Inklusion zwischen Buchdeckeln: Stadtbücherei Lauffen ist barrierefrei
In Kooperation mit der Lebenswerkstatt und der Kaywaldschule ist eine inklusive Bücherei in der Stadtbibliothek Lauffen entstanden. Menschen mit Behinderung sollen so leichter Zugang zu Medien bekommen.

Als zum ersten Mal die Idee für eine inklusive Bücherei aufkam, sei sie erst mal sehr ernüchtert gewesen, erinnert sich Isabel Frank, Leiterin der Lauffener Stadtbibliothek. Sie habe sich gefragt: Können wir das überhaupt leisten? Heute weiß sie: Es geht nicht um 100-prozentige Barrierefreiheit, sondern um erste Schritte in die richtige Richtung. Das Kooperationsprojekt mit der Lebenwerkstatt und der Kaywaldschule ist mittlerweile erfolgreich realisiert worden. Mithilfe einer Förderung der Aktion Mensch wurden mehrere Maßnahmen umgesetzt, um Menschen mit geistiger und körperlicher Behinderung den Zugang zur Bücherei zu erleichtern.
Inklusive Bücherei in Lauffen – Barrierefreiheit für Menschen mit Behinderung
„Bei Barrierefreiheit denkt man immer an den Rollstuhlfahrer, das Kognitive ist aber auch eine Barriere“, erklärt Friedemann Manz, Vorstand der Lebenswerkstatt. Genau da setzt das Projekt der inklusiven Bücherei an. An den Regalen wurden Beschriftungsfahnen mit Piktogrammen angebracht. Anhand der kleinen Bildchen ist das Genre der Bücher leichter erkennbar für Gäste, die nicht gut lesen können. Das System wird auch in der Bücherei der Kaywaldschule eingesetzt.
Von den 5000 Euro Mikroförderung der Aktion Mensch hat Frank Bücher in einfacher Sprache gekauft. Darin werden etwa Doppelwörter mit Bindestrich geschrieben, um sie lesbarer zu machen. Auch von Menschen mit Migrationshintergrund werden die Medien gerne ausgeliehen, sagt die Bibliothekarin. Die Nachfrage sei groß. „Ich habe schon nachgekauft“, berichtet sie. Die Benutzerordnung hängt nun ebenfalls in einfacher Sprache an der Wand. Statt: „Jeder ist berechtigt, die Stadtbücherei im Rahmen dieser Benutzerordnung auf öffentlich-rechtlicher Grundlage zu nutzen“, steht da: „Alle dürfen in die Bücherei kommen.“
Menschen mit Behinderung am gesellschaftlichen Leben teilhaben lassen
Referendarin Amelie Maigler kommt gerne mit ihrer Lese AG der Kaywaldschule in die Bücherei. Die Schüler haben eine geistige Behinderung, ein Mädchen sitzt im Rollstuhl. Maigler und Frank wollen ihnen die Scheu nehmen und ihre Lesefreude stärken. Das hat auch geklappt. „Es waren Schüler dabei, die nicht so Lust hatten. Das hat sich geändert, die freuen sich“, sagt Maigler. Ein Junge mit autistischen Zügen leihe sich etwa gerne Literatur über Technik aus, „auch sehr anspruchsvolle Sachen“. Aber man müsse nicht perfekt lesen können. Auch DVDs oder Tonies – Figuren, die vorlesen – seien beliebt. Seit neuestem gibt es auch einen Mehr-Sinn-Geschichten-Koffer, gefüllt mit Gegenständen zum Anfassen. Auf diese Weise lassen sich Geschichten erzählen, auch wenn jemand aufgrund seiner Behinderung nicht lesen lernen kann, erklärt Maigler.
„Ich habe viel über Barrierefreiheit gelernt“, sagt Isabel Frank. Sie habe ihre Scheu im gemeinsamen Umgang verloren. Bei dem Projekt gehe es auch um Teilhabe von behinderten Menschen am gesellschaftlichen Leben. „Inklusion ist mehr als ein Benefit für Menschen mit Behinderung, es profitieren alle davon“, betont Friedemann Manz. Mit der inklusiven Bücherei sei ein Ort geschaffen worden, an den Menschen mit Behinderung gerne kommen.