Wie Württemberger Trollinger in seiner Heimat Südtirol ankommt
Unweit von Meran in Südtirol ging dieser Tage der 21. Vernatsch-Cup über die Runden. Am Rande kam auch seine Zwillingsrebsorte auf den Tisch: Württemberger Trollinger. Was Experten aus der internationalen Jury dazu sagen.

Am Horizont zeichnen sich Sella, Langkofel, Plattkofel und Schlern ab. Zwölf Weinexperten aus Italien, der Schweiz, Deutschland und Österreich sitzen im Fünf-Sterne-Hotel Vigilius Mountain Resort oberhalb von Meran in Südtirol und genießen die Aussicht auf die Dolomiten, aber auch 48 Weine. „Im schönsten Probenraum der Welt“, so Organisator Othmar Kiem, stellen sie in 1500 Metern Höhe beim 21. Südtiroler Vernatsch-Cup 48 Exemplare auf die Probe, aber auch acht Württemberger Trollinger, die ganz unterschiedlich ankommen, wobei es sich um dieselbe Sorte handelt.
Falstaff-Chefredakteur Italien: So eine Art Begegnung der dritten Art
„Als ich im 2006 auf der Heilbronner Hütte zum ersten Mal die Sieger des Trollinger-Wettbewerbs probierte, war das so eine Art Begegnung der dritten Art“, berichtet Kiem, der auch italienischer Chefredakteur der Zeitschrift Falstaff ist. Als er sich dann später in Heilbronn „in die Trollinger-Welt“ vertieft habe, musste er feststellen, dass die Württemberger drei Weinsorten unterschieden: weiß, rot – und Trollinger. Trollinger oder Vernatsch keine Rotweinsorte? Für Südtiroler sei das „völlig unverständlich“.
Auch dass damals das Prinzip galt: Trollinger muss überall möglichst gleich schmecken und das auch noch mit Maischeerwärmung als Standard. In Südtirol versuche man möglichst viele Unterschiede zu machen, zwischen Regionen, Lagen, Böden. Inzwischen habe sich aber auch in Württemberg viel getan mit „gut gemachten Rotweinen“, die bei allen Unterschieden durchaus mit Vernatsch vergleichbar seien, eben als eine andere Ausprägung dieser Sorte. Kiem plädiert nun dafür, die Unterschiede zwischen den einzelnen Gebieten und Lagen in Württemberg stärker herauszuarbeiten.

Trollinger gigantisch gut: "Nicht schlecht für Schwaben!“
Christian Gschell von der Kellerei Kurtatsch, der unter dem Titel „Quo Vadis, Vernatsch?“ eine Diplomarbeit geschrieben hat, meint, aufgrund der klimatischen Unterschiede wirke der Trollinger meist eleganter und fruchtiger mit höherer Säure, aber auch kürzer, leichter mit weniger Körper als der Vernatsch, „insgesamt tolle Geschichten, breit gefächert, schön zu sehen, was mit dieser Traubensorte alles möglich ist, gerade in ihrem mit 1900 Hektar größten Anbaugebiet“. In Südtirol sei die Fläche leider auf 400 Hektar geschrumpft.
Gerade in seiner modernen Stilistik sei der Trollinger kühler, schlanker, knackiger, mit Grip und somit fordernder als der Vernatsch, sagt Gastronom Gerhard Retter, der in München lebt und aus der Steiermark stammt. „Als Speisenbegleiter passt diese Art wirklich gigantisch gut. Nicht schlecht für Schwaben!“ In München oder Berlin, so weiß er, käme das gut an, „denn die Leute suchen das Außergewöhnliche und das kann der Trollinger bieten. Das Besondere möchte ich so auf den Punkt bringen: Viel Geschmack mit wenig Belastung.“
Der Chef der Südtiroler Sommlier-Vereinigung, Elvis Costa, sieht es kritischer: „Trollinger haben mehr Säure und werden von uns als spitz empfunden“. Außerdem seien sie in der Nase oft grüner. Möglicherweise liege das daran, dass die Trauben in Südtirol besser ausreifen als in Württemberg. Grundsätzlich findet Costa „Trollinger ist nicht vielschichtig wie Vernatsch“.
Sommelier spricht von vielseitigem Speisenbegleiter
„Es gab einen sehr interessanten, aber die meisten waren zu schön gemacht“, meint Hotel-Besitzer Uli Ladurner. Er würde sich wünschen, dass die Schwaben beim Trollinger mehr Mut hätten, „Charakter zu zeigen, zurück zum Ursprung“. Das heißt für Ladurner: „Schon beim Probieren der Traube eine Vorstellung zu haben, was als Wein herauskommt, die Traube im Prinzip das werden lassen, was sie will und im Keller nicht zu sehr eingreifen.“ Lukas Gerges, Chefsommelier vom „Atelier Moessmer Norbert Niederkofler“ in Bruneck nennt beide „sehr spannend und vielseitig einsetzbar“.
„Wenn man sie runterkühlt, sind sie ein super Aperitif, passen zur Vorspeise, sind ein super Begleiter zu Fisch bis hin zur vegetarischen Küche“. Gerges spricht von einem „kleinen Allrounder. In der gehobenen Gastronomie kann man mit ihm schöne Überraschungen machen, gerade blind ausgeschenkt gegenüber Pinot Noir“. Vernatsch sei der kräftigere Typus, Trollinger knackiger. „Wer deutsche Rieslinge liebt sollte zum Trollinger gehen, wer lieber einen fetten Wachauer liebt, zum Vernatsch“.

Hintergrund: Ausgewählte Trollinger und prämierte Vernatsche
Die Stimme tischte in Südtirol acht Trollinger auf, die Palette reichte von knackig-würzig bis burgundisch-rund: G.A. Heinrich (Heilbronn) stellte TNT und Alte Reben, Idler aus Strümpfelbach seinen Gutswein, Leiss (Gellmersbach) Steillage, Weinkonvent Dürrenzimmern Cellarius, Berthold (Neckarsulm) Trollinger H, Rolf Willy (Nordheim) Black Label, Hirsch (Leingarten) Reloaded. Beim 21. Vernatsch-Cup gewonnen haben: Muri-Gries Grauvernatsch, Pfannenstielhof St. Magdalener classico, Kellerei Kaltern Leuchtenburg, Popphof Meranerin, Ansitz Waldgries Magdalener classico, Ritterhof Novis Kalterersee, Haidenhof Terrass Meraner Hügel, Haidenhof, Kellerei St. Pauls mit Missianer Vernatsch.