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Wie die Energiewende in Ilsfeld gelingen soll

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Der Abschlussbericht für die kommunale Wärmeplanung in der Gemeinde Ilsfeld enthält zehn Maßnahmen, unter anderem die Nachverdichtung und die Erweiterung des bestehenden Nahwärmenetzes. 

"Wir gehören nach Neckarsulm, Eppingen und Bad Rappenau zu den ersten im Landkreis, die den Bericht zur kommunalen Wärmeplanung abgeschlossen haben", erklärte Ilsfelds Bürgermeister Bernd Bordon im Gemeinderat nicht ohne Stolz. Zehn Maßnahmen hat die Firma greenventory GmbH aus Freiburg definiert, um die Wärmewende in Ilsfeld voranzubringen. Dazu gehört unter anderem auch die Nachverdichtung des bestehenden Nahwärmenetzes sowie dessen Erweiterung.

Eines machte Marc-André Triebel von greenventory zu Beginn seiner Ausführungen aber deutlich: "Es geht hier nicht um die Detailplanung. Der Bericht ist eher der Leuchtturm, der Ihnen zeigt, wo der Hafen ist. Nicht der Lotse, der Sie in den Hafen führt." Auch rechtlich hätten die Inhalte "keine Außenwirkung, sind nicht einklagbar. Es werden nur Optionen aufgezeigt".

Datengrundlage vom Schornsteinfeger

Zunächst haben Triebel und sein Team den Status Quo ermittelt. Als Datengrundlage dienten die elektronischen Kehrbücher der Bezirksschornsteinfeger und Verbrauchs- und Nutzdaten der Stadtwerke. Die Analyse der Energieeffizienzklasse von 2542 Gebäuden auf Ilsfelder Gemarkung hat ergeben, dass 44 Prozent der Heizungen mit Erdgas, 35 Prozent mit Erdöl betrieben werden. "Rund 80 Prozent fossil gedeckter Wärmebedarf: Diesen zu dekarbonisieren, ist eine ordentliche Herausforderung für unsere Zielszenarien", so Triebel. Die Anschlussquote ans bestehende Nahwärmenetz, das zum Teil mit regenerativen Energien betrieben wird, nannte er "nicht gerade berauschend".

Fast 50 Prozent aller Heizsysteme überschreiten bereits die Altersgrenze von 20 Jahren, hat der Experte festgestellt. Bei 19 Prozent sei sogar die 30-Jahres-Marke überschritten. "Das heißt, überall dort steht demnächst die Überlegung an, die Heizung auszuwechseln." 

Zehn Maßnahmen für die Wärmewende hat Marc-André Triebel definiert. Neben der Nachverdichtung des bestehenden Nahwärmenetzes von derzeit 442 auf künftig 732 Hausanschlüsse hält er es im Rahmen des Transformationsplans für sinnvoll, dessen Erweiterung nach "Ilsfeld Ost" mit bis zu 65 neuen Kunden zu prüfen. Ins Gewerbegebiet Obere Bustadt kann er sich ebenfalls eine Erweiterung vorstellen - mit bis zu 75 neuen Abnehmern. Alternativ sei dort der Neubau einer Wärmenetzinsel denkbar. In  "Auenstein Ost" wären bis zu 317 künftigen Hausanschlüsse möglich.

"Um all das zu realisieren, müssen allerdings neue Wärmequellen generiert werden", betonte Triebel. "Ilsfeld hat genug Potenzial, um sich komplett aus erneuerbaren Energien zu versorgen." Was tatsächlich umsetzbar und wirtschaftlich ist, sollen Machbarkeitsstudien zeigen - die jeweils mehrere Zehntausend Euro kosten. Möglich wären laut Triebel Geothermie und Freiflächen-Photovoltaik sowie der Bau saisonaler Wärmespeicher. Die Nutzung von Klärgas oder der Wärme der Schozach mittels Flusswärmepumpe sind weitere Optionen.

Aufbau einer Energieberatung

Um die Wärmewende durchzusetzen, könnte die Gemeinde Ilsfeld eine Wärmesatzung erlassen, die Hauseigentümer beim Heizungswechsel zu einem Anschluss ans bestehende Wärmenetz verpflichten. Hier sieht Triebel allerdings rechtliche Hürden. Punkt Nummer zehn auf seiner Maßnahmen-Liste ist der Aufbau eines Energieberatungsangebots mit SchwerpunktHeizungstausch.

"Für mich ist das Ganze zu theoretisch", kritisierte Gemeinderat  Markus Läpple (BWV) den Wärmeplan. Vor allem, dass der Fokus auf die Nutzung  landwirtschaftlicher Flächen für Erdwärme und Photovoltaik liegt, störte den Landwirt: "Man kann die Fläche nicht vermehren." Reinhard Golter (CDU) fehlte das Thema Holz: "Wir sind in einer Holzgemeinde. Und ich möchte nicht inmitten einer verspiegelten Fläche wohnen." Seine Fraktionskollegin Birgit Eisenmann betrachtet das Thema nach anfänglicher Skepsis differenzierter. "Es ist genau der richtige Ansatz. Wenn ich keinen Wärmeplan habe, tut sich nichts", stellte sie fest.

"Die größte Herausforderung angesichts vieler Pflichtaufgaben wird die Finanzierung sein", machte Bürgermeister Bernd Bordon zum Abschluss des Tagesordnungspunktes deutlich. "Wärmeplanung ist keine kommunale Pflichtaufgabe."

Im Klimaschutzgesetz des Bundes wurde die Treibhausgasneutralität bis zum Jahr 2045 verpflichtend festgeschrieben. Das Land Baden-Württemberg hat sich als Ziel das Jahr 2040 gesteckt. Im Stromsektor wird bereits mehr als 50 Prozent der Energie erneuerbar erzeugt. Im Wärmesektor sind es nur 18,8 Prozent, deshalb spielt dieser eine zentrale Rolle. Der Ilsfelder Wärmeplan kostet 39 000 Euro und wird mit 30 000 Euro vom Land bezuschusst. "Ein Jahr lang wurden Daten gesammelt und Zielszenarien entwickelt", so Clara Bartenbach vom Sachgebiet Energie und Umwelt, Nahwärme. Parallel dazu wurde der Transformationsplan für das bestehende Nahwärmenetz gestartet, mit dem der Anteil regenerativ erzeugter Energie von derzeit 44 Prozent langfristig auf 100 Prozent erhöht werden soll.

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