Zeitreise ins Mittelalter: Zunftmarkt lockt Besucher nach Bad Wimpfen
Kunsthandwerker wie Schmied, Glasbläser oder Steinmetz gewähren in der Kulisse der Kaiserpfalz Einblicke in ihre Arbeit. Beim Zunftmarkt in Bad Wimpfen ist eine Zeitreise ins Mittelalter möglich.

Warum ein Buch im Mittelalter so teuer war, wird schnell deutlich, wenn man Bernhard Gabert auf dem Zunftmarkt in Bad Wimpfen zuschaut. Auf einem Amboss bearbeitet der Buchrestaurator und Klausurmacher aus Schöntal-Berlichingen mit Punzierhammer und verschiedenen Punziereisen eine Schließe – nur einer von vielen Arbeitsschritten der Buchproduktion zu früheren Zeiten.
Besucher Ulrich aus Kronberg im Taunus zeigt sich begeistert von der historischen Buchbinderwerkstatt beim Blauen Turm. „Dass man so entspannt mit den Fachleuten ins Gespräch kommen kann“, gefällt ihm besonders.
Zunftmarkt in Bad Wimpfen: Besucher erhalten Einblicke in mittelalterliches Kunsthandwerk
Das bunte Treiben im Burgviertel lockt zahlreiche Besucher an zwei Tagen nach Bad Wimpfen. Kunsthandwerker wie Schmied, Glasbläser, Seifenmacher oder Steinmetz gewähren in der Kulisse der Kaiserpfalz Einblicke in ihre Arbeit. Dazu gibt es Musik von Triskilian und Knud Seckel, Gaukelei von Zauber-Fritze und dem Theater Knuth, Tanz von der Gruppe Tanzschuh sowie Schaukämpfe und Lagerleben am Roten Turm durch die Stauferwache, die Keilerey und Opus Manuum.
Die Zeitreise ins Mittelalter fasziniert Besucherin Irene Neff aus Australien, die mit ihrer Cousine Kerstin Salzmann aus Obereisesheim auf den Zunftmarkt in Bad Wimpfen gekommen ist. „Solche Feste gibt es bei uns nicht“, sagt sie. Zumal nicht in diesem Ambiente. „Es ist interessant, dem Töpfer und der Spinnerin zuzuschauen.“
An der Mechanik des Spinnrads und dem fingerfertigen Handwerk, das Antje Lahne aus Oberfranken mit Wolle von Shetlandschafen vorführt, sind auch Andreas und Miriam Schmidt-Prange interessiert. Der Bietigheimer erkundigt sich nach Lauflänge und Fadenstärke. Kaum zu glauben, dass bereits um die 600 Meter Wolle auf die Spindel gedreht sind.
Zeitreise ins Mittelalter: Zunftmarkt lockt Besucher nach Bad Wimpfen
Viele Besucher kommen gewandet. Etwa Spielmann Frank, der eigentlich Frank Epple heißt und Stadtführer in Waldenbuch ist, samt Ehefrau Carola. Das Ehepaar hat bereits den Einzug mit Trommelschlägen, Stauferwache und Zeremonie durch Marktvögtin Anke Golder miterlebt. In der Zunderwerkstatt von Bruno Helmle aus Ellwangen hat er selbst Feuer machen dürfen.
Als passionierter Ritter ist Maximilian Reinhardt aus Bad Wimpfen unterwegs. Schwert, Trinkhorn und Schild hatte er schon. Beim diesjährigen Besuch wird er mit Helm, Harnisch und Kette in Streitaxtform ausgestattet. Was dem Achtjährigen am Ritterdasein gefällt: „Dass sie mit den Fingern essen und kämpfen durften.“ Sein Bruder Fabian (5) hat mit einem hölzernen Wollschaf einen Nebenerwerbszweig als Hirte entdeckt. Seit zehn Jahren besuchen ihre Eltern den Zunftmarkt. „Eine tolle Möglichkeit, in alte Zeiten einzutauchen und altes Handwerk zu sehen“, sagt Stefanie Reinhardt.
Am Roten Turm durfte Maximilian ein Kettenhemd anziehen. „Am Anfang war es schwer. Aber nach ein paar Minuten ging es.“ „Echt schwer“, finden auch Ronja im Räubertochterkostüm (8) und Fee Adea (5), als Jonas Prach sie die Kettenhemden halten lässt. Mit Merle (1) sowie ihren Eltern Corinna und Lars Schulz aus Stetten erkunden sie die Ritterwelt.
Buntes Angebot beim Zunftmarkt in Bad Wimpfen
Eine Kratzbürste ersteht Wilfried Mallmann aus Limburg an der Laan bei Pinselmacher Eduard Seidel vom Kaiserstuhl. Er wählt mittelharte Borsten, ohne brieflich ausgestellte Leidensgarantie. Mit Partnerin Christine Rieht und vielen weiteren Gästen ist er mit zwei Bussen einer Seniorentour nach Bad Wimpfen gekommen und genießt die schöne Abwechslung.
Sigrun aus München, auf Familienbesuch in Hohenlohe, hat sich spontan ihrem als Waldmönch gewandeten Bruder aus Eichtal angeschlossen. Während der Staufer Engelhard Herr von Weinsberg alias Herbert Blumberg vom Zunftmarktverein über eine Bürste für die Busenmassage staunt, darf es für sie eine Nagelbürste sein.
Handwerker Eduard Seidel betont die gute Zusammenarbeit. „Die Buchbinderin vom Nachbarstand kauft bei mir Pinsel zur Reinigung, der Schleifer schleift meine Scheren, der Drechsler macht die Griffe und der Schmied meine Haken“, verrät er und betont: „Tauschhandel, wie im Mittelalter.“
Kommentare öffnen
Stimme.de
Kommentare