Wilfried Ruoff schlüpft seit über 40 Jahren ins Nikolaus-Gewand
Nicht nur für Kinder ist der 6. Dezember ein magisches Datum: Im Kalender ist fest der Nikolaustag vermerkt. Aber auch davor und danach dreht er seine Runden. Wilfried Ruoff aus Heilbronn schlüpft seit über 40 Jahren in die Rolle des Wohltäters.

Überall auf der Welt feiern kleine und große Kinder am Freitag, 6. Dezember, den Nikolaustag. Auf Weihnachtsmärkten, in Fußgängerzonen und in großen Kaufhäusern ist er schon seit Tagen unterwegs, in der Regel mit langem roten Mantel, Rauschebart und Sack. Dann gleicht er eher einem Weihnachtsmann und erinnert ein bisschen an den amerikanischen Santa Claus aus der Coca-Cola-Werbung. Punktuell, vornehmlich in kirchlichen Kindergärten oder bei Gemeindefeiern, taucht Sankt Nikolaus sogar in einer klassischen Mitra mit Bischofshut und Bischofsstab auf, aber auch im eher weltlichen Umfeld: zum Beispiel an diesem Samstag, 7. Dezember, in der Galerie Kaufhof an der Fleiner Straße in Heilbronn. Zwischen 11 und 17 Uhr dreht dort ein Nikolaus in einem beinahe echten Bischofsgewand seine Runden.

Genau gesagt steckt in dem edlen Kostüm ein Ur-Heilbronner Sportsmann: Wilfried Ruoff. Bereits seit Ende der 1980er schlüpft der gelernte Drucker alle Jahre wieder in der Rolle des Kinderfreundes und hat damit Heerscharen von Kindern und unzählige Erwachsene glücklich gemacht. Und das kam so: In seinem Verein, dem Motorsportclub Heilbronn, habe man irgendwann für die Kinderweihnachtsfeier einen Nikolaus gesucht, "da fiel die Wahl auf mich, obwohl ich mich zunächst sträubte". Aber schnell hatte der lustige Ruoff daran Spaß gefunden und sich anstelle eines "eher lummeligen und billigen Gewands" einen "richtig schönen roten Mantel mit Kapuze" von Schneiderin Monika Siller anfertigen lassen. Natürlich durfte auch der Rauschebart nicht fehlen, und als stilechte Stiefel griff er auf die "uralten Knobelbecher", also Soldatenstiefel seines Großvaters zurück, die er inzwischen schon zweimal bei Schumacher Pfaus in der Wilhelmstraße reparieren hat lassen. "Das sieht besser aus als Turnschuhe."
Wohl weil Wilfried Ruoff so überzeugend auftrat, folgten weit über seinen Heimatverein hinaus weitere Engagements in anderen Vereinen, in Familien, Kindergärten oder gar auf Firmenfeiern. Ursprünglich habe er manchmal sogar einen Ruprecht mit Rute dabei gehabt, aber im Grunde wolle er ja nicht tadelnd in Erscheinung treten, sondern Klein und Groß lobend zu weiteren guten Taten animieren. Groß ist das Hallo, wenn Ruoff dabei aus seinem Goldenen Buch Insider-Anekdoten hervorzaubert, die ihm vorher Eltern oder eben Firmen- oder Vereinsmitglieder "gesteckt" haben. Zu Hochzeiten habe er im Advent oft weit über ein Dutzend Auftritte bestritten, doch seit der Corona-Pandemie sei die Nachfrage etwas rückläufig.

Um so mehr freut sich Wilfried Ruoff, dass Galeria-Kaufhof Filialleiter Jörg Sembritzki die einst von Karl Pommée begonnene Nikolaus-Tradition fortsetzt und er dabei in ein in der Ära Wolfram Struth gefertigtes Bischofsgewand schlüpfen darf. Die Erfahrung zeige, dass Kinder mit dem "echten Nikolaus" seltsamerweise weniger anfangen können als mit dem roten Weihnachtsmann, Erwachsene aus anderen Kulturkreisen aber hellauf begeistert sind und "Fotos ohne Ende machen". Ein Honorar verlangt Ruoff im Übrigen nie, und wenn ihm die Gastgeber Geld zustecken, überweist er dies "mit einer zusätzlichen Spende" an das Albert-Schweitzer-Kinderdorf in Waldenburg.

Stimme.de