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Umgang mit AfD: Wer darf Verantwortung im Rechtsstaat übernehmen?

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Formalie artet in Grundsatzdiskussion aus: Über die Vorschlagslisten zur Wahl ehrenamtlicher Richter wird einzeln abgestimmt. Die Liste der Alternative für Deutschland wird abgelehnt. 

Ehrenamtliche Richter wirken bei Urteilen am Verwaltungsgericht mit. Im Kreistag gab es nun eine Debatte über die Vorschlagslisten.
Ehrenamtliche Richter wirken bei Urteilen am Verwaltungsgericht mit. Im Kreistag gab es nun eine Debatte über die Vorschlagslisten.  Foto: David-Wolfgang Ebener

Die in der Kreistagssitzung anwesenden Azubis des Landratsamtes staunten nicht schlecht: Der Tagesordnungspunkt „Vorschlagslisten für die Wahl der ehrenamtlichen Richter beim Verwaltungsgericht Stuttgart“ entwickelte sich zur Grundsatzdiskussion über den Umgang mit der Fraktion der AfD. Weil am Ende über alle Listen einzeln abgestimmt wurde, gab es auch reichliche Betätigung beim Arme heben. 

Im Verwaltungsausschuss hatte die CDU-Fraktion den Antrag gestellt, über die Liste der AfD getrennt und über die Listen der übrigen Parteien im Gesamten abzustimmen. Weil sich dies aber als problematisch herausstellen könnte, schlug Landrat Norbert Heuser vor, über alle acht Listen jeweils getrennt und einzeln abzustimmen. 

CDU: Positionen mit freiheitlich-demokratischer Grundordnung nicht vereinbar

Zuvor wurde eine Grundsatzdebatte über den Umgang mit der Alternative für Deutschland (AfD) geführt. Matthias Schmitt (CDU) begründete den Antrag seiner Fraktion: Zwar bekenne sich die CDU zum Beteiligungsrecht aller im Kreistag vertretenen Parteien, die aktuelle Einschätzung der AfD beim Verfassungsschutz führe aber dazu, dass man aus ihren Reihen keine ehrenamtlichen Richter benennen solle, die von der AfD als „Handlanger des Systems“ beschimpft worden seien. „Unsere Entscheidung gründet sich nicht auf eine pauschale Ablehnung, sondern auf die begründete Einschätzung, dass die AfD in ihrer Programmatik und ihrem politischen Wirken regelmäßig Positionen vertritt, die mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung nicht vereinbar sind.“

Dennis Klecker (AfD) konterte, dass diese „Ausgrenzungspolitik gegen die Interessen der Bürger“ sei, die die AfD und ihre Vertreter gewählt haben. „Eine selektive Ablehnung nur der AfD-Kandidaten stellt eine willkürliche Behandlung einer Fraktion dar.“ Zudem seien die Listen nur ein Vorschlag, aus dem dann die tatsächlichen Richter und Richterinnen gewählt werden. Hilfreich war sicher nicht, dass AfD-Kreisrat Jürgen Koegel die Redebeiträge der Vertreter der anderen Parteien später als „Kasperle-Theater“ bezeichnete.

CDU-Kreisrat: „Kein glaubwürdiger Garant für die Justiz“

Marco Haaf (CDU) stellte in einem grundsätzlichen Beitrag Fragen zum „Fundament unserer Demokratie“: „Die Demokratie ist die einzige Staatsform, die man durch Wahlen abschaffen kann. Gerade deshalb müssen wir sehr genau hinsehen, wem wir Verantwortung in unserem Rechtsstaat übertragen.“ Dabei erkenne er das Engagement der AfD-Vertreter durchaus an: „Ich sehe, dass Ihnen das Wohl der Menschen in unserem Landkreis wichtig ist.“

Die AfD nutze aber „demokratische Prozesse, um Vertrauen in die Demokratie zu zerstören“. Daher können Vertreter dieser Partei „kein glaubwürdiger Garant für die Justiz“ sein, betonte Haaf. Die Ablehnung der Liste sei daher kein „parteipolitisches Manöver“, betonte der Kreisrat. 

ÖDP will nicht „übers Stöckchen springen“

Dies sah Felix Gaida für die ÖDP anders: Man werde nicht über das Stöckchen springen, das „im Bemühen, die AfD auszugrenzen“ hingehalten werde. Man müsse zwar „wachsam und vor allem wehrhaft gegen extremistische Tendenzen von rechts und links sein“, aber die Ausgrenzung erzeuge nur noch mehr Aufmerksamkeit und führe dazu, dass sich die AfD als „armes Opfer“ darstellen könne. 

Für die Abstimmung der Listen brauchte es jeweils eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Obwohl die drei ÖDP-Vertreter mit den elf anwesenden Mitgliedern der AfD-Fraktion stimmten, reichten die 14 Ja-Stimmen bei insgesamt 73 Stimmberechtigten zu diesem Zeitpunkt nicht aus, um die Vorschlagsliste der AfD nach Stuttgart zu schicken. Ob die Ergänzung der nun fehlenden sieben Vorschläge aus den Reihen der anderen Fraktionen Bestand habe oder eventuell nur „deklaratorischen Charakter“, das werde sich noch zeigen, meinte Landrat Heuser zum Abschluss der eifrigen Abstimmungsgymnastik. 

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