Heilbronner blicken auf die US-Wahl – "Mischung aus Furcht und Spannung"
Trump oder Harris – wer macht das Rennen ums Amt des Präsidenten in den USA? Auch im Raum Heilbronn blicken Menschen mit Spannung auf die Wahl – und mit Sorge.
Trump oder Harris? Die Frage nach dem Ausgang der Wahl des US-Präsidenten am 5. November beschäftigt in diesen Tagen nicht nur die weltweite Politik. Auch Menschen in der Region machen sich zunehmend um den Wahlausgang Gedanken. Die Heilbronner Stimme hat sich bei Menschen mit US-amerikanischen Wurzeln umgehört, die hier leben und konnte ein Stimmungsbild einfangen.
„Ich habe meine Stimme bereits vor drei Wochen per Briefwahl abgegeben“, sagt Nico Weinmann, FDP-Fraktionsvorsitzender im Gemeinderat der Stadt Heilbronn. Der Politiker hat eine amerikanische Mutter und einen deutschen Vater und besitzt sowohl die deutsche als auch die US-amerikanische Staatsangehörigkeit. Neben wirtschaftlichen Fragen – etwa zu Inflation und Handelsbeziehungen – beschäftige ihn auch, wie es in puncto Zusammenhalt in der Gesellschaft weitergehe.
Nico Weinmann aus Heilbronn fürchtet weitere Spaltung durch US-Wahlkampf
Die Rhetorik im US-Wahlkampf betrachtet Weinmann mit Sorge. „Ein Stück weit lehrt uns ja die Erfahrung, dass das, was in Stil und Duktus in den USA passiert, in einer überschaubaren Zeit auch für Europa und Deutschland gilt.“ Bei Donald Trump wisse man oft nicht, ob das, was er sage, im Scherz oder ernst gemeint sei. „Seine Rhetorik befeuert eine Spaltung, anstatt Brücken zu bauen, um das gespaltene Land wieder zu vereinen.“
Vorboten des rhetorischen Trends, der von den USA nach Deutschland schwappe, könne man hierzulande schon jetzt beobachten. Als Beispiel nennt Weinmann Emotionalisierung und Fake News – „allerdings noch nicht in dieser fast schon pervertierten Form wie in den USA“.
USA als wichtiger Handelspartner – ob mit Trump oder mit Harris
Die Entscheidung von Joe Biden zu Kamala Harris hat Weinmann sehr wohlwollend beobachtet. „Sie ist jugendlicher, agiler und frischer und repräsentiert vielleicht auch ein moderneres Amerika.“ Sein Tipp für die Wahl am Dienstag: „Es wird eine ganz heiße Kiste.“
Festlegen, wer das Rennen macht, wolle er sich daher noch nicht. „Klar ist – und das sollten wir in Europa oder auch in Deutschland nicht aus dem Blick verlieren – dass, egal wer gewinnt, wir am Ende auch mit ihm oder ihr zusammenarbeiten müssen.“
Aus diplomatischer Sicht sei es besser, sich nicht zu stark zu positionieren. „Die USA ist für Baden-Württemberg weiterhin einer der wichtigsten Handelspartner. Aber die transatlantische Zusammenarbeit muss auch mit einem Donald Trump weitergehen.“
Sicht auf Trump ist in Amerika eine andere als in Europa – nicht nur zur US-Wahl
Weinmann ist sich sicher: „In Europa haben wir die Sicht eines Trumps nicht so auf dem Schirm. Dass, was wir als demokratiegefährdend sehen, sehen die Amerikaner nicht ganz so. Da ist man dann doch sehr auf die America-First-Rolle fixiert.“ Nur wenige Staaten würden vermutlich letztendlich den Ausschlag geben. Dass ein Wahlsieger bereits am 6. November feststeht, glaubt Weinmann nicht. „Die Nachzählungen werden sicherlich wie auch in der Vergangenheit etwas mehr Zeit in Anspruch nehmen.“
Auch Mark Kendall, ein US-Amerikaner, der seit vielen Jahren in Schwaigern-Massenbach lebt, hat seine Stimme schon abgegeben. „Für mich ist die Wahl vor allem deshalb interessant, weil ich Geschwister habe, die Republikaner sind, während ich die Demokraten unterstütze“, sagt der Rentner. Wegen eines Jobs seines Vaters am Max-Planck-Institut kam Kendalls Familie 1985 für ein Jahr nach Deutschland. Mark Kendall lernte damals „ein Mädchen kennen“ und kehrte später nach Deutschland zurück. Seine Geschwister wohnen noch in Amerika.
US-Amerikaner aus Schwaigern charakterisiert Trump als "komischen Menschen"
Im Gegensatz zu seinen Geschwistern sei er eher europäisch beeinflusst. Während Trump „ein komischer Mensch“ sei, könne Kamala Harris immerhin intelligent antworten und biete auch inhaltlich „ein paar Themen“ an - dennoch sei er nicht immer 100 Prozent ihrer Meinung. Auch Kendall geht von einem knappen Wahlergebnis von etwa 50 zu 50 Prozent aus.
Mit einer „Mischung aus Furcht und Spannung“ blickt auch Blake Thomson, Kontrabassist im Württembergischen Kammerorchester, auf die Wahl. Der gebürtige Amerikaner ist mit 23 ausgewandert und wohnt seit 2013 in Heilbronn. Sorge bereitet ihm die Desinformation sowie die Polarisierung, die sich durch die Wahl noch verstärkten könnte.
„Die Wahl wird präsentiert als Wahl zwischen Gut und Böse auf beiden Seiten.“ Er bedauere sehr, dass die Republikaner gewisse Drohungen ausdrücken - etwa, dass sie die Wahlergebnisse im Zweifel nicht akzeptieren würden oder dass sie die Justiz im Faller einer Trump-Präsidentschaft politisch instrumentalisieren könnten. Auch Thomson unterstützt die Demokraten und geht von einem knappen Rennen aus.
Wahlsystem in den USA erfordert starke Mobilisierung der Wählerschaft
In Amerika müssen Bürger sich registrieren, um wählen zu können - anders als in Deutschland, wo jeder automatisch eine Wahlbenachrichtigung bekommt und ankreuzen kann, ob er in Präsenz oder per Briefwahl wählen möchte. Die Frage der Mobilisierung der Wählerschaft spielt in den USA daher eine wichtige Rolle. Im November finden gleichzeitig zur Präsidentschaftswahl Wahlen von 5836 Abgeordneten und Senatoren in den jeweiligen Parlamenten in den 44 Bundesstaaten statt.

Stimme.de