Zwei frühere Schüler aus Heilbronn starten Karrieren bei den Vereinten Nationen
Marian Wittenberg und Anica Buckel haben an der Heilbronner Christiane-Herzog-Schule Abitur gemacht und sind inzwischen international unterwegs.
Als in den Jahren 2007/2008 nach den Wahlen in Kenia Betrugsvorwürfe aufkamen, Unruhen ausbrachen und mehr als eintausend Menschen ihr Leben verloren, da war nicht sicher, ob die für 2009 geplante Reise der Heilbronner Christiane-Herzog-Schule mit einer Schülergruppe würde stattfinden können. Marian Wittenberg, der, wie er sagt, schon immer das Verlangen hatte, andere Kulturen kennenzulernen, hatte sich jedenfalls gut vorbereitet.
„Ich hatte meine Seminararbeit über die Unruhen geschrieben. Über Stämme und das politische System.“ Dadurch hatte der Neckarsulmer nicht nur eine gute Grundlage für die bevorstehende Reise, die dann tatsächlich stattfand. „Ich konnte auch vor Ort ins Gespräch kommen und interkulturelle Vorurteile abbauen“, erzählt der 34-Jährige im mit viel Grün angelegten Außengelände der UNEP, dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen in Nairobi.
Nachhaltige Stadtentwicklung: Marian Wittenberg arbeitet bei UN-Habitat in Nairobi
Hier arbeitet Marian Wittenberg bei UN-Habitat an der Schnittstelle zwischen Projektentwicklung und Monitoring im Bereich der nachhaltigen Stadtentwicklung. Er arbeitet mit Projektteams in aller Welt an der Konzeption und Bewertung entsprechender Vorhaben. In Ländern wie Burkina Faso geht es beispielsweise darum, Stadtverwaltungen zu beraten und durch den Bau von Infrastruktur in die Lage zu versetzen, mit durch Krieg und Klimawandel bedingten Flüchtlingsbewegungen umzugehen. Laut offiziellen Berichten gibt es mehr als zwei Millionen Flüchtlinge im eigenen Land.

Bereits in der frühen Phase eines Projekts hilft Wittenberg dabei, geeignete Zielindikatoren zu definieren, die sicherstellen, dass die geplanten Maßnahmen die erwünschte Wirkung entfalten können. In der Konzeption werden beispielsweise Satellitendaten verwendet, um Gebiete zu identifizieren und die Klimaresilienz zu bewerten. Dazu stellt sich zunächst die Frage: „Welchen langfristigen Impact wollen wir haben?“ Werden lokale Fachkräfte so geschult, dass sie die Maßnahmen eigenständig weiterführen und finanzieren können? Sobald die Indikatoren feststehen, beginnt die Beobachtung der Umsetzung. Dabei berichtet er der Leitungsebene von UN-Habitat, welche Vorhaben nach Plan verlaufen und wo es Anpassungsbedarf gibt. Zwischen dem Zeitpunkt, an dem ein Projekt zur Konzeption bei ihm eingeht, und der Bewilligung vergehen in der Regel gerade einmal ein bis zwei Monate.
Von Bonn nach Nairobi: Wittenbergs Weg über das BMZ zur internationalen Zusammenarbeit
Marian Wittenberg schloss 2020 sein Masterstudium ab und ging für vier Jahre zum BMZ nach Bonn, evaluierte dort Entwicklungsprojekte für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Dann ergab sich die Gelegenheit zum UN-Habitat nach Nairobi zu gehen.
Auch Anica Buckel aus Eppingen-Mühlbach war bei der damaligen Kenia-Reise der CHS dabei und auch sie arbeitet seit Jahren auf diesem internationalen Parkett. Bei der FAO, der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der UN, leitet die 35-Jährige den Bereich für Verhaltenswissenschaften im Kontext von AMR (Antimikrobielle Resistenz), aber im Kern besteht ihre Arbeit darin, Kollegen bei ihrer Arbeit zu unterstützen und psychologische Perspektiven einzubringen. Der Ansatz der FAO sei stark interdisziplinär, „weil AMR als eines der komplexesten Gesundheitsprobleme unserer Zeit verstanden wird, das nicht nur medizinisch-biologisch, sondern auch durch menschliches Verhalten verursacht wird“.
Anstatt oft von der Annahme auszugehen, dass es in ländlichen Gemeinschaften schlicht an Wissen fehle, verfolgen die Verhaltenswissenschaftler einen anderen Ansatz. Sie setzen laut der 35-Jährigen nicht nur auf Informationskampagnen oder Trainings, sondern orientieren sich „an den tatsächlichen psychologischen und sozialen Lebensrealitäten relevanter Akteure, meistens Landwirte und Tierärzte in ländlichen Gebieten“.
Verhaltenswissenschaften bei der FAO: Anica Buckel entwickelt neue Ansätze für globale Gesundheit
Anica Buckel ist viel unterwegs, interviewt lokale Gemeinschaften, um ihre Perspektiven besser verstehen zu können. „Auf dieser Grundlage entwickeln wir dann gemeinsam mit Regierungen und lokalen Gemeinschaften verhaltensbasierte Interventionen und evaluieren diese dann auch wissenschaftlich.“
Verhaltenswissenschaften seien innerhalb der UN noch ein relativ neues Feld. Viele der Produkte, an denen sie derzeit arbeite, wie Online-Kurse, Handbücher und Publikationen, zählen laut Anica Buckel zu den ersten verhaltenswissenschaftlichen Angeboten innerhalb der FAO. „Ich verstehe, dass ich in meiner derzeitigen Rolle einen echten Beitrag leisten kann, und sehe es daher als ein Privileg, das aber auch mit einer gewissen Verantwortung einhergeht.“ Dies sei ein zentraler Beweggrund gewesen, parallel zu ihrer Arbeit zu promovieren. „Ich finde es wichtig, dass unsere Ansätze wissenschaftlich fundiert sind, und dass alles, was wir tun, Hand und Fuß hat.“