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Storchenpaar zurück in Cleebronn – doch das Nest ist weg

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Ein Storchenpaar sucht nach der Rückkehr nach Cleebronn verzweifelt eine Brutstätte. Das bisherige Nest wurde von einem Funkmast entfernt – widerrechtlich. 


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Von ihrer Wohnung aus muss Sabine Gress das Trauerspiel mit ansehen: Die Störche sind wieder da. Aber ihr Nest ist weg. Seit Jahren hat das Storchenpaar auf dem Funkmast im Roten Knie gebrütet. „Vorletztes Jahr“, erinnert sich die Cleebronnerin, „kamen auf einmal vier Störche an. Da gab es Halligalli, bis sich ein Pärchen durchgesetzt hat.“ Doch im vergangenen November rückte ein Trupp in Bergsteigermontur an.

Eine Hausmitbewohnerin, die zufällig mit ihren Kindern vorbeikam, beobachtete, wie die Arbeiter auf den Mast stiegen und die Brutstätte der treuen Adebare auseinandernahmen und entfernten. „Die haben den Horst total zerstört. Man sieht die Reste noch im angrenzenden Wald liegen.“ Darauf angesprochen, hätten Monteure nur gesagt, dass sie eine technische Neuerung am Funkmast einbauen müssten.

Storchennest in Cleebronn abgebaut – Vogelexperte der Nabu-Ortsgruppe ärgert sich

Nun beobachtet Gress, wie die Tiere versuchen, sich ihr Nest neu aufzubauen. Doch es will ihnen nicht gelingen – kann es aufgrund der Konstruktion des Mastes wohl auch nicht. Das Material fällt immer wieder zu Boden. Oft sitzen die Störche jetzt auf den Flutlichtmasten im nahegelegenen Stadion und schauen zu ihrem angestammten Platz herüber.

Das Storchenpaar ohne Nest auf dem Funkmast im Roten Knie in Cleebronn.
Das Storchenpaar ohne Nest auf dem Funkmast im Roten Knie in Cleebronn.  Foto: Norwin Hilker

Das finden nicht nur Gress und ihre Nachbarn traurig. „Es zerreißt einem fast das Herz, das mit ansehen zu müssen.“ Auch Norwin Hilker, Vogelexperte der Cleebronner Nabu-Ortsgruppe, hat von seinem Wohnsitz aus einen Blick auf den Mast. Er ärgert sich nicht nur über den Nestabbau, sondern auch über sich selbst: „Ich hätte rüberfahren und ’Stopp’ sagen und die Polizei holen sollen“, sieht er ein Versäumnis bei sich selbst. Denn: „Ein Vogelnest darf nicht entfernt werden“, weiß Hilker: „Das muss von der Naturschutzbehörde genehmigt werden, oder man macht sich strafbar.“

Storchennest in Cleebronn abgebaut: darf man das? 

Umgehend informierten die Anwohner die baden-württembergische Stoochenbeauftragte Judith Opitz und diese die Behörde im Landratsamt Heilbronn. Die schritt gleich zur Tat. Sie kontaktierte das zuständige Regierungspräsidium in Stuttgart und erfuhr, dass tatsächlich keine Genehmigung vorlag. Daraufhin ermittelte das Amt „Bauherr und Betreiber des Masts“, wie es in einer unserer Redaktion vorliegenden E-Mail bestätigt wird.

Unverzüglich sollte dieser „bis spätestens 10. Februar 2025 eine Metallplattform mit einem Durchmesser von mindestens 150 Zentimeter inklusive Reisigauflage“ anbringen. Die Firma war willens, der Aufforderung nachzukommen, stellte dann jedoch fest: Besagter Funkmast im Roten Knie gehörte ihr gar nicht.

Flutlicht- statt Funkmast. Die heimatlos gewordenen Störche sitzen jetzt oft auf dem Fluchtlichtmast im benachbarten Stadion.
Flutlicht- statt Funkmast. Die heimatlos gewordenen Störche sitzen jetzt oft auf dem Fluchtlichtmast im benachbarten Stadion.  Foto: Sabine Gress

Storchennest in Cleebronn abgebaut: Neue Montage gestaltet sich kompliziert

Erst Ende Januar fand man den korrekten Besitzer. „Mit dieser Firma stehen wir seither mehrfach pro Woche in Kontakt, und sie zeigt sich einsichtig und bemüht, schnellstmöglich zu handeln“, informierte die Untere Naturschutzbehörde die Cleebronner Storchenfans. Als spätestmöglichen Zeitpunkt für die Errichtung eines neuen Horsts am angestammten Platz wurde der 24. Februar vorgegeben.

Doch es stellte sich heraus: Aufgrund der Beschaffenheit des Masts könne das Nest nicht wie bisher mittig oben darauf errichtet werden. „Stattdessen muss die Plattform seitlich angebracht werden. Hierfür sind statische Berechnungen und neben der Anfertigung und Montage der Plattform zusätzlich die Fertigung und Montage eines Stahlseils erforderlich, damit der Mast den Anforderungen (bis 300 Kilo Gesamtgewicht) standhalten kann.“ Das heißt: Der Termin konnte nicht eingehalten werden. Das Landratsamt kann nicht sagen, bis wann die Plattform angebracht wird.

„Die Kolleginnen und Kollegen vom Bereich Naturschutz hatten am Montag nochmal Kontakt mit der Betreiberfirma des Masts und haben nochmal auf die Dringlichkeit der Anbringung der Plattform hingewiesen“, informiert Tamara Waidmann von der Pressestelle. „Diese wird schnellstmöglich angebracht, ein konkretes Datum können wir aber nicht benennen.“

Oft schreiten die Störche auch auf der Wiese herum und suchen Baumaterial für ein neues Nest zusammen.
Oft schreiten die Störche auch auf der Wiese herum und suchen Baumaterial für ein neues Nest zusammen.  Foto: Sabine Gress

Storchennest auf Mast in Cleebronn abgebaut: Betreiberfirma zeigt sich „äußerst kooperativ“

Da das Storchenpaar bereits an seinem bisherigen Wohnort versucht hat, ein neues Nest zu bauen, würde es von diesem auch nicht mehr abweichen, ergab die zusätzliche Anfrage an eine Expertin. „Sie sind jetzt heimatlos“, stellt Sabine Gress traurig fest. 

Judith Opitz gibt jedoch etwas Entwarnung: „Ich hoffe einfach mal, dass sie die nächsten zwei Wochen durchhalten“, zeigt sich die Storchenbeauftragte zuversichtlich, dass es mit Plattform und Nestbau noch klappt. Sie weiß, dass die Leute viel Freude an dem Standort haben, der auch ideal sei und zumindest in der Nähe alternativlos. Zumal Störche sehr horsttreu seien: „Der Horst ist ihnen wichtiger als alles andere.“ Aber auch wenn die Tiere in Deutschland streng geschützt sind, sei der Bestand – mit 13.000 Brutpaaren bundesweit – aktuell nicht gefährdet.

Auch für die Behörden hat „die schnelle Anbringung der Plattform mit Nestbaumaterial“ jetzt Priorität. Die Betreiberfirma zeige sich dabei auch „äußerst kooperativ“. Dennoch, berichtet Waidmann: „Parallel prüfen wir, wie bei allen Verstößen, ob ein Bußgeldverfahren eingeleitet wird.“

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