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Kein Festzelt auf Theresienwiese: "Zentrum und Herz jedes Volksfestes"

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Göckelesmaier-Wirt Karl Maier will beim Volksfest auf der Heilbronner Theresienwiese kein klassisches Bierzelt mehr aufstellen. Für die Entscheidung gibt's Verständnis – aber auch Kritik. 

Das Heilbronner Volksfest wird sich 2024 bei Festzelt und Biergarten anders präsentieren.
Das Heilbronner Volksfest wird sich 2024 bei Festzelt und Biergarten anders präsentieren.  Foto: HSt-Archiv

Auf der Münchner Theresienwiese wäre das undenkbar, auch auf dem Cannstatter Wasen und auf vielen anderen Rummelplätzen in Süddeutschland. Doch in Heilbronn ist es seit einigen Jahren tatsächlich der Fall, sogar auf der Theresienwiese, beim Maifest und nun - vom 5. bis 14. Juli - sogar beim traditionsreichen Heilbronner Volksfest: Es wird dort kein klassisches Festzelt mehr geben.

„Wir werden in diesem Jahr erstmals auf einen offenen Biergarten setzen“, betonte Maier gegenüber der Heilbronner Stimme. Nur ein Teil der Fläche werde überdacht, der Rest des Biergartens bleibe offen. Gegen Regen und zu viel Sonnenschein stelle er zusätzliche Schirme auf, für ein einladendes Ambiente werde er den Outdoor-Bereich mit Pflanzen begrünen.

Fassanstich beim Heilbronner Volksfest wegen EM 2024 wohl früher als sonst

„Die Heilbronner bekommen das, was sie offenbar wollen“, sagt Karl Maier weiter. Dazu zählt heuer auch eine „hochmoderne“ LED-Leinwand, auf der alle Viertel- und Halbfinalspiele sowie das Endspiel der Fußball-EM live übertragen werden.


Der Fassanstich am Freitag, 5. Juli, dürfte deshalb diesmal bereits um 17 Uhr über die Runde gehen, also eine Stunde früher als sonst, aber im Rahmen der üblichen Zeremonie mit Oberbürgermeister, Ehrengästen, Musikkapelle und Salzsiederzug. Näheres werde er Anfang Juni auf einer Pressekonferenz mit der Heilbronn Marketing GmbH (HMG) erklären. „Mehr will ich dazu vorher nicht sagen.“

HMG: Zelt ist nicht Gegenstand des Pachtvertrags für die Festwiese

Peter Theilacker als Direktor von Haller Löwenbräu, dessen Brauerei das Heilbronner Volksfest mit eigens gebrautem Volksfestbier versorgt, weilt noch im Urlaub, ebenso HMG-Chef Steffen Schoch, der am Wochenende per Handy nur soviel sagen wollte: „Ob ein Zelt groß oder klein ist oder ob es überhaupt eines gibt ist nicht Gegenstand des Pachtvertrags.“   

Bier, Göckele und andere Schmankerl wird es auf dem Volksfest auch ohne großes Zelt weiterhin geben.
Bier, Göckele und andere Schmankerl wird es auf dem Volksfest auch ohne großes Zelt weiterhin geben.  Foto: Veigel\, Andreas

Öhringer Festwirt: In einer Weinregion flaniert man lieber

Göckelesmaier ist nicht der einzige Festbetreiber, der in Sachen Bierzelt die Segel streicht. Das einst legendäre Duttenberger Bockbierfest hat sich schon vor fast 20 Jahren vom 2000-Mann-Zelt auf der Wiese verabschiedet und zu einem Freiluft-Event im Ortskern verwandelt. Auch auf dem erst Mitte der 1990er aus der Taufe gehobene Heilbronner Maifest auf der Theresienwiese sucht man vergeblich ein Zelt.

„Schon vor ein paar Jahren hat sich gezeigt, dass sich ein Festzelt hier nicht rentiert“, erklärt Veranstalter Timo Zöllner aus Öhringen, der auch Vize-Präsident des Landesverbandes der Schausteller und Marktkaufleute ist. Wahrscheinlich habe sich das mit den Wein- und Straßenfesten im Laufe der Jahre so entwickelt, nach dem Motto „Flanieren, sehen und gesehen werden“. „Und wenn, sitzen die Leute bei uns lieber im Freien“, erklärt Zöllner.

Heilbronner Volksfest ohne Festzelt: Verständnis für die Entscheidung

Ähnlich sieht es Nico Weinmann als Vorsitzender von „Wir für Heilbronn“, dem Nachfolgeclub des Verkehrsvereins. „Gerade durch die zunehmende Sommerhitze hat sich in den letzten Jahren alles nach außen verlagert.“ Auch aus wirtschaftlichen Gründen sei die Entscheidung nachvollziehbar. „Ein großes Zelt erfordert auch immer einen großen wirtschaftlichen Aufwand.“

So voll wie hier nach dem Firmenlauf  im Jahre 2013 war das Göckelesmaier-Zelt auf der Heilbronner Theresienwiese zuletzt immer seltener. Nun soll es ganz verschwinden.
So voll wie hier nach dem Firmenlauf im Jahre 2013 war das Göckelesmaier-Zelt auf der Heilbronner Theresienwiese zuletzt immer seltener. Nun soll es ganz verschwinden.  Foto: Mugler, Dennis

Wichtig sei nun, dass der Volksfest-Flair erhalten bleibt. Auch Karl Müller vom Schausteller-Stammtisch Kischtleshocker zeigt Verständnis. „Das Zelt war bei Hitze gähnend leer, der Biergarten immer sehr gut besucht. Da muss man reagieren und kann einen Betrieb nicht sehendes Auges gegen die Wand fahren.“

Ex-Brauereichef übt Kritik: Bierzelt ist das Herz jedes Volksfestes

Anders denkt der aus Franken stammende Dr. Hans-Wilhelm Dietel. „Ich finde das nicht gut und kann es auch nicht verstehen“, meint der pensionierte Brauereidirektor, der Göckelesmaier früher über Jahre hinweg mit Cluss-Volksfestbier versorgte. „Ein Bierzelt ist das Zentrum und Herz eines jeden Volksfestes. Wenn es fehlt, fehlt dem ganzen Fest etwas."

Dass sich Maier bald ganz von Heilbronn verabschiedet, glaubt Dietel nicht. „Die Familie macht das jetzt seit der Nachkriegszeit. Da hängt viel Tradition dran, aber auch Mitverantwortung für die Schaustellerkollegen.“

Was wird wohl aus dem Narrentreffen und dem Champions-Day?

Fast aus allen Wolken gefallen ist Uwe Bindereif, der als Präsident der Carneval-Gesellschaft Heilbronn (CGH) seit Jahren regelmäßig alle Faschingsvereine der Region zum Narrentreffen ins Zelt lädt. „Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie das im Freien funktionieren soll, auch mit dem Champions-Day. Gibt es weiterhin eine Bühne,  Bands oder DJ-Musik? Eigentlich sollten die Einladungsbriefe jetzt raus. Aber nun muss ich mich erstmal mit Karl Maier in Verbindung setzen.“ 


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