Mann wegen jahrzehntelangem Kindesmissbrauch angeklagt – Prozess kurz vor Urteil
„Jetzt habe ich Schuldgefühle“ – mit bewegenden Worten sagte die Ex-Frau des angeklagten Mannes im Missbrauchs-Prozess am Landgericht Heilbronn aus. Das Urteil wird am Dienstagmorgen verkündet.
Im Heilbronner Missbrauchs-Prozess steht ein 61-jähriger Mann wegen des Vorwurfs des sexuellen Missbrauchs und der Vergewaltigung vor Gericht. Laut Anklage soll er zwischen 1998 und 2024 sexuelle Handlungen an drei Stieftöchtern sowie einer Stiefenkelin vorgenommen haben.
„Jetzt habe ich Schuldgefühle, dass ich nicht mehr drauf geachtet habe“ – mit bewegenden Worten schilderte seine Ex-Frau vor Gericht ihre Erinnerungen. An ihren Töchtern und an einer Enkelin soll sich der Mann vergangen haben.
Frühere Ehefrau des Verdächtigen habe erst vergangenes Jahr von den Vorfällen erfahren
Die frühere Ehefrau betonte, dass sie lange Zeit keinerlei Verdacht gegen ihren Mann gehegt habe. „Ich habe ihm vertraut“, sagte die 68-Jährige unter Tränen.
Erst im vergangenen Jahr habe sie davon erfahren, als ihre Nichte während der Fahrt in den gemeinsamen Urlaub plötzlich zu weinen begann und von Vorfällen berichtete.
Zeugin berichtet von „komischer Handbewegung“ an Tochter
Im Nachhinein erinnerte sich die Zeugin an eine Situation, die ihr heute seltsam vorkommt: Sie habe den Mann am Bett ihrer gehbehinderten Tochter beobachtet, dabei eine auffällige Handbewegung wahrgenommen und ihn gefragt, was er dort tue.
Seine Antwort lautete damals, er mache Krankengymnastik – Übungen, die die Tochter tatsächlich regelmäßig wegen ihres Beins absolvieren musste.
Angeklagter soll auch sonst Mädchen „übertrieben“ nahe gekommen sein
Auch die Stieftochter (43) des Angeklagten trat in den Zeugenstand. Er soll ihre Tochter sexuell missbraucht haben.
Bereits beim Betreten und Verlassen des Saals fixierte sie den Mann mit strengem Blick. Viel über die mutmaßlichen Taten wolle sie bis heute nicht wissen, sagte sie. „Das tut weh.“

Rückblickend seien ihr jedoch mehrere Situationen eingefallen, in denen der Angeklagte kleinen Mädchen auffallend körperlich nahegekommen sei – etwa durch intensives Streicheln am Kopf oder andere Berührungen.
„Meine Schwester war als kleines Kind süß und hübsch. Ich habe überwiegend Dankbarkeit gespürt, dass sie endlich eine Art Vaterersatz hatte. Dass er ihr auf andere Weise nahe kam, habe ich nie in Erwägung gezogen.“
Angeklagter im Missbrauchs-Prozess in Heilbronn stellte Zeuginnen Fragen
Ungewöhnliche Szenen spielten sich bei der Verhandlung ab, als der Angeklagte selbst den Zeuginnen Fragen stellen durfte. Seine Stieftochter fragte er nach ihrem Ex-Mann, seine frühere Ehefrau nach ihren Technikkenntnissen. „Bitte kein Kreuzverhör“, mahnte Vorsitzender Richter Thilo Kurz den Angeklagten.
Angeklagt ist er wegen insgesamt 24 Taten, die überwiegend im häuslichen Umfeld in Heilbronn, Neckarsulm sowie am früheren Wohnort im nordöstlichen Landkreis Heilbronn begangen worden sein sollen. Laut Gericht handelt es sich unter anderem um Hand- und Oralverkehr.
Missbrauchs-Prozess in Heilbronn: Betroffene Mädchen waren zur Tatzeit zwischen zehn und 15 Jahre
Die betroffenen Mädchen waren zur Tatzeit zwischen zehn und 15 Jahre alt. Die bisherigen Verhandlungstage fanden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt – ein Vorgehen, das in Verfahren dieser Art üblich ist.

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