„Wer Spitzenleistung will“: Was Freiraum für Jugendliche an Schulen bedeutet
Das Robert-Mayer-Gymnasium in Heilbronn kümmert sich besonders um hochbegabte Kinder und Jugendliche. Warum der Schulleiterin Antje Kerdels ein anderes Wort lieber ist, erklärt sie bei einem speziellen Informationstag.

Das Robert-Mayer-Gymnasium (RMG) in Heilbronn fördert in besonderem Maß begabte Kinder und Jugendliche und speziell getestete Hochbegabte. Pro Jahrgang gebe es eine spezielle Klasse, sagt Schulleiterin Antje Kerdels beim sogenannten regionalen Tag der Begabtenförderung, zu dem zahlreiche Schulvertreter nach Heilbronn gekommen sind. Manchmal seien es rein Getestete in den Klassen, manchmal gemischte Klassen. Das ist auch mit der Grund, warum Antje Kerdels das Wort Hochbegabte nicht so gefällt. Es gehe um „begabte, motivierte und interessierte Kinder“, zählt sie auf. Die Klassen heißen Begabtenklasse.
Der Ländliche Raum hat Nachholbedarf, was die Förderung dieser Kinder angeht. Gerade in diesen Gegenden würden nicht so viele Mädchen und Jungen auf Hochbegabung getestet wie in einer Uni-Stadt, weiß Antje Kerdels. Mit ein Grund: Schulwege zu den Schwerpunkt-Gymnasien können lang sein. Sie will dennoch den Familien Mut machen, begabte Kinder an spezielle Schulen zu schicken. „Man muss keine Angst vor Überforderung haben.“
Förderung für Begabte: Das tut sich am Robert-Mayer-Gymnasium in Heilbronn
Das RMG kürzt beispielsweise die Wochenstundenzahl in bestimmten Fächern, um den Kindern spezielle Angebote bieten zu können. Bei den Fünfern stehe das persönliche Wachsen und der Klassenverband im Fokus: Zirkusprojekte verbänden Klassen, sagt Schulleiterin Antje Kerdels. Bei den Sechsern geht es um einfaches Programmieren oder Mathe.
In den letzten beiden Jahren vor den Abitur-Prüfungen sind alle Jugendliche wieder zusammen. Ob die Begabten bessere Abschlüsse erzielen, darüber führt die Schule keine Statistik, sagt Antje Kerdels. „Wir wollen keine Eliten, es soll alle beflügeln“, sagt sie. „Das ist die Idee dahinter.“
Unterstützung am RMG: Das sagen Jugendliche dazu
Magnus, der dieses Schuljahr sein Abitur macht, gehört zu den Jugendlichen, die den Besuchern Rede und Antwort stehen zu den Begabtenklassen und den weitergehenden Projekten. Am Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten hat er teilgenommen, es sei seine erste wissenschaftliche Arbeit gewesen. „Wir wurden gut an die Hand genommen“, dankt der Jugendliche der Unterstützung am RMG. Darüberhinaus gebe es zusätzliche Angebote wie beispielsweise Sommerakademien mit Jugendlichen aus dem ganzen Land. Beispielsweise ging es einmal um Raketenphysik. Auf solche Angebote wäre er nie gekommen, sagt er.
Diese zusätzlichen Veranstaltungen loben auch die Oviya und Mina aus der zehnten Klasse sowie Maximilian aus der Elften. Der Heilbronner nahm einmal an einem speziellen Medizinkurs bei. „Jetzt überlege ich, Medizin zu studieren.“
Förderung der Kinder: Es ist Aufgabe für mehr als die Gymnasien
Für Begabtenförderung braucht es nicht nur Gymnasien. Das verdeutlicht das Programm beim Fortbildungstag in Heilbronn. Unter anderem gibt es Vorträge, die sich mit Grundschulen und Gemeinschaftsschulen befassen.
Stefan Weih liegen solche weitergehenden Möglichkeiten am Herzen, wenn es um die Förderung der Begabten geht. Er ist Schulleiter des Gymnasiums für Hochbegabte, St. Afra, in Meißen. In seiner Rede in Heilbronn wird deutlich, dass er weder etwas von der Vergleichbarkeit durch Noten hält noch davon, dass man sich nur an Bildungsplänen orientiert. Vergleichbarkeit, sagt er, sei der größte Feind der Begabtenförderung.
Die Gesellschaft könne es sich nicht leisten, „die besten Köpfe nur so mitlaufen zu lassen“, sagt Stefan Weih in Heilbronn. Den Lehrplan durchzugehen, das sei keine Begabtenförderung. Sein Ansatz: Wer Spitzenleistung wolle, müsse Kindern und Jugendlichen Freiräume zugestehen für die eigene Persönlichkeit.
An seiner Schule, ein Internat, seien Doppelstunden von 90 auf 75 Minuten gekürzt worden, um dann nachmittags spezielle Angebote aufnehmen zu können. „Vertrauen wir der Kreativität der jungen Menschen und ihrem Wunsch, zu lernen“, so Stefan Weih.

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