Umsatzsteuer: Private Musikschulen in Sorge
Instrumentalunterricht und andere kulturelle Angebote könnten deutlich teurer werden. Künstler hoffen nun auf den Erfolg einer Petition gegen das Vorhaben der Bundesregierung.

Die Bundesregierung plant, die Umsatzsteuerbefreiung für Ballett- und Musikschulen zu streichen. Gesangs-, Instrumentalunterricht, Tanz und Ballett oder Angebote der Kunstschulen sollen als „anspruchsvolle Freizeitgestaltung“ besteuert werden, so die Befürchtung.
Das würde auf einen Schlag 19 Prozent mehr Unterrichtsgebühr bedeuten. Dagegen regt sich Protest. In einer Petition an den Bundestag wehren sich die Ballettschulen, Schulen für künstlerischen Bühnentanz und Musikschulen gegen die Pläne der Regierung. „Bildung sollte für alle zugänglich sein“, heißt es bei „openpetition“. Der Deutsche Tonkünstlerverband schreibt in einer Stellungnahme: Die zusätzliche Belastung würde den Unterricht erheblich verteuern.“ Dies würde „insbesondere sozial schwächere Personenkreise treffen“.
Schreckgespenst Umsatzsteuer: Das sagen Musikschulleiter im Bottwartal
Ulrich Staudenmaier kennt das Problem schon seit fast 30 Jahren. Zusammen mit Nicole Bleher leitet er die Musikakademie MAKS im Bottwartal, zu der auch der weit über Beilstein hinaus bekannte Chor „Grooving Foxes“ gehört. „Seit ich denken kann, geht das Schreckgespenst Umsatzsteuer um.“ Ganz früher habe man nachweisen müssen, dass man auf staatliche Prüfungen wie das Abitur vorbereite. Man müsse als Musikschullehrer einen staatlichen Abschluss vorweisen können, das reiche dann aus, erklärt Nicole Bleher.
Die Befreiungen waren eine Zeitlang befristet, dann galten sie auf einmal unbefristet, berichtet Staudenmaier. Unklar sei mitunter, ob man als Gewerbebetrieb beim Landratsamt oder beim zuständigen Finanzamt den Antrag stellen musste. Aber genau dagegen wehrt sich der Musikschulleiter: „Wir sind ein Kulturbetrieb und arbeiten nicht gewinnorientiert!“ Natürlich wolle man die Lehrkräfte angemessen bezahlen und investiere in Gebäude und Instrumente. Man könne eine Kultureinrichtung aber nicht einem gewerblichen Unternehmen gleichstellen. „Und wenn das so kommt, muss das auch für städtische Musikschulen gelten!“, betont Staudenmaier und verweist darauf, dass man auch Angebote in Schulen wie Bläserklassen übernehme.
In Eppingen geht die Sorge um, dass Kinder keinen Zugang mehr zu Kultur haben
Iris Mündörfer, Leiterin der privaten Ballettschule Eppingen, ist ebenfalls verärgert über den Vorstoß. Sie habe schon mehrere Petitionen dagegen unterschrieben. Kultur und Bildung sei ein besonders preissensibles Segment. „Kinder müssen darunter leiden, dass ihnen der Zugang zu Kultur erschwert wird“, so die Eppingerin. Ballettschulen würden dazu beitragen, dem allseits beklagten Bewegungsmangel von Kindern und Jugendlichen zu begegnen. „Wer es anbietet, wird bestraft“, kommentiert die Tanzpädagogin.
Ob es so weit kommen wird, bleibt abzuwarten. Maren Ferber aus Bad Rappenau findet die schon seit Jahren immer wieder aufkommende Diskussion als belastend. Die Folgen für ihre Unterrichtsangebote und deren Kosten will sich die Inhaberin der Musikschule Con Takt gar nicht ausmalen.
Das Land fordert eine Klarstellung des Bundes und hat hierzu einen Antrag im Finanzausschuss des Bundesrats eingebracht, der auch so beschlossen wurde. Die Bedeutung der musischen Bildung erfordere, dass Musikunterricht und vergleichbare kulturelle Angebote auch weiterhin umsatzsteuerfrei bleiben. „Für Musikschulen, Musikvereine, selbstständige Musiklehrerinnen und Musiklehrer ändert sich steuerlich also nichts.“ Und dies gelte unabhängig davon, ob die Angebote für Kinder oder Erwachsene seien.
Eine Neuerung soll es laut Gesetzentwurf beim Verfahren geben: Um unnötige Bürokratie abzubauen, soll für die Steuerbefreiung künftig keine Bescheinigung der zuständigen Behörde über die Begünstigung des Unterrichtsinhalts mehr erforderlich sein. Die Entscheidung, ob es sich um eine begünstigte Bildungsleistung oder eine bloße Freizeitgestaltung handelt, soll künftig bundesweit das zuständige Finanzamt treffen. „Das wäre eine Erleichterung für uns“, meint Ulrich Staudenmaier. „Wir haben hier Ordner voller Anträge und Genehmigungsschreiben.“