Angesichts der rückläufigen Kirchensteuerentwicklung beschloss der Diözesanrat, die Zuweisung an die Kirchengemeinden für das Jahr 2026 um 8,7 Prozent zu senken. Dieser Schritt sei notwendig, da sich die finanziellen Rahmenbedingungen deutlich gravierender verändert hätten, als bei der Aufstellung des Haushalts 2025/2026 prognostiziert gewesen sei.
Wie es mit weniger Pfarrern gehen soll
Katholische Kirche reagiert auf Mitgliederschwund: Weniger Gemeinden, mehr Verantwortung für Laien. Dies betrifft auch Heilbronn und Hohenlohe, wo es künftig deutlich weniger Raumschaften geben soll.

Die katholische Kirche in der Diözese Rottenburg-Stuttgart, zu der auch Heilbronn und Hohenlohe gehören, steht seit dem Amtsantritt von Bischof Klaus Krämer vor einem Jahr in einem Prozess der tiefgreifenden Veränderung. „Kirche der Zukunft“ soll nicht nur den Gebäudebestand reduzieren, sondern auch Strukturen schaffen, wie mit immer weniger Pfarrern und pastoralem Personal weiterhin Gemeindeleben vor Ort möglich sein soll.
Der Diözesanrat, sozusagen das Parlament der Diözese, hat am Wochenende klare Beschlüsse gefasst, an die sich der Bischof auch halten will: Aus aktuell 1020 rechtlich selbstständigen Kirchengemeinden sollen 50 bis 80 „Raumschaften“ entstehen. Diese Verwaltungseinheiten sollen die Kirchengemeinden zwar nicht ersetzen, haben aber das Ziel, „Verwaltungsaufgaben zu reduzieren sowie dem kirchlichen Leben vor Ort finanziell und personell mehr Freiräume zu ermöglichen“.
Hohenloher Dekan: „Die Fakten müssen nicht gefallen.“
Werner Krahl aus Neuenstadt, Mitglied des Diözesanrats, bevorzugt den Begriff „neue Seelsorgeeinheiten“. Als Laien-Vertreter freut er sich, dass die katholische Kirche „weiter nah an den Menschen bleiben will“. Auch bei zurückgehenden finanziellen Ressourcen sollen „Gestaltungsspielräume für die Gemeinden erhalten bleiben“. Wie genau die Gemeindeleitung mit oder auch ohne Priester gestaltet werden kann, dafür gebe es mehrere Modelle. Das bedeute, dass Teams und Frauen Führungsaufgaben übernehmen werden.
Der Hohenloher Dekan Ingo Kuhbach meint: „Die nüchternen Fakten müssen nicht gefallen und brauchen auch nicht mit Begeisterung gefeiert zu werden.“ Für das Dekanat Hohenlohe bedeute die Reduzierung, dass möglicherweise nur zwei neue „Raumschaften“ übrig bleiben werden. Denkbar wäre eine Union nach den Gemeinden, die zu den sogenannten Altkreisen Künzelsau und Öhringen gehören oder dass sich die eher ländlichen Gemeinden im Kocher- und Jagsttal einerseits, die städtischen Seelsorgeeinheiten Künzelsau, Öhringen und Pfedelbach zusammenschließen. „Dies sind aber reine Arbeitshypothesen.“ Man sei wie viele andere auch von der „endgültigen Festlegung auf höchstens 80 Kirchengemeinden in der gesamten Diözese durchaus überrascht worden“.
Sein Heilbronner Kollege Roland Rossnagel empfindet es „als Erleichterung, wenn ich mich als Pfarrer nicht mehr um Haushaltspläne, Betriebskosten von Kindergärten oder um Personalfragen kümmern muss. Dann rückt wieder die pastorale Tätigkeit in den Mittelpunkt. Und: Wenn die Verwaltungseinheiten größer werden, heißt das ja nicht, dass die Nähe vor Ort aufgeben wird.“
Neue Strukturen ermöglichen Frauen mehr Führungsaufgaben
Hintergrund der Zusammenschlüsse sind sinkende Mitgliederzahlen und damit weniger Steuereinnahmen. Zudem erlebt die katholische Kirche einen dramatischen Rückgang beim Personal: Kaum ein junger Mann will noch katholischer Pfarrer werden, aber auch Pastoralreferentinnen und -referenten und weitere pastorale Mitarbeitende werden immer weniger.
Mit der Schaffung der neuen Position der Verwaltungsleitung will die katholische Kirche das verbliebene seelsorgerische Personal wie auch Ehrenamtliche stärker von administrativen Aufgaben entlasten. Die letzte Entscheidung hat zwar weiterhin ein „moderierender Pfarrer,“ nun sollen aber an der Leitung der Raumschaften „geeignete Laien“ als Pfarrbeauftragte stärker beteiligt werden. Dieses schon länger existierende Amt ist ausdrücklich auch für Frauen offen, wie es in Obersulm-Affaltrach mit Pastoralreferentin Bärbel Bloching schon seit 2018 der Fall ist. Das Modell soll nun „rechtssicher ausgearbeitet werden.“
Zusammenschlüsse in Heilbronn und Hohenlohe: Nun geht die Diskussion in den Gemeinden los
Eine konkrete Zahl, wie viele Raumschaften es künftig in den Dekanaten geben wird, stehe noch nicht fest, so Arkadius Guzy, der für die Kommunikation der Diözese in Heilbronn-Franken zuständig ist. „Der Prozess der Umschreibung der Raumschaft, der Ende 2026 zu einer diözesanen Landkarte führen wird, wird im kommenden Jahr über eine Steuerungsgruppe des jeweiligen Dekanats gelenkt. Diese Steuerungsgruppe, die in den nächsten Wochen eingerichtet werden wird, wird das Gespräch mit den Kirchengemeinden suchen. Die Kirchengemeinden werden dann ein Votum abgeben, in welcher Form sie sich die Zukunft vorstellen.“ Aber es zeichnet sich ab, dass im Dekanat Heilbronn möglicherweise vier große Seelsorgeeinheiten oder Raumschaften gebildet werden könnten.
Bis Ende 2026 soll klar sein, welche bisherigen Kirchengemeinden sich in den neuen Raumschaften zusammenschließen. Eine Kirchengemeinde soll die anderen Gemeinden aufnehmen, ist dann neuer Pfarrsitz und stellt die Pfarrkirche. Dabei kann die neue Raumschaft den Namen der aufnehmenden Kirchengemeinde übernehmen oder einen neuen, gemeinsamen Namen wählen.

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