Fass ohne Boden oder Leuchtturm? – Heftige Debatte um Radweg durch Lerchenbergtunnel
Viele Heilbronner wünschen sich einen Rad- und Fußweg durch den stillgelegten Lerchenbergtunnel. Trotzdem ist das Projekt umstritten. Der Gemeinderat hat den Punkt nun wegen einiger offener Fragen vertagt. Dem ging eine heftige Diskussion voraus.

Im Gemeinderat löste die Tunnel-Frage eine kontroverse, aber differenzierte Debatte aus. Allen voran machte sich Ideengeber Wolf Theilacker (Grüne) für das „zukunftsweisende und auch touristisch reizvolle Mobilitätsprojekt mit Mehrwert“ stark. Selbst Verkehrsminister Winfried Hermann habe schon von einem „Vorzeigeprojekt mit Leuchtturm-Charakter“ gesprochen. Das realisierte Teilstück durchs Südbahnhof-Quartier, das die Stadt nichts gekostet habe, sei gut frequentiert und zeige, wie sinnvoll eine neue Radachse zwischen Süd- und Oststadt wäre.
Harald Pfeifer: Viele Bürger sind dafür
Der Zuspruch aus der Bevölkerung sei jetzt schon „überwältigend“, sagte Harald Pfeifer (SPD), der wie Theilacker auf einen städtischen Förderantrag beim Land drängte, „sonst ist das Geld weg“. Zudem forderten beide mehr Personal und effektivere Strukturen bei der Radwegplanung.
Einen Spagat wagte Alfred Dagenbach (Pro). Einerseits sprach er wortmächtig von einer „Ersatzreligion“ und meinte, „was früher der Mercedesstern mit eingebauter Vorfahrt war, ist heute das Fahrrad“. Andererseits forderte er, den Radweg durch ein „Kleinod“ nicht auf den Sankt Nimmerleinstag zu verschieben.
Liste mit offenen Fragen ist lang
Gegen den Tunnel und hinter die Prioritätenliste der Stadt stellte sich mit Vehemenz Susanne Schnepf (CDU). Schließlich gebe es bei Rad-Schnellwegen, Rad-Routen und bei kleineren Maßnahmen noch viel abzuarbeiten. Zudem: „Auch Fördergelder sind Steuergelder und dürfen nicht zum Fenster rausgeworfen werden.“
Im Übrigen sei die Förderquote von 90 Prozent nicht garantiert, wie das „Radhaus“ am Bahnhof zeige, wo sie von 80 auf 55 sank, wie Thomas Randecker (CDU) einwarf. Schließlich gebe es noch offene Fragen etwa zur notwendigen Rad- und Fußwegbreite, zu Grunderwerb, Überraschungen im Tunnel und im Untergrund, zur Unterhaltung bis hin zu Kostensteigerungen. Kurzum: Schnepf fürchtete ein „Fass ohne Boden, ein Millionengrab“, das zu Lasten anderer, tatsächlich notwendiger Vorhaben gehe.
Zwei Herzen schlagen in der Brust
„Wir sollten nicht Äpfel mit Birnen vergleichen“, mahnte Nico Weinmann (FDP). Er wünschte sich mehr Sachlichkeit, gab aber auch zu: „Bei mir schlagen tatsächlich zwei Herzen in einer Brust.“ Zum einen sehe er als Nachbar den Abenteuerspielplatz seiner Kindheit, eine grüne Lunge mit Mehrwert in Sachen Mobilität und Tourismus. Gleichzeitig erkenne er aber in dem Tunnel wie in einer Blackbox noch viele offene Fragen, die es aufzuarbeiten gelte: am besten schon bis zu den Haushaltsberatungen.
Herbert Burkhard: „Nice-to-have-Projekt“
Ähnlich Herbert Burkhard (FWV), der nicht einfach für ein „Nice-to-have-Projekt“ stimmen wollte, bevor die Hausaufgaben abgearbeitet seien. „Schließlich könnte man für zehn bis 15 Millionen Euro auch eine Schule bauen.“ Dass es zwischen Ost- und Südstadt schon gute Radwege gebe und anderswo wichtigere Aufgaben anstünden, meinte Marion Rathgeber-Roth (UfHN). Eindeutig hinter den Tunnel stellte sich Konrad Wanner (Linke), zumal „das Rad boomt“ und es gerade für Ärmere eine kostengünstige Alternative zu anderen Verkehrsmitteln sei.


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