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Die Haltestelle am Trappensee war eine besondere

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In 83 Jahren ist den Heilbronnern der Busendpunkt am Trappensee ans Herz gewachsen. Nun wurde dieses besondere Kleinod abgerissen. Eine Erinnerung an die Endhaltstestelle der Linie 1 und den Kiosk von Luise Kümmerle.

Die Haltestelle war nicht nur Unterstand für jene, die auf den Bus warteten, sondern auch Treffpunkt für viele Menschen aus dem Viertel rund um die Jägerhausstraße.
Fotos: privat
Die Haltestelle war nicht nur Unterstand für jene, die auf den Bus warteten, sondern auch Treffpunkt für viele Menschen aus dem Viertel rund um die Jägerhausstraße. Fotos: privat  Foto: privat

Ein Kleinod, das Generationen von Heilbronnern irgendwie ans Herz gewachsen ist, existiert nicht mehr: Die Bushaltestelle beim Trappensee, ein Relikt aus den 1930er Jahren, wurde jetzt abgerissen. "Die Bausubstanz war marode. Wir konnten aus Sicherheitsgründen die Haltestelle nicht länger halten", sagte auf Anfrage Fahrmeister Edwin Brändle von den städtischen Verkehrsbetrieben.

Luise Kümmerle umsorgte ihre Kundschaft am Kiosk über viele Jahre.
Luise Kümmerle umsorgte ihre Kundschaft am Kiosk über viele Jahre.  Foto: nicht angegeben

Kioskbetreiberin hatte immer ein offenes Ohr

Ein besonderes Flair hatte die Endhaltestelle der Linie 1 dank des dortigen Kiosks. Von Anfang der 1960er Jahre bis 1975 um- und versorgte die Betreiberin Luise Kümmerle die wartenden Fahrgäste mit kalten und heißen Getränken, Saitenwürstchen, Eis, Lutscher, Schokolade und natürlich Zeitungen.

Sie war Ansprechpartnerin für alle, die Probleme hatten. Sie hat geschlichtet und hatte stets ein offenes Ohr für die Anwohner der Jägerhausstraße und für die älteren Herrschaften des Altenheims an der Arndtstraße. Ihr Sohn Heinrich Kümmerle engagiert sich wie auch Enkel Heinrich Kümmerle junior seit Jahren in der Europa-Union.

Auch die Vögel hatten es gut am Kiosk

Ein festes Ritual von Luise Kümmerle war, jeden Morgen die Vögel zu füttern. Die Spatzen wurden so zutraulich, dass sie ihr auf die Hand zum "Vespern" flogen. Gut verpflegte sie auch ihre Stammgäste, die es sich bei gutem Wetter auf der Wiese hinter dem "Ständle" bei einem oder zwei Bier gut gehen ließen.

Einst für die Straßenbahn erbaut, hatte der Kiosk eine Hochzeit in den 1960er Jahren als Bushaltestelle. Zuletzt gab er nur noch ein jämmerliches Bild ab.
Einst für die Straßenbahn erbaut, hatte der Kiosk eine Hochzeit in den 1960er Jahren als Bushaltestelle. Zuletzt gab er nur noch ein jämmerliches Bild ab.  Foto: Kugler

Als Luise Kümmerle ihre "Heimat" am Trappensee Mitte der 1970er Jahre gesundheitsbedingt verlassen hatte, folgten noch einige Pächter nach. Meistens nicht sehr lange. Zuletzt stand der Kiosk leer und diente als Aufenthaltsraum für die Busfahrer. Die Oststadt hatte eine kleine Kultstätte verloren.

Jetzt wurde der Kiosk dem Erdboden gleichgemacht

So sieht es jetzt am Trappensee aus. Foto: Heibel
So sieht es jetzt am Trappensee aus. Foto: Heibel  Foto: Heibel, Matthias

Seit ein paar Tagen erinnert nichts mehr an die vergangenen 83 Jahre. Derzeit werden neue Fundamente betoniert. Sie dienen als Untergrund für einen Container, in dem sich die Busfahrer in den Pausen aufhalten können. "Daneben wird ein neue Haltestelle voraussichtlich bis Dezember aufgestellt", sagt Fahrmeister Erwin Brändle.


Spannend liest sich die Geschichte der Straßenbahnlinie zum Trappensee. In seinem Buch "Einmal Harmonie bitte" schreibt der "Straßenbahner" Gottfried Bauer:

"Im Sommer 1935 griff das Tiefbauamt Heilbronn den alten Plan des früheren Oberbürgermeisters Emil Beutinger und den oft geäußerten Wunsch der Bevölkerung wieder auf und plante die Weiterführung der Straßenbahn in die Karlstraße zum Trappensee. Die Gemeindegremien genehmigten Ende 1935 diesen Neubau und bewilligten auch die finanziellen Mittel.

Die Heilbronner Bauunternehmung Rohrbach und Hubert erhielt im Januar 1936 den Zuschlag und bereits Mitte März wurde mit den Erdarbeiten der 1,75 Kilometer langen Strecke begonnen. Mitte April trafen die bestellten Schienen und die 76 Fahrleitungsmasten in Heilbronn ein. Jetzt war es möglich, die neue Straßenbahnstrecke bis zum Pfingstfest fertigzustellen. Die Kosten betrugen annähernd 200.000 Reichsmark.

Am Samstag, 3. Juni 1936, versammelten sich um 13.30 Uhr der NSDAP-Oberbürgermeister Heinrich Gültig und zahlreiche Bürger am Marktplatz, um die Strecke zu eröffnen. Es war übrigens dann die letzte Neubau-Straßenbahnline, die in Heilbronn gebaut wurde. Bereits zwei Stunden später wurde mit zwei festlich geschmückten Straßenbahnzügen der fahrplanmäßige Betrieb aufgenommen. Die Linie B fuhr nun alle siebeneinhalb Minuten vom Trappensee über die Karlstraße-Allee-Kiliansplatz-Hauptbahnhof zum Sonnenbrunnen und alle 15 Minuten weiter nach Böckingen."

 
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