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Schule mit Gym
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Eigenes Fitnessstudio: Das steckt hinter der Idee der Heinrich-von-Kleist-Realschule in Heilbronn

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Förderverein hat der Realschule in Heilbronn-Böckingen die Geräte finanziert, die Stadt den Raum umgebaut. Das Gym ist Teil eines großen Konzepts der Schule.

Fitnessstudio in der Kleist-Realschule: Sportlehrerin Daniela Langenberg hilft Liyan beim Bankdrücken.
Fitnessstudio in der Kleist-Realschule: Sportlehrerin Daniela Langenberg hilft Liyan beim Bankdrücken.  Foto: Berger, Mario

Hanteln, Rudermaschine, Beinpresse, viele Seilzüge: Jugendliche der Heinrich-von-Kleist-Realschule in Heilbronn können in einem Raum der Schule bald ordentlich ins Schwitzen kommen. Die letzten Vorbereitungen laufen, damit das neue Fitnessstudio im hintersten Eck der Sporthalle wöchentlich öffnen kann. Die Kinder werden eingewiesen, unter Aufsicht können sie dann trainieren.

Das Studio, so außergewöhnlich es ist, ist nur ein Baustein des umfassenden Sportprofils. „Es geht nicht um den Raum“, sagt Melanie Haußmann. „Er ist eingebettet in ein Ganzes“, so die Rektorin weiter.

Stuhllager mit Geschichte: Dort liegt Fitnessstudio der Realschule

Die Architekten der Sporthalle hatten Fitness im Sinn. Am Raum, der jetzt zum Fitnessstudio mit Geräten im Wert von mehreren zehntausend Euro ist, hängt noch ein ursprüngliches Hinweis gleich neben der Tür. Auf die Bezeichnung „Konditionsraum“ weist Melanie Haußmann. „Es gab ein paar Hanteln“, hat die Rektorin in Erfahrung gebracht. Allerdings verschwanden die irgendwann. Der Raum wurde über viele Jahre zum Stuhllager.

Die Schule aus Heilbronn-Böckingen hat ein Sportprofil, gerade im AG-Bereich tue sich vieles, sagt Melanie Haußmann. Hier liegen auch die Anfänge des neuen Fitnesstudios. Die Bildungsstätte kooperiert mit der TG Böckingen, Jugendliche der Fitness-AG gehen einmal wöchentlich zum Sportklub und trainieren. Daraus sollte mehr werden – wurde es auch.

Ohne den Förderverein gäbe es keine Geräte

Die Rektorin dankt ausdrücklich dem Förderverein, der in die Geräte investierte, die Stadt in den Umbau des Raums. Unter anderem musste eine zweite Tür eingebaut werden. Ohne den Förderverein wäre die Schule aufgeschmissen gewesen, sagt Melanie Haußmann. Für die Ausstattung eines Fitnessstudios hätte die Schule kein Geld gehabt.

Der Fitnessraum nimmt langsam Fahrt auf. Erst einmal werden die Jugendlichen dienstags eingewiesen. Wer weiß, wie an den Geräten trainiert wird, kann dann freitags kommen. Immer acht können gleichzeitig in den Raum, immer eine Aufsicht ist dabei. „Safety first“, sagt Melanie Haußmann. Die Sicherheit steht an oberster Stelle. „Beim Krafttraining kann man viel falsch machen“, weiß sie.

Andere Schulen gehen mit Studios anders um: Als Vorzeigeschule, die ohne festen Stundenplan auskommt, gilt die Alemannenschule in Wutöschingen an der Schweizer Grenze. An der Gemeinschaftsschule bekommen die Kinder sogar einen Schlüssel, um jederzeit trainieren zu können.

Im Fitnessstudio gilt Mindestalter

Der Fitnessraum ist längst nicht für alle Kinder der weiterführenden geöffnet. Die Kleinen dürfen nicht rein, erst ab Klasse acht kann man sich melden. „Das sind keine Spielgeräte“, sagt Sportlehrerin Daniela Langenberg, die mit ihrem Kollegen Julian Eberhardt die Pläne fürs schuleigene Gym entwickelt hat.

