Der Heilbronner Prälat Ralf Albrecht über die Aktualität von Ostern
Der Heilbronner Prälat Albrecht hebt die Aktualität von Ostern hervor, spannt einen Bogen über brennende Fragen der Zeit – bis in die KI-Stadt Heilbronn. Und: Er pflegt die Tradition des Osterlachens.

Ostern ist das Fest des Lebens und der Freude. Doch die Welt steckt derzeit tief im Karfreitagsmodus. Umso wichtiger sei die christliche Frohbotschaft, betont Ralf Albrecht. Der Heilbronner Prälat hebt im Stimme-Interview deren Aktualität hervor und spannt einen weiten Bogen von der großen Weltpolitik über brennende Fragen der Zeit – bis in die KI-Stadt Heilbronn. Nicht zu vergessen: Ostereier und ein Witz fürs „Osterlachen“.
Krisen, Kriege, Katastrophen. Kann man da noch fröhlich Ostern feiern und Halleluja singen?
Ralf Albrecht: Aber ja! Leben besiegt Tod, Licht besiegt Dunkel. Liebe besiegt Hass. Ich kenne keine fröhlichere Botschaft. Diese Welt braucht sie lebensnotwendig. Schon damals war sie nicht offensichtlich zu greifen – und hat Herzen, Menschen und die Welt verändert. Heute genau so.
Ostern ist – oder war? – auch das Fest der Friedensmärsche, gerade in Heilbronn hieß es früher „Frieden schaffen ohne Waffen“ und „Schwerter zu Pflugscharen“? Ist die christliche Friedensethik seit Putins Angriffskrieg und der Rüstungsdebatte überholt?
Albrecht: Ostern bringt zunächst einen viel umfassenderen Frieden. Jesus tritt ein und spricht zu: „Friede sei mit Euch“. Den schaffen wir nicht – nicht mit und nicht ohne Waffen, sondern von dem leben wir, mitten in den Gebrochenheiten dieser Welt. Und dann wird es weiter viele verschiedene Meinungen geben, wie wir in unserer Welt zum Frieden kommen. Dazu gehörte bei einigen auch schon immer die Haltung, dass ein Recht auf Verteidigung im erlittenen Angriffskrieg dazu gehört. Das macht die Verdienste derer, die in Heilbronn zur Zeit der Waldheide für das gekämpft haben, was wir dort oben jetzt als Heidepark genießen, nicht ungeschehen. So kompliziert ist diese Welt.
Was sagen Sie zu Trump, der nicht nur die Ukraine, sondern ganz Europa im Stich lässt, ja, sogar fast täglich mit Häme überschüttet – und die halbe Welt durcheinanderbringt?
Albrecht: Mich interessiert zu Ostern vor allem das Phänomen, für das Trumpismus steht. Unser Glaubensbekenntnis spricht von: Gelitten unter Pontius Pilatus. Mächtige dieser Welt schaffen es nicht, fürsorglich, friedliebend, freundlich und fair Politik zu gestalten. Und Ostern? Wird trotzdem! Weil Gott als Freund des Lebens diesem immer neu zum Durchbruch verhilft. Und dem sind wir verpflichtet. Gott hat das neue ewige Leben geschaffen. Also: Make Life and Love great again!
Ausgerechnet im „Heiligen Land“ herrscht Unfriede – auf den oft mit Antisemitismus reagiert wird, gerade auch bei Muslimen in unserem Land. Wie denken Sie vor diesem Hintergrund über den geplanten Moschee-Neubau am Stadttheater?
Albrecht: Jede Form von Antisemitismus ist ein Verrat an den Wurzeln der Osterbotschaft. Jesus war Jude. Punkt. Und dieses Oster-Heil kommt von den Juden. Die Diskussion um alle religiösen Bauten sollte nur eins nicht tun: nun wieder Hass und Misstrauen zu säen, sondern an jeder Stelle für Respekt, Miteinander und unsere Werte eintreten. Dann wird auch die Neubau-Diskussion ein gutes Ziel finden.
Bei manchen Bürgern weckt dies Ängste, ebenso wie die Migrations- oder Flüchtlingspolitik, was letztlich auch dazu führt, dass rechte Parteien einen Zulauf haben wie seit 1933 nicht mehr.
Albrecht: Ich problematisiere hier zweierlei. Zum einen, dass Brandstifter Ängste der Menschen nutzen, um alles zu eskalieren und den Untergang unseres Rechtsstaates herbeizureden und damit zu wünschen. Seit Jesus auferstanden ist, verfällt diese Welt nicht dem Chaos, sondern lebt von der Hoffnung besserer Zeiten. Er beauftragt uns, die Not der Menschen zu lindern und die Fremden anzunehmen. Das ist ein völlig anderer Zugang. Und ein zweites: „rechte Parteien“, diese Klassifizierung finde ich undifferenziert. In unserem demokratischen Spektrum gab es immer links und rechts. Was gar nicht geht, ist Extremismus, und gerade da hat der gesicherte Rechtsextremismus einen unbegreiflichen und nicht zu tolerierenden Zulauf.
