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Die Postboten-Zwillinge von Heilbronn-Ost

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Postleitzahl 74076 im Revier von Marc und Ronan Dufferain: Seit 21 Jahren starten die Brüder gemeinsam ihre Posttouren, ihre Wege trennen sich am Sülmer Tor. Die zweieeiigen Zwillinge und besten Freunde werden oft verwechselt.

von Bigna Fink
Die Postbotenzwillinge (von links) Marc und Ronan Dufferain radeln in ihre Schicht. "Mit Schnee ist es anstrengender, da müssen wir mehr laufen."
Foto: Mario Berger
Die Postbotenzwillinge (von links) Marc und Ronan Dufferain radeln in ihre Schicht. "Mit Schnee ist es anstrengender, da müssen wir mehr laufen." Foto: Mario Berger  Foto: Berger, Mario

Sieben Uhr früh Nähe Rathaus Heilbronn: Ronan und Marc Dufferain machen sich auf den Weg zur Arbeit. Nach der Sortierung der Post fahren die Zwillinge um halb zehn Uhr mit ihren gelben E-Bikes vom Zustellstützpunkt in der Schönbeinstraße aus gemeinsam los, vollbepackt mit Briefen, Päckchen und kleinen Paketen für insgesamt 2400 Haushalte größtenteils im Heilbronner Osten.

"Wir kennen alle Namen und die zugehörigen Briefkästen auswendig", sagt Ronan Dufferain, der wie sein Bruder bis zu 20 Kilometer täglich mit seiner zweirädrigen Postkutsche zurücklegt. Ihre Wege trennen sich am Sülmer Tor. Bei Bedarf helfen sich die 40-Jährigen in ihren benachbarten Revieren im Bezirk 74076 aus, in dem insgesamt acht Zusteller unterwegs sind. Um 16 Uhr fahren sie gemeinsam wieder nach Hause. Das machen die Brüder seit 21 Jahren so.

Mehr als doppelt so viele Pakete in der Corona-Zeit

"Oft erzählen die Leute, dass sie auch Zwillinge in der Familie haben. Das ist schon interessant", findet Ronan. Trotz Kälte und gebührendem Abstand halten die Brüder auch jetzt mit Kunden ein Schwätzchen. Die Corona-Zeit bringt eine Flut an Paketen mit sich: Waren es für die rund 110 Heilbronner Zusteller der Deutschen Post DHL Group vor der Pandemie zehn pro Tour, sind es heute 25 und manchmal auch 40 kleine Pakete.

Die beiden lieben an ihrem Beruf, dass sie sich an der frischen Luft bewegen, auf ihren Touren ihr eigener Chef sind und vor allem den Kundenkontakt. "Viele unserer Kunden denken, wir haben einen riesengroßen Bezirk", erzählt Marc lachend, "weil sie uns für denselben Zusteller halten." Ein Telefonat mit den zwei sympathischen Brüdern stellt sich aufgrund ihrer sehr ähnlichen Stimmen als kleine Herausforderung dar.

Zwillingsrekord in den SLK-Kliniken 2020

97 Geschwisterpaare wurden 2020 in den SLK-Kliniken geboren. Das ist mit 194 Zwillingen von 3076 Babys ein Rekord der vergangenen zehn Jahre (siehe Infokasten). Bei zweieiigen Zwillingen wie den Dufferains liegt keine größere genetische Übereinstimmung als bei anderen Geschwistern vor. Doch: "Wir werden schon oft verwechselt", sagt Marc.

Ähnlichkeit von Marc und Ronan ist umstritten

Selbst ein paar Postkollegen falle es nach Jahren schwer, die beiden auseinanderzuhalten. "Unsere Mutter sagt, wir sehen uns gar nicht ähnlich", sagt Ronan und gibt ihr zum Teil recht. "Marc hat noch ein paar Haare und trägt Brille." Ronan sei drei Kilo schwerer, so Marc.

In der Schulzeit hätten sie sich bisweilen Scherze mit den Lehrern erlaubt, Pullis und Plätze getauscht. Weil Marc dabei lachen musste, "wurden wir meistens erkannt". Er ist sechs Minuten jünger als Ronan, "im Ultraschall hatte man damals nur ein Baby gesehen, ich war die Überraschung."

Postfamilie, Feiern, Shishabar

Mit den Eltern leben die Dufferain-Brüder zusammen in einer großen Wohnung, machen normalerweise alle gemeinsam Urlaub im Ausland. Die Dufferains sind eine richtige Postfamilie: Mutter und Vater haben ebenfalls bei der Post gearbeitet. Die Schwester ist Erzieherin, hatte aber früher auch bei der Post gejobbt.

Ihren Geburtstag im April feiern die Zwillingspostboten, wenn nicht gerade Pandemie ist, "immer zusammen mit unseren Freunden". Da der Großteil ihres Bekanntenkreises auch bei der Post arbeitet, haben sie dieselben Freunde. Beide Brüder sind derzeit Junggesellen. Aber eine Partnerin stehe an erster Stelle, vor dem Bruder, betont Marc.

Außerhalb der Corona-Zeit jobbt er nebenher in der Heilbronner Shishabar "Inthegration". Auf Bildern ist der ausgeglichene Marc mit Wasserpfeifendampf umhüllt zu sehen.

Den besten Freund immer an der Seite

Die beiden Heilbronner Brüder schätzen das Besondere an ihrer Beziehung. "Zwillinge haben oft eine größere Bindung zueinander als andere Geschwister", findet Marc. Der Zwilling sage ehrlich und direkt die Wahrheit ins Gesicht, das sei sehr wertvoll. "Und gleichzeitig hat man immer einen besten Freund an der Seite."

 

Mehrlingsgeburten im Land und weltweit

Bei jeder 54. Geburt kamen 2019 in Baden-Württemberg Zwillinge zur Welt. Mit 1989 Zwillingsgeburten ist dies laut Statistischem Landesamt der zweithöchste Wert seit Bestehen des Landes. Gründe für mehr Mehrlingsgeburten in den vergangenen Jahrzehnten sind etwa: Die steigende Zahl der künstlichen Befruchtungen und auch die von älteren Müttern. Überdurchschnittlich oft bekommen über 35-Jährige Zwillinge. Seit 2010 stagniert der Trend jedoch. "Entscheidend dafür, dass der Anteil der Mehrlingsgeburten nicht weiter gestiegen ist, dürfte laut Werner Brachat-Schwarz vom Statistischen Landesamt sein, dass Ärzte bei einer künstlichen Befruchtung immer häufiger darauf verzichten, mehrere Embryonen in die Gebärmutter einzupflanzen.

Gleichgeschlechtliche Geschwister wie Dufferains kommen bei rund der Hälfte der zweieiigen Zwillingsgeburten vor, weiß Werner Brachat-Schwarz. Die Häufigkeit von zweieiigen Zwillingen sei weltweit sehr unterschiedlich, so der Stuttgarter Statistiker: „Auffällig viele Geburten zweieiiger Zwillinge gibt es in Westafrika, insbesondere in Nigeria. Die Ursache dafür ist nicht bekannt.“ Wahrscheinlich spiele das Erbgut und die Ernährung eine Rolle.

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