökonomie" beschlossen. 

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