Lange Nacht der Demokratie in Heilbronn: "Offen bleiben für andere Meinungen"
Lange Nacht der Demokratie: Bei 20 Veranstaltungen in Heilbronn zeigten Menschen, wie sie für demokratische Werte einstehen.

Demokratische Werte sind weltweit bedroht. Umso wichtiger ist es, sich für die Demokratie stark zu machen. Die am Tag vor der deutschen Einheit erstmals veranstaltete „Lange Nacht der Demokratie“ stellte mit ihren mehr als 20 Veranstaltung eindrucksvoll unter Beweis, dass die Menschen aus der Region für demokratische Werte einstehen.
„Freiheit, Gerechtigkeit und Demokratie sind die Grundpfeiler unserer Gesellschaft, dafür tragen wir gemeinsam die Verantwortung für die Zukunft“, sagte Sozialbürgermeisterin Agnes Christner bei der Eröffnung am späten Mittwochnachmittag auf dem Marktplatz. Die Demokratie sei nicht immer bequem und fordere uns immer wieder heraus, betonte sie. „Es ist wichtig, dass wir uns darauf einlassen und offen bleiben für andere Meinungen.“
Lange Nacht der Demokratie in Heilbronn: Musik, Vorträge und Workshops
Das vom Organisationsteam, unter anderem von der Stadt, der VHS, der Caritas und der AWO, erstellte Programm aus Musik, Vorträgen und Workshops bot den Besuchern die ideale Bühne zur Begegnung, zum Austausch und zum Feiern. Hatten sich die Quartierszentren bereits den ganzen Tag eingebracht, so luden die abendlichen Aktionen, wie ein Bürgergeld-Speed-Dating oder ein mobiler Integrationstest sowie Musik in die Stadt ein.
„Das Zeitalter derWahrheit ist vorbei.“ Andre Wolf
Während Musiker das Rathaus beschallten, berichten drinnen ehemalige Ratsmitglieder über ihre ehrenamtlichen kommunalpolitische Arbeit. „Es gibt nicht nur richtige und falsche Entscheidungen, wobei beide Seiten immer Vor- und Nachteile haben“, erklärte Alt-Stadtrat Karl-Heinz-Eberle.
Im Großen Ratssaal zeigten die Exponate mit Aussagen wie „Jeder Mensch entscheidet selbst, wo er leben will“ was Heilbronner Grundschüler sich von der Demokratie wünschen. „Demokratie ist ein breit gefächertes Thema. Für mich steht die Bürgerpartizipation mit an erster Stelle“, sagte Marcel-René Proksch. Renate Stejskal aus Bad Rappenau wollte erfahren, wie andere Leute mit dem Thema Demokratie umgehen. „Mir ist ganz wichtig, dass ich frei wählen kann und dass wir Pressefreiheit haben.“
Der Blogger Andre Wolf zeigte im Arthaus-Kino auf, welchen Gefahren die Demokratie durch Manipulationen durch künstliche Intelligenz ausgesetzt ist. „Das Zeitalter der Wahrheit ist vorbei“, sagte er.

Im voll besetzten Deutschhofkeller blickte der renommierte Politikwissenschaftler Albrecht von Lucke auf das von ihm als Schicksalsjahr bezeichnete 2024. Die Bundesrepublik stehe 75 Jahre nach ihrer Gründung vor ihrer größten Bewährungsprobe. Es stelle sich die Frage, wie wehrhaft die Demokratie sei, meinte er auch im Hinblick auf die AfD und das mögliche Comeback des früheren US-Präsidenten Donald Trump.
Journalistischer Umgang mit Fake News
Ihren Abschluss fand die Lange Nacht im gut besuchten „Craftelicious“, wo Moderatorin Sarah Bergh, Münchner Integrationsbeauftragte, mit SWR-Studioleiter Anno Knüttgen, Autor Ridal Carel Tchoukuegno und Tanja Ochs, stellvertretende Chefredakteurin der Heilbronner Stimme, über den journalistischen Umgang mit Fake News diskutierte. Dabei ging es nicht nur um die Herausforderungen in Zeiten von Social Media und veränderten Medienkonsum, sondern auch um Diversität in Redaktionen. Die solle zu einem Perspektivwechsel beitragen, so der Berliner Podcaster.
Knüttgen betonte, es gehe im Journalismus vor allem darum, auf allen Kanälen verlässliche Informationen zu bieten. Angesichts unterschiedlicher Quellen werde das Berichten nicht einfacher. Während Tchoukuegno Medien von der schnellen Schlagzeile abriet, erklärte Tanja Ochs: „Geschwindigkeit und journalistische Qualität sind kein Widerspruch.“

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