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Verein für Genealogie Heilbronn: Das sind die ersten Schritte für den eigenen Stammbaum 

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Gibt es in der Verwandtschaft Adelige, Prominente oder reiche Vorfahren? Der Verein für Genealogie in Heilbronn geht diesen Fragen nach und forscht in den eigenen Stammbäumen. Ein Selbstversuch.

Heiratsurkunden sind wichtige Dokumente, die verschiedenste Daten für den eigenen Stammbaum beherbergen.
Heiratsurkunden sind wichtige Dokumente, die verschiedenste Daten für den eigenen Stammbaum beherbergen.  Foto: Anna-Linda Hahn

Die Tasche wiegt schwer auf der Schulter. Vollgepackt mit Aufzeichnungen von der Familie geht es in die untere Etage des Gewerkschaftshauses in der Gartenstraße, eine Steintreppe hinunter, noch um eine Ecke, dann ist es geschafft. Axel Koster hat schon den Arbeitsplatz vorbereitet, an dem die Familiendokumente ausgewertet und in ein Programm für Ahnenforschung eingetragen werden. An den Wänden sind Regale aufgereiht, Bücher voller Namen bereits verstorbener Menschen stehen dort. Der wahre Schatz befindet sich allerdings in den Computern der Anwesenden.  

„Der Anfang ist am schwersten“ – Verein für Genealogie forscht zu Stammbäumen

Der Verein für Genealogie in Nordwürttemberg beschäftigt sich mit Ahnenforschung. 2001 haben die Mitglieder den Verein gegründet. Ungefähr 90 Mitglieder im Altersdurchschnitt von 66 Jahren forschen zusammen an den eigenen Stammbäumen oder helfen fremden Personen, Verwandte zu finden. So auch dieses Mal. „Der Anfang ist am schwersten“, sagt Axel Koster, Vorsitzender des Vereins. Deshalb ist es gut, wenn man selbst Dokumente daheim hat und diese auch durchgeht und schon ordnet. 

Etwas beängstigend ist er schon, der leere Stammbaum auf dem Computerbildschirm. Bevor es mit dem eigenen Eintrag losgeht, muss entschieden werden, welche Daten gesammelt und eingetragen werden sollen. Geburts- und Todestage sind wichtig. Auch, wann die Vorfahren getauft wurden, hilft bei der Suche nach Verwandtschaftszweigen. Der Geburts- und Wohnort ebenso. Aber es gibt noch deutlich mehr Eintragungen, die auf den ersten Blick nicht ganz so wichtig erscheinen, wie beispielsweise Beruf, Todesursache oder besondere Auszeichnungen. 

Kirchenbücher sind wichtige Quellen – Aufzeichnungen schon seit 16. Jahrhundert

Wichtige Quellen sind neben den eigenen familiären Aufzeichnungen Kirchenbücher. „Deutschland ist für Ahnenforscher ein Paradies, weil hier schon früh Aufzeichnungen gemacht wurden“, sagt Axel Koster. Bereits ab dem 16. Jahrhundert haben Pfarrer Buch darüber geführt, wer getauft wurde, wann Kinder geboren wurden. Dabei sind allerdings auch die meisten Fehler entstanden. „Es sind die schwierigsten Rätsel, wenn der Pfarrer den Namen falsch versteht“, sagt Gerhard Knoll, stellvertretender Vorsitzender. Meistens versucht man dann, weitere Dokumente zu finden, die den richtigen Namen aufweisen. Auch eine unleserliche Handschrift stellt die Ahnenforscher des Öfteren vor Herausforderungen.

„Ahnenforschung lebt von der Offenheit“, erzählt Axel Koster. Der Austausch untereinander, aber auch zu fremden Genealogen, ist essentiell. Da alte Dokumente die wichtigste und oft auch einzige Quelle der Forschenden ist, ist es wichtig, dass diese auch frei zugänglich sind. „Die Mormonen sind da ganz vorne mit dabei“, so Koster. Aufgrund der Glaubenseinstellung ist ihnen wichtig, Verwandtschaftsverhältnisse zu klären. Deshalb haben sie schon früh die Aufzeichnungen digitalisiert und in einer Datenbank gesammelt. Auch evangelische und katholische Kirchenbücher sind mittlerweile größtenteils digital einsehbar.

