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Heilbronner Clubs in schwierigem Fahrwasser: Wie sich das Nachtleben verändert

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Das Clubsterben greift in deutschen Städten weiter um sich: Steigende Kosten und ein verändertes Freizeitverhalten setzen der Branche zu. Auch in Heilbronn suchen Betreiber nach neuen Konzepten.


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In den großen Städten der Republik ist das Clubsterben längst angekommen. So hat sich in der Metropole Berlin die Zahl der Clubs und Diskotheken in den vergangenen rund zehn Jahren fast halbiert. Auch in Frankfurt, Leipzig, Stuttgart, Hamburg oder München ist dieser Trend spürbar. Die Branche warnt inzwischen vor einem regelrechten Clubsterben.

Der Bundesverband der Musikspielstätten, LiveKomm, hat vor kurzem eine Umfrage veröffentlicht, nach der knapp zwei Drittel der Befragten in der ohnehin schon schwierigen Situation von einer wirtschaftlich schlechteren Lage als vor einem Jahr sprechen. Mehr als 15 Prozent der noch existierenden Clubs denken über eine Schließung nach.          

Machen sich Gedanken um die Zukunft: Matthias Kern (links) und Michael Brähne im Club Mobilat.
Machen sich Gedanken um die Zukunft: Matthias Kern (links) und Michael Brähne im Club Mobilat.  Foto: Christiana Kunz

Drohende Untergang des Nachtlebens: Auch die Heilbronner Clubkultur leidet

So dramatisch ist die Situation in Heilbronn noch nicht, doch die Probleme der Clubs und Diskotheken sind überall die gleichen. „Wir spüren heute noch die Folgen, dass die Clubs in der Corona-Pandemie zwei Jahre komplett geschlossen werden mussten“, klagt Matthias Kern. „Die heutige Generation der 20- bis 25-Jähigen hat die Club- und Feierkultur gar nicht richtig kennengelernt. Das ist das Hauptproblem für klassische Clubs“, analysiert der Betriebsleiter der Gartenlaube im Stadtteil Böckingen.

„Die Clubkultur hat generell an Relevanz verloren“, bestätigt Michael Brähne. „Vieles hat sich inzwischen in die häusliche Umgebung verlagert“, ergänzt der Inhaber des Clubs Mobilat in der Heilbronner Salzstraße. Hinzu komme ein verändertes Freizeitverhalten bei der sogenannten Generation Z. Wissenschaftliche Untersuchungen haben ergeben, dass die heute 18- bis 27-Jährigen eher Stress meiden, sich gesund ernähren, tendenziell genug schlafen und weniger Alkohol trinken als frühere Generationen.

Heilbronner Clubs in schwierigem Fahrwasser: Die Kosten steigen

Das sind keine guten Grundlagen für ein ausschweifendes Nachtleben, dass im Club ab 24 Uhr beginnt und bis in den Morgen hinein dauert. Zusätzlich treffen die wirtschaftlichen Problemen in Deutschland die Branche besonders hart. Dazu zählen vor allem steigende Kosten und Gebühren, die Auswirkungen des Mindestlohns, die starren Regeln bei den Arbeitszeiten und allgemein wachsende bürokratische Anforderungen. Zudem sind die Eintrittsgelder ein Faktor.

„Wir haben in Heilbronn noch den Vorteil, dass wir ein gutes Einzugsgebiet haben“, betont Kern. Unmittelbare Konkurrenz gebe es erst in Stuttgart.  „Auf der anderen Seite boomen Festivals mit Top-Stars, die kosten inzwischen ein Vermögen“, gibt Brähne zu bedenken: In diesem Umfeld müsse man sich derzeit als Club bewegen. Für die Veranstalter bedeutet dies auch, darüber nachzudenken, ihr Geschäftsmodell anzupassen und auszuweiten.

Clubsterben in Deutschland: Neue Ideen sind gefragt

So gibt es auch in Heilbronn Kooperationen mit Anbietern, die Partys bereits am frühen Abend veranstalten. Dazu zählen die Reihen „Mamma geht Tanzen“ oder „Early-Bird“, die bereits mehrere Partys von 20 bis 23 Uhr erfolgreich im Creme 21 oder im Mobilat veranstaltet haben. Der Vorteil für die Clubs, sie haben zwei Veranstaltungen mit verschiedenen Zielgruppen an einem Abend. „Die frühe Öffnung ist eine Idee, auch Kabarett, Theater und Konzerte sind ein Angebot, mit dem wir neue Besuchergruppen erreichen könne“, schwebt Michael Brähne vor.

Auch Second-Hand und Flohmarktveranstaltungen oder die Vermietung als Seminar und Workshopraum kann sich der Mobilat-Inhaber gut vorstellen. „Man könnte auch gut Bereiche als Eventlocation und für Firmenveranstaltungen ausweisen“, schwebt Matthias Kern vor.         

Transferstelle der Stadt Heilbronn ist eingeschlafen  

Auch mehr Unterstützung von der Stadt Heilbronn wünschen sich die Club-Veranstalter. „Die Theater bekommen ja auch Subventionen, und wir sind ein wichtiger Teil der Jugendkultur“, unterstreicht Brähne. Ein erster Ansatz der Stadt war die Einrichtung einer Transferstelle Nachtleben im Mai 2021, an der sich unter anderen auch Matthias Kern und Michael Brähne beteiligten.

Nach einem vielversprechenden Start mit der Einrichtung eines runden Tisches wurde das Thema zuletzt im Oktober 2023 im Verwaltungsausschuss des Gemeinderates abschließend vorgestellt und damit auch ad acta gelegt. „Bis heute wurde jedenfalls nichts umgesetzt, und das Stadtmarketing kümmert sich nicht um die Nacht“, kritisiert Kern, der Sprecher der Stelle war. Der jüngste Vorstoß der Grünen bei den Haushaltsberatungen im Dezember 2024 im Gemeinderat, einen hauptamtlichen Nachtbürgermeister einzustellen, wurde mehrheitlich abgelehnt.

Hintergrund: Nachtbürgermeister 

Die ehrenamtliche Transferstelle Nachtleben in Heilbronn, meist Nachtbürgermeisterstelle genannt, startete am 1. Mai 2021 mit einem Jahresbudget von 5000 Euro. Sie sollte die Interessen der Kneipen, Clubs und Diskotheken gegenüber der Stadtverwaltung und den Bürgern in der Stadt vertreten. Beteiligt waren neben Matthias Kern und Michael Brähne die Superbude, das Kulturzentrum Maschinenfabrik und der Club Creme 21. Als Ergebnis wurden gemeinsam mit den Stadtwerken der Buddy-Nachtbus eingerichtet und Ansprechpartner bei bedrohlichen Situation in den Locations vor Ort geschaffen. zim


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