„Manche hatten Tränen in den Augen“: Dönerladen im Wollhaus schließt nach 16 Jahren
Mitarbeiter von Behörden, Banken und von der Heilbronner Stimme gehörten zu den Stammkunden des „Wollhaus-Kebap“. Johann Behnam und seine Frau Sitti wollen jetzt kürzertreten – und erinnern sich zurück.
Die vergangene Woche war Johann Behnam wie in Trance, beschreibt er. Was ist noch zu organisieren? Wem muss er Bescheid geben? Wie wird der letzte Tag sein? Vergangenen Samstag schob der 57-Jährige das letzte Mal das Rolltor seines Kebab-Stube im Wollhaus in Heilbronn nach oben und begrüßte seine Gäste.
Viele von ihnen sind Stammgäste geworden. „Sie waren fast wie meine Familie.“ Am Samstag sind sie gekommen, um Adieu zu sagen. „Manche hatten Tränen in den Augen“, sagt Sitti Behnam (54), die Frau von Johann, die mit ihm den beliebten Imbiss führte. Bis 21 Uhr seien sie dagewesen und hätten ein wenig gefeiert.

„Wollhaus-Kebap“ seit Juni geschlossen: Viel Stammkunden aus umliegenden Firmen
„Es war wie mein zweites Zuhause“, sagt Johann Behnam. Obwohl er den Zeitpunkt selbst gewählt hat, sei er traurig. „Es ist schlimm. Aber irgendwann ist auch Schluss.“ Die ersten gesundheitlichen Beschwerden machten sich bemerkbar. Der Stress. Das Rolltor habe er am Montag bewusst nicht nach oben geschoben. Die Konfrontation mit enttäuschten Gästen hätte er nur schwer ertragen können.
Immer wieder kommen Kunden vorbei, schauen ungläubig auf das geschlossene Rolltor und lesen auf einem Zettel, dass seit 1. Juni geschlossen ist. „Ihre Unterstützung hat meine Arbeit zu etwas ganz Besonderem gemacht“, ist darauf zu lesen.
Kein Döner bei „Wollhaus-Kebap“ mehr: Imbiss seit Juni geschlossen
Im Frühjahr 2009 startete das Ehepaar Behnam im Wollhaus. Tochter Katharina unterstützte sie. Ein echter Familienbetrieb. Zuvor hatten sie zehn Jahre einen Kebab-Imbiss in der Klarastraße in Heilbronn. Damals habe er 13, 14 Stunden pro Tag gearbeitet, sieben Tage die Woche, keinen Urlaub. Die geregelten Öffnungszeiten im Wollhaus seien eine große Erleichterung gewesen. Doch auch dort gönnen sich die Behnams wenig Freizeit. „Mal zehn Tage oder zwei Wochen Urlaub. Mehr nicht“, sagt Johann Behnam. Für Hobbys war wenig Zeit. „Das hier war mein Hobby.“

Er sei gerne für seine Gäste dagewesen. Viele von der Kreissparkasse, von den beiden Heilbronner Gerichten oder von der Heilbronner Stimme seien zu Stammgästen geworden. „Bei vielen wusste ich schon, was sie bestellen werden.“ Das Speiseangebot reichte von Döner über Pizzen bis hin zu Pide. „Kebab wurde am meisten gegessen“, sagt Johann Behnam. Den gab es bei ihm noch für sechs Euro.
Döner, Pizza, Pide: Kebap-Imbiss im Wollhaus schließt nach vielen Jahren
Aufzuhören sei „ein sehr großer Schritt gewesen, der uns sehr, sehr schwergefallen ist“, sagt Sitti Behnam. Um die Stammgäste tue es ihr am meisten leid. „Die haben wir richtig liebgewonnen.“ Sie seien gerne für ihre Gäste dagewesen, erklärt sie. Unvergessen bleibt der Besuch eines aramäischen Bischofs nebst Fahrer, die bei Behnams, die selbst Aramäer sind, einkehrten.
Oder die C-Jugend der TSG Hoffenheim. „Für die gab es gratis Döner“, sagt Johann Behnam und lacht. Erinnerungen aus 16 Jahren im Wollhaus. Fassen kann er es noch nicht, dass jetzt Schluss sein soll. Vergangenen Montag war sein erster freier Tag. „Ich bin trotzdem um 7 Uhr aufgestanden.“

