Auf dem Buga-Areal in die Neckar-Historie eintauchen
Auf dem ehemaligen Buga-Areal in Heilbronn tippen zwischen Wilhelmskanal und Rettenmaier-Bau Poster und Tafeln Geschichte und Geschichten zum Neckar an: eine spannende Zeitreise.

Heilbronn ist die älteste Industriestadt Württembergs. Doch bevor sie im 19. Jahrhundert zum sogenannten schwäbischen Liverpool avancierte, war sie schon im Mittelalter als Handels- und Weinstadt bekannt. Zu ihrem Reichtum beigetragen hat der Neckar. Anno 1333 erlaubte Kaiser Ludwig den Reichsstädtern, den "Necker (zu) wenden und keren wahin si duncket". Die Heilbronner führten daraufhin den wild verzweigten Fluss an die Stadtmauer heran. So floss durch Verladezölle viel Geld in die Stadt.
Bis in die 1990er Jahre war die bewegte Historie von Wein und Wasser noch in einem eigenen Weinbau- und Schifffahrtsmuseum im städtischen Milchhof an der Frankfurter Straße dokumentiert. Dann fiel die etwas angestaubte Einrichtung Sparzwängen und anderen Prioritäten zum Opfer. Das Thema Wein wurde in Vitrinen der Wein-Villa und zum Wein-Panorama-Weg auf den Wartberg verfrachtet. Die Neckarschifffahrt hat in den städtischen Museen im Deutschhof eine kleine Abteilung bekommen.
Schicksalsfluss der Stadt Heilbronn

Während der Wein gut aufgehoben zu sein scheint, meinen Schiffsmänner, Hobbykapitäne und Lokalhistoriker, "der Neckar kommt zu kurz". Sie fordern mehr Raum für den Schicksalsfluss dieser Stadt.
Bei der Bundesgartenschau 2019 blitzte die Historie der Stadt am und im Fluss immerhin punktuell auf: bei Veranstaltungen, im Bauch eines Schleppers namens Hafenamt Heilbronn, an der Fährlebühne, bei einer Ausstellung an der Rettenmaier-Fabrik, auf den dort und an der Alten Reederei aufgehängten Großpostern und nicht zuletzt auf Tafeln entlang des Altneckars. Die Transparente hängen noch, die Tafeln sollen sogar ergänzt werden.
Wie Oliver Toellner von der Buga GmbH erklärt, führten die historischen Schwarz-Weiß-Motive im Großformat "in die Hafenstimmung" ein. Die Serie zeige in Stufen die Geschichte der Schifffahrtsstraße. Sieben von Buga GmbH, Stadtarchiv und der Agentur Sepia konzipierte Infotafeln tippen in einem sogenannten Neckarerzählpfad mit Texten und Bildern punktuell historische Aspekte an. Hier die Inhalte:
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Reichsstadt am Neckar: Die älteste Stadtansicht von 1554 zeigt die Neckararme, Wehre vor der Stadt, Mühlen und einen Kran. Eine Ansicht von Johann Sigmund Schlehenried zeigt etwa 100 Jahre später im Stile Merians viele Stadtdetails.
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Die Stadt im Industriezeitalter: 1835 hielt Fritz Wol den Blick über die Flussaue auf Papierfabriken fest. Ein Bild von 1925 zeigt die Einfahrt in den Winterhafen, die Schleuse des Wilhelmskanals, einen Kettenschlepper und die Bahnbrücke.
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Auswanderer-Sammelplatz: Nach langen Kriegsjahren gegen Frankreich und Napoleon mit Truppendurchzügen und Einquartierungen folgte 1816 nach einem Vulkanausbruch in Indonesien in Europa das "Jahr ohne Sommer" mit Missernten, Hunger und Not. Viele suchten ihr Heil in der Auswanderung, vor allem nach Nordamerika. Heilbronn war ein Sammelplatz, um mit dem Schiff über den Rhein und Rotterdam in die Neue Welt aufzubrechen. Eindrucksvoll lesen sich auf der Tafel Zitate solcher Flüchtlinge.
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Wilhelmskanal: Ab dem 14. Jahrhundert kassierte Heilbronn für durchfahrende Schiffe Zölle. Die Stadt wurde dadurch reich. Erst mit dem Anschluss an Württemberg und der Einweihung des Wilhelmskanals 1821 konnten Schiffe die Stadt wieder gebührenfrei passieren. Der Kanal, der bis heute als Motorboot-Hafen dient, ist mit der letzten handbetriebenen Schleuse am Neckar ein Kulturdenkmal.
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Ehemalige Ölmühle: Auf dem Hefenweiler drängten sich am Ende des 18. Jahrhunderts Mühlen zur Verarbeitung von Tabak, Farbholz, Gips, Bleiweiß und vor allem Ölsaaten. 1901 verlegte Adolf Hahn seine Ölmühle nach einem Brand neckarabwärts. Der imposante Backsteinbau wird seit 1949 von Multi-Unternehmer Otto Rettenmaier genutzt.
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Binnenschifffahrt: Um den Traum von der Wasserstraße mit großen Schiffen wahr werden zu lassen, wird 1818 die Reederei Schwaben gegründet, die fortan vor allem Salz zur Großchemie am Rhein befördert, anfangs durch Schleppkähnen, bald durch Dampf- und Motorschlepper. Seit den 1950ern kommen "Importwaren" hinzu, vor allem Kohle, aber auch Futtermittel und Getreide sowie Baustoffe.