„Kannst du mal schauen, ob du etwas zu einem Cäsar Richard Kurt Höfner findest?“, fragt Axel Koster seinen Vereinskollegen. Kurz ist nur das Tippen auf der Computertastatur zu hören. „Höfner, geboren am 2. März 1880 in Altenfeld, Thüringen?“, hakt Gerhard Knoll nach. „Genau der“, bestätigt Koster. Daraufhin verliest Knoll eine ganze Reihe an Vorfahren, die er in einer der Datenbanken gefunden hat. Der Stammbaum verästelt sich immer weiter. Mit Namen, die weit über die eigenen Familienaufzeichnungen hinausgehen. Trotzdem kratzen die Äste erst an der Oberfläche. 

Ein Ahnenblatt oder eine Ahnentafel war zur Zeit des Zweiten Weltkriegs ein Pflichtnachweis, um die Herkunft zu bestätigen.
Ein Ahnenblatt oder eine Ahnentafel war zur Zeit des Zweiten Weltkriegs ein Pflichtnachweis, um die Herkunft zu bestätigen.  Foto: Anna-Linda Hahn

Mitglieder treffen sich zum Stammtisch – Austausch und Unterstützung wichtig

Einmal im Monat treffen sich die Mitglieder zum Stammtisch, dort tauschen sie sich aus, sprechen über schwierige Suchen. Bei teilweise 250.000 Personen im eigenen Stammbaum gibt es immer wieder Übereinstimmungen. So kommen dann Verwandtschaftsverhältnisse untereinander wie „die Ururururenkelcousine der Ehefrau des Halbcousins ersten Grades des Ehemanns der Ururgroßtante der Ehefrau“ zu Tage.

Um auf einen Stammbaum dieser Größe zu kommen, greifen die Ahnenforscher auf öffentliche Datenbanken zurück. Ancestry aus den USA ist eine davon. In Amerika ist die Suche nach Vorfahren und der eigenen Herkunft sehr aktiv. Das größte Problem hierbei sind die falschen Übersetzungen der Dokumente. „Für einen Schwaben ist klar, welche Städte und Dörfer gemeint sind, wenn ein Pfarrer sie im Dialekt aufgeschrieben hat. Ein Amerikaner kennt das ja aber nicht“, sagt Gerhard Knoll. 

Stammbäume werden nie fertig – es gibt immer weitere Verwandte

Für die Forscher heißt es nicht nur, Dokumente zu sichten, sondern diese auch auszuwerten. Vor allem alte Begriffe, die es heutzutage nicht mehr gibt, tauchen in den Aufzeichnungen immer wieder auf. „Steckfluss oder Schlagfluss war zum Beispiel ein Schlaganfall“, sagt Koster. Auch Datumseinträge sind mitunter schwer zu deuten. Steht beispielsweise „9br“ als Monat in der Geburtsurkunde, ist damit nicht der September, sondern der November gemeint. Das alles haben die Forscher im Hinterkopf, wenn sie Dokumente sichten.

Die mitgebrachten Dokumente sind ausgewertet, alle Vorfahren eingetragen. Der Grundstein ist somit gelegt. Axel Koster speichert den Stammbaum der Familie Hahn ab und klappt seinen Laptop zu. Jetzt beginnt der schwierigere Teil – Familienmitglieder in öffentlichen Dokumenten und anderen Stammbäumen suchen. „Man wird nie fertig, seinen eigenen Stammbaum zu erstellen.“ Mit den Dokumenten geht es wieder die Treppe hinauf. Die Tasche über der Schulter wiegt nicht mehr ganz so schwer.




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