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Geheimtipp: Bei "Mama Jo" in Heilbronn genießt man die äthiopische Küche

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Teller und Besteck? In Äthiopien und Eritrea ersetzt das Fladenbrot Injera beides. Und schmeckt dann auch noch richtig gut. Die Besonderheiten der ostafrikanischen Küche tischt Jordanos Herrmann ihren Gästen im "Mama Jo" im Tennisclub Heilbronn auf. Eine kulinarisches Erlebnis der ganz besonderen Art.

von Milva-Katharina Klöppel
Feurig und traditionell geht es bei der Zubereitung der Speisen aus Eritrea und Äthiopien im Restaurant "Mama Jo" im Tennisclub Heilbronn in der Nähe des Pfühlparks zu.
Feurig und traditionell geht es bei der Zubereitung der Speisen aus Eritrea und Äthiopien im Restaurant "Mama Jo" im Tennisclub Heilbronn in der Nähe des Pfühlparks zu.  Foto: Seidel, Ralf

Pizza und Burger sind lecker, keine Frage. Einmal im Monat stellen wir Ihnen in unserer Serie "Heilbronn is(s)t bunt" Restaurants vor, die eine etwas exotischere Küche bieten. Dieses Mal sind wir zu Gast in Eritrea und Äthiopien:

Ohne Injera geht in der Küche von Äthiopien und Eritrea nichts. Das säuerliche Fladenbrot ist eine Art Grundnahrungsmittel in den beiden ostafrikanischen Ländern. „Wenn es ganz traditionell zubereitet wäre, würde es meinen europäischen Gästen vermutlich nicht schmecken“, erklärt Jordanos Herrmann und schmunzelt. Schließlich ist die äthiopische Küche so ganz anders. Anders auch als vieles, was man von Reisen in klassische Urlaubsregionen kennt. Die 48 Jahre alte Eritreerin führt seit 2019 das Restaurant „Mama Jo“ im Tennisclub Heilbronn am Trappensee.

 

Kleinstes Getreide der Welt

Mindestens drei Tage braucht der Sauerteig, bis er perfekt ist, so dass beim Backen in der Pfanne feine Bläschen entstehen. „Das Injera wird täglich frisch hergestellt“, erklärt Jo, wie Jordanos Herrmann von den meisten Gästen nur genannt wird. Das Geheimnis des Sauerteig-Fladens? Teff – das gilt als das kleinste Getreide der Welt, stammt aus Äthiopien und wird auch Zwerghirse genannt. „Es ist frei von Gluten“, verrät die Gastronomin. „Und da es nicht geschält wird, ist es sehr vitalstoffreich.“ Besonders Calcium, Magnesium und Eisen liefert das Minikorn in hohen Mengen.


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Anders als bei hellen Weizenprodukten steigt der Blutzuckerspiegel nach dem Teffverzehr nicht schnell an, um kurz darauf wieder abzufallen. „Man hat keine Heißhungerattacken und behält eine schlanke Linie“, schwärmt Jordanos Herrmann. Für die Bekömmlichkeit ihres Injera mischt die Köchin noch etwas Hirse- und Weizenmehl unter ihr Teffmehl.

Gastfreundschaft

Wer zum ersten Mal im „Mama Jo“ ist, sollte eine „Afrikanische Platte“ bestellen. Wer bereits schon einmal dort war, wird sie immer wieder essen wollen. Sie bietet einfach das volle Programm an ostafrikanischen Speisen. Und die Präsentation der Speisen auf einem großen Teller entspricht auch am ehesten der Variante, wie sie in Eritrea und Äthiopien serviert wird. Je nach Personenanzahl wird aus dem Teller auch schon mal eine silberne Platte. Bis zu vier Personen können sich im „Mama Jo“ eine „Afrikanische Platte“ teilen, diese kostet dann 50 Euro. Auf ihr wird das Injera ausgebreitet, auf dem wiederum die verschiedenen Soßen angerichtet werden. Jetzt arbeitet sich jeder am Tisch von seiner Position aus in die Mitte des Tellers vor.

