Heilbronner Schüler erleben USA hautnah: RMG tauscht sich mit Partnerschule bei Chicago aus
Heilbronner Schüler des Robert-Mayer-Gymnasiums erleben bei einem Austausch in Evanston bei Chicago ein gespaltenes Amerika – und entdecken, wie wichtig persönlicher Austausch und Verständnis bleiben.

„Die Bürger von Evanston haben sich bei uns für ihre Administration entschuldigt“, sagt Manuel Karmrodt, Lehrer am Robert-Mayer-Gymnasium (RMG) in Heilbronn. Mit 21 Schülerinnen und Schüler zwischen 15 und 16 Jahren sind er und seine Kollegin Corinna Zehaczek zu einem Schüleraustausch in die Nähe von Chicago in die USA gereist. Trotz der polarisierenden politischen Lage, die durch die Trump-Regierung derzeit die Welt beschäftigt, haben sie dort Leute und Kultur kennengelernt.
Genau deshalb sei der Austausch enorm wichtig. „Es ist besonders aktuell. Wir wollen damit Vorurteile abbauen“, so Zehaczek. Ihr Kollege ergänzt: „Es sind Individueen, um die es geht, nicht die Regierung.“ Die Englischlehrer haben sich vor der Reise viele Gedanken gemacht. Wie sicher ist es, in die Staaten zu reisen, können sie das verantworten? Andererseits besteht dafür noch die Möglichkeit, „wer weiß, wie lange wir noch nach Amerika reisen dürfen“, so Karmrodt.
Schüleraustausch in die USA: Heilbronner Schüler erleben gespaltenes Land
Seit über 30 Jahren kooperiert das RMG mit dem German-American Partnership Programm (Deutsch-Amerikanisches Partnerschaftsprogramm, kurz GAPP). „Es ist ein richtiges Austauschprogramm, nicht nur ein Austausch, um nur an einer amerikanischen Schule zu sein“, erklärt Corinna Zehaczek. Stattdessen soll die Kultur kennengelernt werden. „Es sollen Vorurteile abgebaut werden.“ Alle zwei Jahre findet der Austausch statt. „Der Andrang war überraschend sehr hoch“, so Zehaczek. Eigentlich haben sie im Vorfeld vermutet, dass sich die Eltern Sorgen machen.
Dass sie den Austausch gemacht haben, liegt vor allem an der Region, in die sie gereist sind. „Chicago ist eine demokratische Gegend und sehr politisch engagiert“, sagt Zehaczek. Es gibt viele Banner, die sich gegen die Trump-Administration aussprechen. „Für die Menschen, die progressiv sind, ist die derzeitige Lage mit Scham behaftet“, so Karmrodt. Wie sich das Land nach außen präsentiere, sei für viele in der dortigen Region peinlich. „Wann immer wir auf eine amerikanische erwachsene Person getroffen sind, war diese sehr interessiert, hat sich entschuldigt und immer die Verbindung nach Deutschland gesucht“, so der Lehrer.

Polarisierend und aufgeladen: Politische Lager in den USA distanzieren sich immer mehr
Trotz der demokratischen Bubble, die sie in Evanston vorfinden, merken auch die Lehrkräfte, wie polarisiert und aufgeladen die Situation in den Staaten mittlerweile ist. Da gebe es beispielsweise zwei Baumärkte, bei denen die Besitzer entweder Demokraten oder Republikaner sind. „Dann wird nur noch dort eingekauft, wo die politische Einstellung dieselbe ist“, so Karmrodt.
Und in der Zeit, in der sie dort waren, waren die Agenten des Immigration and Customs Enforcement (die amerikanische Ausländerbehörde, kurz ICE) in Chicago unterwegs. „Wir haben uns dann zusammengesetzt und überlegt, ob wir nach Chicago reingehen“, so Karmrodt. Sie haben sich dann dafür entschieden und alles mit den Schülerinnen und Schülern kommuniziert. „Die Jugendlichen lernen so auch, dass es jetzt so ist. Es ist ein Stück weit die Realität“, sagt Zehaczek.
Damit wollten sie auch zeigen, dass nicht immer nur alles Spaß sei. „Wir wussten aber auch, dass sie nicht hinter jugendlichen Weißen her sind“, so der Englischlehrer. Auch unter dem Aspekt haben sie sich für die mögliche Konfrontation entschieden. „Es gab aber kein Zusammentreffen.“
Andere Lebensrealität: Heilbronner Schüler äußern Frust über politische Lage in den USA
In der Zeit haben die Lehrkräfte viel mit den Schülerinnen und Schülern gesprochen. Auch darüber, dass die Realität anders aussieht, als noch vor ein paar Jahren. „Sie waren immer aufmerksam, haben aber auch ihren Frust geäußert“, sagt der 35-Jährige. Dass es für sie nicht mehr so einfach ist, zu reisen, auch, dass ihre Generation nichts dafür kann, wie die Lage gerade ist.
Und trotzdem, die Jugendlichen hatten Spaß, wurden mit offenen Armen empfangen. „Am letzten Tag sind die Tränen immer besonders schlimm“, so Zehaczek. Für die Schülerinnen und Schüler sei es eine besondere Zeit, sie tauchen in andere Familienstrukturen ein, lernen einen anderen Alltag kennen. „Das fordert die Schüler heraus und sie kommen aus sich heraus“, erklärt Karmrodt. „The Land of the free sieht man auch in den Schülern. Sie dürfen dort mehr und sind unabhängiger“, ergänzt die 35-Jährige. Deshalb wollen die Lehrkräfte auch in zwei Jahren erneut den Austausch wagen.

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