Können Uhren die Lebensqualität in den Wechseljahren verbessern?
An der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Heilbronn läuft ein Forschungsprojekt, das den Nutzen von digitalen Hilfsmitteln wie smarte Uhren oder Tracker untersucht. Dabei geht es um individuelle Ernährungsempfehlungen in den Wechseljahren. Kann Frauen so geholfen werden?

Die Menopause. Sie ist immer noch ein Tabu. Dabei befinden sich derzeit neun Millionen Frauen in Deutschland mittendrin. Das Ausbleiben der Periode, und damit das Ende der Fruchtbarkeit, läutet physisch und psychisch eine Phase ein, in der Weichen für die kommenden Jahre gestellt werden. Wissenschaftler vermuten, dass Ernährung gerade in dieser Zeit eine zentrale Rolle spielt.
Wer sich jetzt damit beschäftigt, profitiert: „Der Übergang in die Wechseljahre stellt ein kritisches Zeitfenster für die Umsetzung von Präventivmaßnahmen gegen langfristige postmenopausale Gesundheitsstörungen dar“, heißt es etwa in einem Forschungsprojekt an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Heilbronn.
Ernährung in der Menopause stellt eine Weiche fürs Alter
Das Projekt geht davon aus, dass eine personalisierte Ernährungsstrategie aufgrund der „hochgradig individuellen Natur der Wechseljahre“ die besten Ergebnisse bringt. Sie suchen daher nach einem „neuartigen Ansatz für das Management der Wechseljahre“, in dem sie den Nutzen von smarten Technologien untersuchen, die jede am Handgelenk tragen kann. Kathrin Friedrichs, Ernährungswissenschaftlerin an der DHBW, ist eine der Studienleiterinnen.
Die Menopause rücke gerade mehr in den Fokus der Forschung, „weil erkannt wird, dass das eine sehr herausfordernde Lebensphase ist“, sagt sie. Und eine persönliche dazu, schon allein deshalb, weil sie bei jeder Frau zu einem anderen Zeitpunkt beginnt und unterschiedlich lange dauert.
Tun sie es unnötig? 30 Prozent der Frauen in den Wechseljahren leiden
Dabei sind die Wechseljahre genau das, was das Wort meint: eine Zeit des Übergangs. Dieser Übergang hat es in sich, denn er gilt als Zeitfenster, in dem wichtige Weichen fürs Alter gestellt werden.
Etwa 30 Prozent der Frauen kommen laut Friedrichs ohne Beschwerden durch die Wechseljahre. Ein weiteres Drittel muss mit moderaten bis leichten Beschwerden leben. „Etwa 30 Prozent haben ausgeprägte Symptome: mit zwei Mal Kleiderwechsel am Tag, weil sie alles durchschwitzen. Und das muss nicht sein.“
DHBW fragt, ob und wie smarte Uhren bei der richtigen Ernährung unterstützen
Das Team der DHBW, zu dem neben Kathrin Friedrichs auch Chenhui Wang, Tao Hu und die beiden Professorinnen Katja Lotz und Dorothea Portius gehören, stellt dem Projekt „Personalized Nutrition and Smart Wearables for Menopause Management“ eine These voran, in der es vor allem um die Frage geht, wie gut Frauen durch die Menopause kommen. Dass Ernährung dabei eine zentrale Rolle spielt, ist bekannt. Aber wie können Ernährungsempfehlungen individuell auf die einzelne Frau und ihre aktuellen Symptome zugeschnitten werden? Zu jeder Stunde? Ohne allgemeinen Diätplan?
Die achtwöchige Feldstudie, für die in Kürze zirka 200 Probantinnen zwischen 45 und 60 Jahren gesucht werden, startet in diesem Frühjahr. Die DHBW will letztlich wissen, ob und wie Frauen in den Wechseljahren von sogenannten Wearables oder Trackern profitieren können. Also digitalen und frei auf dem Markt erhältlichen Hilfsmitteln wie Apple oder Samsung Galaxy, Huawei oder Google Pixel Watch, Xiaomi Smart Band, Fitbit Versa, Garmin Forerunner, Polar Vantage, Oura Ring oder Whoop Strap.
Wearables sollen in den Wechseljahren zielgerichtete Empfehlungen geben
All diese Geräte sind mit Sensoren ausgestattet, die kleinste Befindlichkeiten wahrnehmen. „Durch die datengeschützte Erfassung kann es in Zukunft möglich sein, die Lebensqualität von Frauen in den Wechseljahren genau zu analysieren und zu verbessern“, vermuten die Forscherinnen, indem diese gezielte Ernährungsempfehlungen aussprechen– über Smartphone oder eine App.
Smarte Wearables böten schon heute ausreichende Möglichkeiten, Daten zu erfassen. Ihre wahre Stärke liege darin, dass sie das in Echtzeit tun. In der nun anstehenden Feldstudie sollen biometrische Parameter wie Puls, Körpertemperatur, Herzfrequenz, Schlafqualität, Stress und körperliche Aktivität erfasst werden, um diese mit Ernährungsgewohnheiten zu verknüpfen.
Lindert mediterrane Diät in den Wechseljahren Beschwerden?
Parallel werden Fragebögen ausgewertet. Ziel ist es schließlich, einen KI-gestützten Algorithmus zu entwickeln, der aufgrund solcher Forschungen auch die besten Empfehlungen gibt. Weniger Kaffee und keine scharfen Speisen werden heute schon gegen Hitzewallungen empfohlen. Aber ob das für alle das richtige ist? Kathrin Friedrichs ist sicher, dass „die Umstellung der Ernährung für einige Frauen eine wirkungsvolle Methode sein kann, mit Beeinträchtigungen umzugehen“.
Erste Erhebungen untermauerten zudem die Wirksamkeit einer mediterranen Diät. Einen personalisierten Ansatz nennt Friedrichs „eine mögliche Alternative neben oder zu einer Hormonersatztherapie“. Manche Frauen suchten gezielt nach so einer Alternative.
Möglichkeiten, innovativ zu forschen, gibt es inzwischen
Die richtige Ernährung könne, auch davon gehen die Wissenschaftlerinnen aus, das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Osteoporose oder Demenz reduzieren. Studienleiterin Katja Lotz nennt die Menopause mit Symptomen wie Nachtschweiß und Hitzewallungen, Herzklopfen, Schwindelgefühlen, Stimmungsschwankungen und Schlafstörungen, ein von der Forschung lange Zeit vernachlässigtes Thema.
„Jetzt haben wir dank der neuen Technologien die Möglichkeit, personalisierte Daten zu erfassen und wirklich innovativ zu forschen.“ Schließlich, fügt Kathrin Friedrichs an, werde auch die Überwachung durch medizinische Fachkräfte künftig weniger. Die Forschungsergebnisse sollen Frauen zu mehr Eigenverantwortung befähigen: „Dazu braucht man diese Tools.“ Könne man die Erkenntnisse dieser Arbeit in die Praxis umsetzen, könnte das Frauen helfen, diese Lebensphase mit weniger Einschränkungen zu durchleben.