Die "Afrikanische Platte" ist eine Möglichkeit, die verschiedenen Speisen der ostafrikanischen Küche zu probieren.
Die "Afrikanische Platte" ist eine Möglichkeit, die verschiedenen Speisen der ostafrikanischen Küche zu probieren.  Foto: Seidel, Ralf

Mit der rechten Hand! Jordanos Herrmann macht mit einer geschickten Bewegung vor, wie das Fladenbrot Teller und Speise zugleich wird. „Bei uns in Eritrea ist es einfach üblich, sein Essen zu teilen und mit der Hand zu essen“, erklärt die Gastronomin, die seit 33 Jahren in Deutschland lebt. Sie reißt ein Stückchen des Fladens ab und greift dann nach den verschiedenen Gerichten.

Aufgrund seiner schwammähnlichen Struktur kann Injera viel Flüssigkeit aufsaugen – und somit wunderbar in Soßen und Suppen eingetunkt werden. Gleich fünf verschiedene Gerichte präsentiert Mama Jo auf ihrer Platte: Hamli (Blattspinat, Zwiebeln, Knoblauch, Paprika), Timtimo (rote Linsen, Zwiebeln, Tomaten, Knoblauch), Alitscha (Weißkraut, Blumenkohl, Brokkoli, Karotten, Kartoffeln, Zwiebeln, Knoblauch), Zigni (Rindfleisch, Zwiebeln, Knoblauch) und Tesmi Kulwa Berai (Rindfleisch, Zwiebeln, Paprika, Tomaten, Knoblauch).

Einheimische Gewürze

Die wichtigste Zutat für das Fleischgericht Zigni ist Berbere. Alternativ zu Rind kann der Schmortopf auch mit Lamm, Ziege oder Hühnchen zubereitet werden. Berbere ist eine scharfe Gewürzmischung, die unter anderem aus Chilipfeffer, Ingwer und Knoblauch besteht. Sie wird in Eritrea für viele Gerichte verwendet. Ansonsten braucht man für die eritreische Küche eine gute Portion Geduld, denn die Zubereitung der Speisen benötigt ihre Zeit. Wer gerne besonders scharf isst, kann die Gerichte mit Mitmita würzen, eine Chilisorte, die direkt aus Eritrea importiert wird. Die Gewürzmischung besteht aus Piri piri, äthiopischem Kardamom, Nelken und Salz.


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Die Rezepte werden bei Jordanos Herrmann in äthiopischer Schrift notiert. Sie wird außer für die äthiopische Nationalsprache Amharisch auch für die beiden eritreischen Sprachen Tigre und Tigrinya verwendet. Wie die lateinische Schrift verläuft sie von links nach rechts, ist aber eine Silbenschrift und umfasst 26 Basiszeichen, die zur Wiedergabe aller Laute um mehrere Unterzeichen erweitert sind.

Kaffee ist in Äthiopien ein Alltagsgetränk, das nach dem Speisen in einer besonderen Zeremonie zubereitet und getrunken wird.
Kaffee ist in Äthiopien ein Alltagsgetränk, das nach dem Speisen in einer besonderen Zeremonie zubereitet und getrunken wird.  Foto: Seidel, Ralf

Besonders beliebt bei den beiden erwachsenen Kindern von Jordanos Herrmann ist bis heute Himbasha – ein eritreisches Festbrot, das leicht süß schmeckt. „Wichtig für den Geschmack ist Kardamom“, sagt die zweifache Mutter. Zusätzlich verfeinert sie das goldfarbene Brot mit Orangen. Anders als Injera kann Himbasha am selben Tag verzehrt werden, es muss nicht mindestens 48 Stunden gehen.

Wer Glück hat, bekommt ein Stück des süßen Fladenbrots zu seinem Kaffee serviert – auf der Speisekarte von „Mama Jo“ findet man es nicht. Es riecht verführerisch, wenn Jordanos Herrmann einem den Topf mit grünen, frisch gerösteten Kaffeebohnen unter die Nase hält. Die Kaffeezeremonie ist ein zentraler kultureller Brauch in Ostafrika und dient dazu, mit Freunden, Nachbarn und anderen Menschen ins Gespräch zu kommen.

Die größte Brauerei des Landes ist die Asmara Brewery, die 1939 unter dem Namen Melotti gebaut wurde. „Das Bier gibt es auch bei mir am Pfühlpark“, verrät Herrmann, die in der Küche von ihrem Ehemann sowie weiteren Verwandten unterstützt wird. Ein beliebtes Getränk, das während Feierlichkeiten verbreitet ist, ist Sambuca im eritreischen Stil. „Der Anisschnaps wird allerdings warm getrunken“, erklärt Jordanos Herrmann, die selbst aus Asmara stammt, der Hauptstadt Eritreas.

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