Die Kooperation mit dem Sportverein bleibt, das sagen die Verantwortlichen der Realschule. Sie sehen in dem Angebot zugleich einen Baustein für mehr Bildungsgerechtigkeit. Längst nicht alle Kinder und Jugendlichen haben die finanzielle Möglichkeit, sich den monatlichen Beitrag für ein freies Studio zu leisten. Abstriche bei der Ausstattung bedeutet das beim Schul-Gym nicht. „Es sind sehr gute Geräte“, sagt Daniela Langenberg.

Sicherheit steht ganz oben: So kommen Jugendliche an die Geräte

Den Platz hätten sie beim Einrichten gut ausgeschöpft, betont die Sportlehrerin. Manche Geräte können von mehreren Schülern gleichzeitig genutzt werden: So achtete die Schule beim Bestellen darauf, dass viele Seilzüge dabei sind – für viele Jugendliche gleichzeitig. Die Schüler erwarten die Eröffnung sehnsüchtig: „Wann können wir endlich rein?“, so die wiederkehrende Frage an Daniela Langenberg.

Die Regeln sind einfach: Wer eine Einweisung hat, darf theoretisch rein. Da nur acht gleichzeitig trainieren dürfen, müssen sie sich in eine Liste für den jeweiligen Öffnungstag eintragen. Ist die voll, geht an diesem Tag nichts mehr.

Lehrer engagieren sich in der Freizeit an der Realschule

Die Nachfrage ist gegeben, davon geht Rektorin Melanie Haußmann aus. Aber nur weil Schüler gern trainieren wollen, muss die Aufsicht gewährleistet sein. „Wir brauchen Kollegen, die aufpassen“, sagt sie. Das reine Stunden-Angebot der Kollegen reicht dafür nicht. Das Ressourcenproblem bleibe, schon jetzt würden Kollegen in ihrer Freizeit die Aufsicht im Studio übernehmen, dankt Melanie Haußmann ihnen. „Wenn wir sie nicht hätten, könnten wir es nicht anbieten.“

Erst einmal soll der Raum nur an einem Schultag öffnen, dann an weiteren. An den Nachmittagen muss es nicht bleiben. „Vielleicht öffnen wir ihn auch mal vor dem Unterricht“, überlegt die Rektorin.

Die Realschule hat ein ganzheitliches Sportprofil

Das Fitnessstudio ist außergewöhnlich, allerdings Teil des Sportprofils – das geht über reine Athletik hinaus. „Es ist ein Teil des Konzepts, wir schauen auch auf die Ernährung“, sagt Melanie Haußmann. Beispielsweise gebe es für die Fünft- und Sechstklässler spezielle Ernährungstage.

Gesundheit ist für Melanie Haußmann ein ganzheitlicher Ansatz. Schule ist mehr als Mathe und Deutsch, mehr als „Fakten lernen“. Ihr Ziel sind gesunde Kinder. „Wir brauchen unsere Körper, um leistungsfähig zu sein“, sagt Melanie Haußmann.

Zumba für Lehrer: Sie sind Vorbild

Lebenslanges Bewegen: Die Grundlagen dafür sollen auch an der Schule in Böckingen gelegt werden. Denn ohne einen gesunden Körper als Basis sei es nicht möglich, sich den anderen Fächern zuzuwenden, so die Rektorin. Auch für Lehrer würden entsprechende Angebote geschaffen. Dazu gehören Pilates, Yoga und Zumba: „Lehrer haben eine Vorbildfunktion“, sagt Melanie Haußmann.

Die Schule setzt beim Fitnessstudio auch auf junge Erwachsene, die ein freiwilliges soziales Jahr an der Schule leisten. Mit fürs Aufpassen zuständig sind Lotta Burk und Marie Anders. „Das finde ich schon krass, dass es ein Fitnessstudio gibt“, sagt Marie Anders, die in ihrer Schulzeit auch gern so ein Angebot gehabt hätte.

Zum Sportprofil gehört zudem die bewegte Pause, wenn sich die Kinder und Jugendliche Basket- und Fußbälle schnappen und spielen. Alle Jahrgänge seien aktiv, sagt FSJ-lerin Marie Anders. „Sie stehen sogar schlange, wenn ich die Bälle ausgebe.“ Worüber sich die Schulleiterin mit am meisten freut: Alt und Jung spielen sehr oft zusammen. Regelmäßig komme es vor, dass die jüngeren bei den größeren fragen, ob sie mit Basketball spielen können, sagt Marie Anders. Für die Großen ist das eine Selbstverständlichkeit. „Es entsteht Gemeinschaft, wenn die zusammen spielen.“


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