Gestrandet an Weihnachten – Heilbronner Rotarier verteilen Geschenke an Lkw-Fahrer
Am Wunnenstein verteilen Mitglieder des Rotary-Clubs Heilbronner Land Geschenke an Trucker, die wegen des Fahrverbots an Weihnachten am Rastplatz Wunnenstein gestrandet sind.
Ein Handtuch, ein Duschgel, ein paar Früchte. Eine Dauerwurst und etwas Süßes: Für manch einen Trucker, der wegen des Fahrverbots an den Weihnachtsfeiertagen auf einem Autobahn-Rastplatz strandet, sind die Geschenke der drei regionalen Rotary-Clubs eine willkommene Abwechslung.
Michael Mühlschlegel aus Lauffen, einer der Ideengeber, koordiniert die Aktion am Ilsfelder Wunnenstein und ist dort mit Mitgliedern seines Rotary-Clubs Heilbronner Land unterwegs.
Mitglieder des Rotary Clubs Heilbronner Land verteilen Geschenke an gestrandete Trucker
Alle tragen rote Mützen, um den positiven Charakter der Aktion zu unterstreichen. Nicht jeder Fahrer öffnet, wenn sie klopfen, und nicht jeder kann sich verständigen. Der eine sagt gebrochen „Danke“, der andere „Spasibo“. Ein dritter hebt den Daumen hoch und grinst.
Eine Stunde, dann sind 50 Taschen – Wert pro Stück zwischen 20 und 25 Euro – verteilt. „Viel zu wenige“, sagt Michael Mühlschlegel. Und trotzdem. Die Aktion ist schon deshalb ein Erfolg, weil zwischenzeitlich gut 90 Rotary-Clubs in ganz Deutschland 5000 mal Geschenke nach dem Heilbronner Vorbild verteilen. Alle nutzen die gleiche Stofftasche, die mit einem weihnachtlichen Motiv des Heilbronner Künstlers und Rotary-Mitglieds Peter Riek bedruckt sind.
Geschenktaschen der Rotarier sind für Lkw-Fahrer an Weinachten ein kleiner Trost
Mühlschlegel rührt dabei nicht nur das Schicksal von Lkw-Fahrern, die die Festtage fernab der Familie allein in ihrer Fahrerkabine verbringen. Ihn bewegt auch der Umstand, dass diese wegen des Feiertags-Fahrverbots auf den Rastplätzen festsitzen. Bei schönem Wetter sei dem ja noch etwas abzugewinnen, meint er. Aber bei Minustemperaturen oder gar Regen habe das mit Trucker-Romantik nichts mehr zu tun.
Mit den Fahrern ins Gespräch zu kommen ist schwer: Die meisten kommen aus Weißrussland, Russland, der Ukraine oder Litauen. Der 27 Jahre alte Youssef ist aus Marokko. Auch er spricht nur ganz wenig Englisch.
Aber er kann mit den Augen kommunizieren. Die Nacht? War gut. Die Familie? „Far“. Youssef fährt „Fruits“. Die Tasche der Rotarier? „Good.“ Von 24. Dezember, 22 Uhr, bis 26. Dezember, 22 Uhr, sitzt er fest. „Ok“, sagt er schulterzuckend. Ein anderer weint fast, als er von Birgit Mayer eine Tasche bekommt. Er telefoniert gerade mit seiner Frau, die irgendwo im Osten lebt. „Das war herzergreifend“, sagt Mayer.
Fahrverbot in Deutschland setzt Trucks an Weinachten 48 Stunden lang fest
„Die deutschen Speditionen holen ihre Fahrer an Weihnachten heim“, erklärt Michael Mühlschlegel. Die Trucker, die er und seine Mitstreiter am Wunnenstein treffen, fahren überwiegend für polnische Spediteure. „Die haben alle prekäre Jobs. Das ist uns bewusst.“ An diesen Verhältnissen könnten sie nichts ändern.
Doch „die Freude, die man vermitteln kann, wenn man den gestrandeten Truckern die Tasche überreicht“, motiviert den Beilsteiner Matthias Schnabel, auch in diesem Jahr wieder mit dabei zu sein. „Manche machen nicht auf. Aber diejenigen, die aufmachen, freuen sich“, sagt der Talheimer Florian Stumpp. „Weihnachten ist ja eigentlich ein Fest, an dem man mit der Familie zusammen ist“, sagt dessen 13 Jahre alte Tochter Leonie: „In so einem Ding zu sitzen, das ist schon traurig.“ Sie findet die Aktion gut. Deshalb ist sie dabei.

Bei Truckern am Wunnenstein kommen Geschenke des Rotary-Clubs gut an
Der aktuelle Präsident des Rotary-Clubs Heilbronner Land, Alexander Mayer, hat die Taschen in seinem Auto transportiert. „Merry Christmas, fröhliche Weihnachten“ ruft seine Frau Birgit einem Fahrer zu, nachdem dieser die Vorhänge zurückgezogen und zögerlich geöffnet hat. Nicolai aus Russland lässt Rebecca Seeber fürs Foto dagegen auf dem Fahrersitz Platz nehmen und drückt die Fanfare. Die einen bleiben für sich. Andere besuchen sich gegenseitig.
Die Einsamkeit der Lkw-Fahrer an den Weihnachts-Feiertagen ist groß
Wie wichtig die Aktion der Rotarier ist, unterstreichen Hanne Kingeter und Hans-Jörg Wagner aus Berglen im Rems-Murr-Kreis. Wagner ist selbst seit 43 Jahren Fahrer und weiß um die Einsamkeit in der Kabine. Seit bald zehn Jahren verteilen die beiden am Rastplatz Wunnenstein privat Gebäck und Früchte.
„Es ist furchtbar, wenn die Fahrer an Weihnachten nicht nach Hause kommen“, sagt sie. „Voriges Jahr haben wir einen Polen getroffen. Der war drei Monate am Stück unterwegs. Der hatte noch nicht einmal sein neu geborenes Baby gesehen.“
Solche Gesten, bestätigt er gerührt, machten für die Menschen, die das ganze Jahr über die Wirtschaft und Industrie am Laufen hielten, den Unterschied. „Es geht ihnen dann besser.“ Die kleinen Geschenke, die kurzen Worte, das seien eine Aufmerksamkeit, auf die es ankommt.
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