„Keine abschreckende Wirkung“: Kritik an Urteil zu Einbruchsserie im Raum Heilbronn
Über 30 Einbrüche, vier Jahre Haft und nun Kritik: Nach dem Urteil gegen zwei Männer aus dem Raum Heilbronn spricht die Staatsanwaltschaft von einer zu milden Strafe. Auch ein Experte hält das Strafmaß für überraschend niedrig.
Nach einer Serie von mehr als 30 Wohnungseinbrüchen im Großraum Heilbronn, Stuttgart und Karlsruhe ist das Urteil gegen zwei Männer noch nicht rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft Heilbronn hat gegen das Urteil Revision eingelegt.
Mehr als 30 Einbrüche und weitere Delikte – Urteil in Heilbronn gefallen
Das Landgericht Heilbronn hatte den Hauptangeklagten K. am Freitag, 24. Oktober, wegen schweren Wohnungseinbruchdiebstahls in 33 Fällen und weiterer Delikte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Zudem ordnete das Gericht seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an.
Der Mitangeklagte S. erhielt eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten.
Staatsanwaltschaft Heilbronn fordert höhere Strafen – Experte weißt auf mögliche frühe Haftentlassung hin
Die Staatsanwaltschaft Heilbronn sieht das Strafmaß als nicht tat- und schuldangemessen an. Trotz der im Prozess abgelegten Geständnisse seien die Strafen angesichts des Umfangs der Taten zu niedrig ausgefallen, heißt es auf Stimme-Anfrage.

Ähnlich sieht das ein Strafrechtsexperte, der anonym bleiben möchte, sich nach Bekanntgabe des Urteils aber bei unserer Zeitung meldete. Nach den gesetzlichen Regelungen sei eine Strafaussetzung zur Bewährung grundsätzlich nach Verbüßung von zwei Dritteln der Haftzeit möglich. Unter Berücksichtigung von Untersuchungshaft und der angerechneten Therapiezeit in einer Entziehungsanstalt könnte der Hauptangeklagte rechnerisch bereits nach wenigen Monaten regulärer Haft entlassen werden – trotz mehr als 30 Einbrüchen und einem Gesamtschaden von mehreren hunderttausend Euro.
Staatsanwaltschaft Heilbronn: Urteil „zu gering für abschreckende Wirkung“
In der Verhandlung hatte die Staatsanwaltschaft deutlich höhere Gesamtstrafen beantragt – acht Jahre für K., sieben Jahre für S. „Der Regelstrafrahmen für jede Tat sieht mindestens ein Jahr Freiheitsstrafe vor“, so Pressesprecherin Mareike Hafendörfer. Auch wenn das deutsche Strafrecht keine einfache Addition der Einzelstrafen kenne, bilde die verhängte Strafe nach Auffassung der Behörde die Tatschuld „in Quantität und Qualität nicht mehr angemessen ab“.
Auch unter generalpräventiven Gesichtspunkten sei das Strafmaß zu gering, um eine abschreckende Wirkung zu entfalten. „Dies gilt insbesondere, weil bei diesem Kriminalitätsphänomen häufig Täter eigens zur Begehung der Straftaten aus dem Ausland einreisen und im Falle einer Verurteilung in der Regel nach Verbüßung der Hälfte der Strafe abgeschoben werden können“, so Hafendörfer weiter. „Auch wenn es sich immer um Entscheidungen im Einzelfall handelt, weicht die Verurteilung von Urteilen anderer Kammern in vergleichbaren Fällen doch deutlich nach unten ab.“
Landgericht Heilbronn verweist auf individuelle Strafzumessung
Das Landgericht Heilbronn äußerte sich auf Anfrage nicht zu einer Bewertung der verhängten Strafen. Grundsätzlich gelte jedoch, dass eine Strafkammer jene Strafe verhänge, die sie nach der Hauptverhandlung „für den individuellen Tatvorwurf und die Person des Angeklagten als tat- und schuldangemessen erachtet“, so Pressesprecherin Stefanie Morgenstern.
Bei der Strafzumessung seien be- und entlastende Aspekte gegeneinander abzuwägen – etwa Geständnis, Tatanzahl, Schadenshöhe, Vorstrafen und Kriminalprognose. Die Frage einer möglichen Entlassung nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe liege nicht beim Gericht, sondern bei der Strafvollstreckungskammer.
Für das konkrete Verfahren habe die Kammer unter anderem berücksichtigt, dass der Angeklagte K. nur geringfügig vorbestraft war sowie einiges an Diebesgut sichergestellt worden war.
Ob das Urteil Bestand haben wird, bleibt abzuwarten. Das letzte Wort hat nun der Bundesgerichtshof.


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