Stimme+
Ehrenamtliche Richter
Lesezeichen setzen Merken

„Schlampige Amtsführung“: Heftige Kritik zu Schöffen-Vorschlägen in Heilbronn 

   | 
Lesezeit  2 Min
audioAnhören
Erfolgreich kopiert!

Der Gemeinderat sollte sich 21 Personen auswählen, die als Schöffen dem Verwaltungsgericht Stuttgart zur Wahl vorgeschlagen werden. Zum Ablauf gibt es heftige Vorwürfe in Richtung Verwaltung.


Externer Inhalt

Dieser externe Inhalt wird von einem Drittanbieter bereit gestellt. Aufgrund einer möglichen Datenübermittlung wird dieser Inhalt nicht dargestellt. Mehr Informationen finden Sie hierzu in der Datenschutzerklärung.

Die Vorschlagsliste zur Wahl ehrenamtlicher Richter am Verwaltungsgericht sollte es in sich haben, das zeichnete sich in der Sitzung des Gemeinderats schnell ab. Die AfD hatte dem Gremium wie die anderen Fraktionen auch Kandidaten präsentiert, und sie befürchtete Gegenwind.

Anstatt geheim über diese Personen abzustimmen, beantragte AfD-Fraktionssprecher Raphael Benner ein offenes Votum – „dann kenne ich die, die abgelehnt haben“. Die AfD-Vorschläge fielen zwar durch, erhielten allerdings mehr Stimmen, als es AfD-Stadträte gibt.

Entscheidung für ehrenamtliche Richter: Kritik im Heilbronner Gemeinderat

Dass Oberbürgermeister Harry Mergel über diesen Antrag tatsächlich abstimmen lassen wollte, konnte Malte Höch (Unabhängige für Heilbronn) nicht verstehen. Er verließ deshalb sogar aufgebracht das Ratsrund. Im Gespräch mit der Stimme warf er dem Oberbürgermeister vor, kein Rückgrat zu haben, sondern sich wie jetzt häufig hinter Abstimmungen zu verstecken.

Über den AfD-Antrag müsse man nicht abstimmen, so Malte Höch. Die Geschäftsordnung des Gemeinderats sei eindeutig: Für Wahlen sei ein geheimes Votum vorgesehen. Abgestimmt wurde dennoch, der AfD-Antrag fiel durch.

Ahnungslosigkeit und Ignoranz: Kritik von CDU-Stadtrat an Heilbronner Verwaltung

Noch deutlicher wurde Alexander Lobmüller. „Die Ahnungslosigkeit und Ignoranz, mit der die Sitzung bezüglich der Aufstellung der Schöffenliste geleitet wurde, tat schon fast weh“, so der CDU-Stadtrat gegenüber unserer Zeitung. „Schlampige Amtsführung“, „dilettantisches Vorgehen“: Derart verärgert hatte er schon in der Sitzung das Vorgehen der Verwaltung beschrieben, als sie die Wahlliste zusammengestellt hatte.

Alexander Lobmüller fehlten wichtige Details zu den vorgeschlagenen Personen. Sind sie überhaupt geeignet? Mit Name, Alter und Beruf habe das Rathaus das „absolute Minimum“ vorgelegt. Würde so abgestimmt, verlange man dem Gemeinderat Willkür ab. Der Gemeinderat habe Gestaltungsspielräume.

Oberbürgermeister Harry Mergel reagiert auf Kritik rund um Schöffenvorschläge

Oberbürgermeister Harry Mergel ließ das nicht gelten. Man könne als Verwaltung vorab keine Bewerbungsgespräche führen, sondern vertraue auf die Vorschläge der gewählten Vertreter, sagte er. Das Rathaus sei für die Kritik der falsche Adressat. Alexander Lobmüller möge sich ans Justizministerium oder das Verwaltungsgericht wenden, so Harry Mergel. 

Malte Höch unterstützte Lobmüllers Vorstoß. Zwar habe man in der Vergangenheit ähnlich zusammengestellte Listen zur Abstimmung erhalten, deshalb müsse man dies nicht beibehalten. „Wir hatten in der Vergangenheit andere politische Zusammensetzungen“, sagte Malte Höch. Heilbronn könne Vorreiter sein und etwas anstoßen, sagte er. Beispielsweise könne man ein polizeiliches Führungszeugnis verlangen.

In einer Demokratie sollten alle Bürger dieselben Chancen bei der Besetzung von Ämtern haben, erwiderte Alfred Dagenbach, der als Pro-Heilbronn-Stadtrat eine Zählgemeinschaft mit der AfD hat. Urteile würden „Im Namen des Volkes“ gesprochen und nicht „Im Namen einer Weltanschauung“.

Man werde die „qualifizierten Vorschläge der demokratischen Fraktionen“ unterstützen, kündigte unterdessen Grünen-Fraktionschef Holger Kimmerle an. AfD-Vorschläge lehne man ab, die Partei stehe nicht auf Basis der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, sagte er. „Wir sind demokratisch gewählt“, konterte Raphael Benner. In Richtung Kimmerle sagte Benner: Dieser ignoriere ein Willkürverbot.

Ehrenamtliche Richter: Kein AfD-Vorschlag schafft erforderliche Mehrheit

Alle Vorschläge der AfD erreichten in der Abstimmung nicht die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit. Benner kündigte darauf hin an, dass man die Wahl juristisch prüfen lassen werde. Das Ergebnis zeigte: Die AfD-Vorschläge bekamen mehr Stimmen als es AfD- und Pro-Heilbronn-Stadträte gibt. Man habe also nicht grundsätzlich gegen die AfD gestimmt, sondern die Personen geprüft, ist aus Reihen des Gremiums zu hören.

Heilbronn hätte 17 Vorschläge machen können, nur zwölf wurden es fürs Verwaltungsgericht in Stuttgart. Malte Höch regte deshalb an, dem Gemeinderat beim nächsten Mal eine längere Liste zur Auswahl vorzulegen. Oberbürgermeister Harry Mergel sieht dafür keine Notwendigkeit. Die Wahl habe gezeigt, dass nicht willkürlich abgestimmt worden sei. Er bezeichnete sie als einen „hochdemokratischen Akt“.

Das Verwaltungsgericht wählt die ehrenamtlichen Richter, von Heilbronn kommen Vorschläge. Die Vorschlagsliste, über die der Gemeinderat abstimmte, umfasste 21 Personen: Von CDU und AfD kamen dafür jeweils vier Personen, SPD und Grüne schlugen je fünf vor. FWV, UfHN und der DGB reichten jeweils einen Vorschlag ein. Mit der erforderlichen Mehrheit wurden vom Gemeinderat zwölf Personen gewählt, die dem Gericht als Vorschläge zugehen: Gewählt wurden alle vier Vorschläge der CDU, vier Personen der Grünen, und zwei der SPD erreichten ebenfalls das Quorum. Auch FWV und der DGB waren mit ihren Vorschlägen erfolgreich.


Kommentar hinzufügen

Kommentare

Neueste zuerst | Älteste zuerst | Beste Bewertung
Keine Kommentare gefunden
  Nach oben