Darf man als Christ die AfD wählen?
Albrecht: Ich finde diese Frage schwierig. Denn was wir an Parteien beurteilen, ist nicht ihr Name, ihr „Dass“ sie da sind, sondern Positionen, die wir nicht teilen als Menschen, die Ostern glauben. Jesus hat keine zwei Klassen von Menschen eingeteilt – Willkommene und Minderwertige. Jesus hat seine Feinde geliebt, den Ärmsten beigestanden und ihnen das Evangelium verkündigt und vorgelebt. Dafür stehen wir ein: für die Würde jedes Menschen vor Gott, für Nächstenliebe, für Integration. Keine Verachtung, keine rassistische, antisemitische, völkische Ideologie. Es braucht im Umgang mit Positionen von Parteien diesen inneren Maßstab.
Höchste Zeit, dass wir die Kurve kriegen. Schließlich ist Ostern das Fest des Lebens, der Freude, des Aufbruchs. Heilbronn bewegt sich zwischen beidem: die Innenstadt blutet aus, hat Sicherheitsprobleme. Bildung und KI blühen. Haben Sie eine Idee, wie die City belebt werden könnte?
Albrecht: Was für eine Frage! Ich bleib zunächst ganz bei meinen Leisten: Ostern heißt: Jesus lebt! Wie können wir dann das kirchliche Leben in der Innenstadt verlebendigen? Mit modernen Verkündigungsformen, mit unserer großartigen Kirchenmusik, Jugendkirche, mit dem tätigen diakonischen Handeln, mit attraktiven Formen überzeugt gelebten Glaubens, mit Kitas und Religionsunterricht, Konfirmationszeit, Seelsorge, Bildungsangeboten, ökumenische Zusammenarbeit. Das ist mein Thema. Und weil sie schon nach der Innenstadtbelebung fragen: Aufenthaltsqualität, Mobilitätssteuerung, grüne Urbanität, stärkere Anbindung der rasanten genialen Entwicklungen rund um Bildungs- campus und Ipai an die Innenstadt, Neckaruferbelebung wie auf dem Buga-Gelände. Und um beides zusammen zu binden: Ich freue mich auf den Tag, an dem der Satz fällt: „Kilianskirche und Experimenta sind die beiden Gebäude in Heilbronn, die beide miteinander für Tradition und Innovation stehen“. Das wird zum Beispiel dann sein, wenn unsere Kiliansorgeln ganz und hochmodern saniert und erweitert sein werden. Eine mega Aufgabe, ein wunderbares Ziel.
Was halten Sie eigentlich von Künstlicher Intelligenz, ist das auch was für die Kirche, eine Art KI-Kirche vielleicht, als Predigtproduzent, wenn der Pfarrer überlastet ist oder es bald zu wenige gibt?
Albrecht: KI gehört zur Kirche, weil Jesus mit Ostern seine Leute in die Welt gesandt hat, um das Evangelium überall hinzubringen. Die Kirche wird nicht KI-Kirche werden, sondern Kirche, die KI als Gabe Gottes einsetzt und sich in den Gesamtdialog einbringt, wie wir alle miteinander KI verantwortlich, mutig, hilfreich und den Menschen zugut einsetzen. Mit einem Studientag „KI und Kirche“ auf dem Bildungscampus haben wir da einen wichtigen Akzent gesetzt. Und bringen uns weiter, auch gerne ich persönlich, aktiv ein.
Zurück zu Eiern, Hasen, Lämmern. Ist das nur Kommerz? Oder gehen Sie selber womöglich auch Osternester suchen – verstecken Sie gar welche?
Albrecht: Nestchen suchen hat bei uns Tradition, weil ja an Ostern die Auferstehung auch nicht als Weltereignis alle bestürmt hat, sondern ganz verborgen mit leerem Grab und Engeln zuerst ein paar Frauen erreichte. Und dann nach und nach entdeckt wurde: Jesus lebt. Ich verstecke für den innersten Familienzirkel. Und, das geb ich zu, aufgrund der Hektik bei uns Pfarrleuten am Ostermorgen hab ich ab und zu das Verstecken auch schon vergessen. Aber wenn versteckt: Gefunden wurde immer alles. So: Sucht, entdeckt und findet die Osterfreude, liebe Leute.
Und nun noch meine Lieblingsfrage: Lassen Sie uns die fast vergessene Tradition des Osterlachens beleben. Kennen Sie einen passenden Witz?
Albrecht: Den werd ich am Ostersonntag erzählen, aber hier nicht spoilern. Diesmal übrigens in Gaildorf, aber auch online auf Instagram und Facebook. Doch damit niemand leer ausgeht, nochmal der von 2024, als Ostermontag auf den 1. April fiel. Der hat mir gefallen, kurz und knapp: „Jesus ist nicht auferstanden – April, April!“

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