Werden die Pendler aus Leingarten abgehängt?
Zwischen Heilbronn und Karlsruhe soll ab 2022 ein Regionalexpress verkehren - die Fahrzeit dürfte sich dadurch deutlich verkürzen. Eigentlich ist das eine gute Nachricht. Doch in und um Leingarten wundert man sich über die Haltepunkte des neuen RE.

Wenn der neue Schienen-Express - ab 2022 im Stundentakt geplant - die Fahrzeit zwischen Heilbronn und Karlsruhe auf 70 Minuten deutlich verkürzen soll, ist das einerseits eine klare Verbesserung. Im Detail aber gibt es auch kritische Aspekte.
Weil zum Beispiel in Leingarten - mit rund 12.000 Einwohnern eine der größten Pendlergemeinden an der S 4 im Westen der Region - der neue Regionalexpress nur noch durchrauschen soll.
In Leingarten rätselt man, warum die Einwohnergröße nicht als Kriterium gilt
Bisher hält in Leingarten einmal die Stunde der Eilzug. Künftig soll es dort keine Schnellverbindung mehr geben. Was gerade in der Hauptverkehrszeit am Morgen, wenn sich viele Schüler und Pendler in bereits proppenvolle Stadtbahnen drängen und teilweise wegen Überfüllung nicht mehr mitkommen, zu einem größeren Fahrgaststau führen könnte.
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Im ähnlich großen Schwaigern hält der Regionalexpress am Bahnhof - und im Ortsteil Schwaigern-Stetten mit rund 2000 Einwohnern. Warum Einwohnergrößen nicht als klares Kriterium berücksichtigt werden, fragen sich viele Leingartener.
Rathauschef: Nahverkehrsangebot darf sich nicht verschlechtern
Für Leingartens Bürgermeister Ralf Steinbrenner wäre ein Abkoppeln der Gemeinde vom neuen Regionalexpress "ein Schildbürgerstreich ersten Ranges". Es dürfe keine Verschlechterung des Nahverkehrsangebots geben. Die Auswahl der Haltepunkte versteht der Rathauschef nicht - zumal in Leingarten "en bloc" 12.000 Einwohner lebten. Und auch per Bus angebundene Stadtbahnpendler aus Massenbach oder Massenbachhausen hätten das Nachsehen.
Warum hängt das Land mehr als 12.000 Einwohner als Fahrgastpotenzial ab? Das Verkehrsministerium verweist auf die gewollte Verkürzung der Fahrzeit. Der Zug soll in Karlsruhe Anschlüsse an ICE-Knoten erreichen, in Heilbronn die Anschlüsse nach Stuttgart und Würzburg. Dort, wo ein zeitnahes Ersatzangebot im Stadtbahnverkehr besteht, werde nicht mehr gehalten.
Verkehrsministerium verweist auf geplanten 15-Minuten-Takt in Hauptzeiten
Was aber ist morgens mit den vielen Schülern, wenn ein Zug wegfällt? Pendler müssten dann umdisponieren, eine andere Bahn nehmen, das Gedränge würde wohl noch größer. Von einem künftigen 15-Minuten-Takt (vier Züge pro Stunde) zwischen Schwaigern und Heilbronn in der Hauptverkehrszeit am Morgen und Nachmittag sprach Ministeriumssprecherin Julia Pieper zunächst. Zudem würden Kapazitäten bei den Stadtbahnwagen frei, da die Regionalexpresslinie mit neuen Fahrzeugen ausgestattet werde.
Der Haken: In der neuralgischen Stunde zwischen 7 und 8 Uhr gab es bisher in Leingarten indes sechs Stadtbahnen, um alle Schüler und Pendler befördern zu können. Jetzt eine deutliche Kürzung? Sprecher Edgar Neumann ergänzt, dass der 15-Minuten-Takt in der Hauptverkehrszeit morgens durch zusätzliche Fahrten ergänzt werde. Man sei bei einzelnen Fahrlagen in Abstimmung mit dem Landkreis.
Bis zur Inbetriebnahme 2022 werde zudem die Nachfrageentwicklung weiter genau beobachtet, "um auf Veränderungen reagieren zu können".