Großer Unmut in Heilbronner Schirrmannstraße
Im Frühjahr 2019 soll die Jugendherberge an der Schirrmannstraße in Heilbronn abgebrochen werden. Auf dem Grundstück entstehen dann fünf Gebäude mit 35 Wohnungen. Nachbarn wehren sich gegen das Bauvorhaben.

"Es ist eine Schande und Sünde, was hier passieren soll", regt sich Eva Staudinger mächtig auf. Sie ist eine von mehreren Nachbarn, die sich lautstark zu Wort melden und sich wie das Weingut Drautz-Hengerer gegen die geplante Bebauung des Jugendherberg-Grundstücks an der Schirrmannstraße aussprechen.
Sie tun dies mit dem Wissen, dass es einen abgeschlossenen Bebauungsplan gibt und ihr Protest baurechtlich keinerlei Niederschlag finden kann, weil sie keine direkten Angrenzer sind, sondern auf der anderen Straßenseite wohnen. Gleiches gilt für die 73 Unterschriften, die von ihnen schon 2016 gesammelt wurden.
Nachbarn erklären sich solidarisch
"Wir wissen, dass wir in dieser Sache nichts zu melden haben, aber wir erklären uns trotzdem mit der Wengerterfamilie Drautz-Hengerer solidarisch", bezieht Helmut Staudinger Position. Seit den 1950er Jahren lebt er mit seiner Familie hier. "Wir haben ein sehr gutes Verhältnis untereinander", ergänzt Ursula Kaupisch-Hoppner.
Wie Christina Hengerer-Müller und Jürgen Müller, die Betreiber des Weinguts Drautz-Hengerer, sprechen sich die Nachbarn gegen die ihrer Meinung nach "zu massive Bebauung" des 5400 Quadratmeter großen Grundstücks aus. Wie berichtet, will der Heilbronner Projektentwickler Kruck und Partner auf dem Areal fünf zweigeschossige Gebäude plus Staffelgeschoss unterschiedlicher Größe mit 35 Wohnungen errichten.
Anwohner stören sich an den Dimensionen
"Wir sind nicht grundsätzlich gegen die geplante Bebauung, sondern wir stören uns alle an den Dimensionen der Gebäude", beschreibt Sven Baumann die in der Schirrmannstraße vorherrschende Meinung. Vor allem das 42 Meter lange Wohngebäude an der Grenze zum Weingut sei eindeutig überdimensioniert und als "Lärmschutz" ungeeignet.
Die Forderung von Wengerter Jürgen Müller lautet deshalb: "Alle fünf Wohngebäude ein Geschoss niedriger bauen. Damit könnten wir leben - außer Herr Kruck." Ursula Kaupisch-Hoppner gibt Jürgen Müller recht: "Niedrigere Gebäude passen sich besser in das Landschaftsbild ein." "Dass von 22 Bäumen nur einer stehen bleibt, das verstehe ich nicht", schüttelt Eva Staudinger den Kopf.
Tiefgaragenzufahrt wird Probleme machen
Ein Dorn im Auge ist den Anwohnern auch die Ein- und Ausfahrt zur Tiefgarage mit 45 Stellplätzen. Sie befindet sich relativ nahe zur Einmündung in die Jägerhausstraße. "Das gibt Probleme mit der Eugen-Nägele-Straße", befürchtet Anwohnerin Ursula Kaupisch-Hoppner. Auch fielen vorhandene Parkmöglichkeiten weg.
Verärgert ist Jürgen Müller über den Gemeinderat: "Alle Fraktionen waren hier und zeigten Verständnis für unsere Belange." Bei der Abstimmung über das Bauprojekt hatten dann aber nur fünf Stadträte dagegen gestimmt. Und zu Gesprächen mit der Bauverwaltung sagt Müller: "Es gab ein Gespräch mit Baubürgermeister Wilfried Hajek. Auch nach einer Stunde Diskussion war kein Kompromiss gefunden."
Anwalt prüft Normenkontrollverfahren
Ob das Weingut Drautz-Hengerer ein Normenkontrollverfahren gegen den Bebauungsplan Schirrmannstraße 9 anstrengt, ist noch nicht entschieden: "Unser Anwalt prüft derzeit noch die Unterlagen", sagt Jürgen Müller. Innerhalb eines Jahres muss der Widerspruch beim Gericht eingehen.
Andere Sichtweise
Kein Verständnis für die jüngste Aktion der Nachbarn hat Joachim Kruck, Geschäftsführer der Kruck+Partner Wohnbau und Projektentwicklungs GmbH. Die durchgängige Zweigeschossigkeit plus Dachgeschoss sei "nicht brutal massiv". Kruck spricht von einer lockeren Bebauung, die das Gelände nicht verdichte. Gebäude in der Nachbarschaft seien vergleichbar gebaut. Kruck weist zudem darauf hin, dass ein Grenzabstand von 4,70 Metern eingehalten werde − die Mindestabstandsfläche liege bei 3,95 Metern.