In der öffentlichen Oktober-Sitzung vertagte der Gemeinderat den Baubeschluss für die dringend benötigte viergruppige Kita Spitzäcker, um sich in der Klausursitzung noch einmal mit dem Thema Finanzierung zu beschäftigen. Hintergrund war ein Kostenanstieg von 5,5 auf 7,6 Millionen Euro. In der Klausur ging es unter anderem um Synergie-Effekte bei einer gemeinsamen Energieversorgung mit dem neuen Feuerwehrhaus. Diese sei aber nicht möglich, bedauert Bürgermeisterin Hannemann. Die Stadt will noch versuchen, einen Zuschuss aus dem Ausgleichstock zu bekommen. Der Baubeschluss steht am 19. November erneut auf der Tagesordnung.
Stadt Weinsberg muss sparen: Was das für die Bürger bedeutet
Die finanzielle Prognose der Stadt Weinsberg ist nicht rosig. Deshalb haben Gemeinderat und Verwaltung bei einer Klausursitzung über Einschnitte beraten. Welche Folgen hat das für die Bürger?

Es wird aus Spargründen weder das Freibad dichtgemacht noch die Musikschule geschlossen. Aber die Bürger werden zu spüren bekommen, dass die Stadt Weinsberg den Gürtel enger schnallen muss. Sie werden sich wohl auf höhere Gebühren und Steuern und anderes mehr einstellen müssen. Noch ist nichts beschlossen, aber das ist die Linie, auf die sich Verwaltung und Gemeinderat bei einer Klausursitzung verständigt haben.
„Es war eine konstruktive Sitzung“, fasst Bürgermeisterin Birgit Hannemann im Stimme-Gespräch die sieben Stunden hinter verschlossenen Türen zusammen, in denen sich Räte und Rathausmitarbeiter mit nichts anderem beschäftigten als mit den Weinsberger Finanzen.
Finanzielle Situation der Stadt: Noch sieht es ganz passabel aus
Noch sieht es ganz passabel aus. Anfang 2025 sind 16 Millionen Euro im Sparstrumpf. Aber schon jetzt kann die Stadt – wie andere Kommunen – ihre laufenden Ausgaben nicht erwirtschaften. Knapp zwei Millionen Euro fehlen 2024 im Ergebnishaushalt. Ein Griff in die Rücklage ist notwendig. Das bedeutet: Weinsberg zehrt von der Substanz – und das wird wohl in den nächsten Jahren so bleiben. Verschärft wird die Situation durch die Arithmetik des neuen Haushaltsrechts.
2027 wird Weinsberg wohl ein Darlehen brauchen
Und dann sind da bereits begonnene Projekte, die vollends finanziert werden müssen: das Feuerwehrhaus oder der Anbau an den Eugen-Diez-Kindergarten. Oder es sind Projekte zu realisieren, die sich kaum aufschieben lassen, zum Beispiel der Neubau der Kita Spitzäcker. Zudem habe sich im Lauf der Jahre viel Sanierungsbedarf angestaut, sagt Hannemann, seit Januar im Amt. Daher muss die seit langem schuldenfreie Stadt voraussichtlich 2027 ein Darlehen von 12,7 Millionen Euro aufnehmen. „Ab 2028 werden wohl weitere Schulden dazukommen“, fürchtet die Rathauschefin. Noch gar nicht eingepreist ist das Bildungszentrum, dessen Erweiterung in einer Machbarkeitsstudie mit 80,5 Millionen Euro grob kalkuliert wurde (siehe weiter unten im Text).
Auf diese Gemengelage dürfe die Stadt „nicht kopflos zurennen“, sagt Hannemann. „Unser Ziel ist es, jetzt schon an sämtlichen Schrauben zu drehen, um künftig noch Handlungsspielraum zu haben.“ Bloß „nicht irgendwann mit dem Rücken zur Wand stehen“.
Diese Dinge sind Teil des Konsolidierungskurses
Steuern und Gebühren: Vergnügungs- und Hundesteuer werden wohl steigen, auch „eine Erhöhung der Grund- und Gewerbesteuer ist in den nächsten Jahren nicht auszuschließen“, befürchtet die Bürgermeisterin. Teurer wird vermutlich auch der Eintritt ins Freibad, der Unterricht an der städtischen Musikschule, die Ausleihe in der Bücherei oder der Kindergarten-Besuch. Zur Klausur wurde aufgelistet, was die Kommune aktuell leistet: Demnach wird jeder Freibad-Besuch von der Stadt mit 6,90 Euro subventioniert, jede Musikschulstunde mit 51,90 Euro, jede Buch-Entleihung mit 2,27 Euro. In den Kitas seien 17 Prozent der Kosten durch Elternbeiträge gedeckt – der Landesrichtsatz liegt bei 20 Prozent. Zunächst sollen jene Gebühren angehoben werden, die schon lange unverändert sind.
Asylunterbringung: Was die Mieten für die Unterbringung von Asylbewerbern betrifft, will die Stadt die Verrechnungen mit dem Landratsamt noch einmal genau unter die Lupe nehmen.
Bauprojekte: „Bei künftigen Bauprojekten müssen wir deutlich schauen: Welchen Standard brauchen wir wirklich?“, betont Hannemann. Hat die Stadt in der Vergangenheit über ihre Verhältnisse gelebt? Hannemann tut sich mit einer Antwort schwer. „Man hatte viele Rücklagen. Man hätte sich aber vielleicht früher Gedanken machen müssen, wo man sparen kann.“
Stadtverwaltung: Wenn städtische Stellen – vom Baubetriebshofmitarbeiter bis zur Erzieherin sind es mehrere Hundert – frei werden, sei genau zu prüfen, ob eine Wiederbesetzung wirklich notwendig sei.
Sonstiges: Bei Festen/Veranstaltungen könne man überlegen, ob sie alternierend stattfinden. „Oder wir verlangen Eintritt, wo wir bisher keinen verlangt haben“, sagt Hannemann. Für 2025, dem Erinnerungsjahr an das Weinsberger Blutostern, habe sich die Stadt erfolgreich um Sponsoren bemüht.
Eine Haushaltsstrukturkommission wurde bei der Klausursitzung nicht eingesetzt. Man werde sich mit dem Thema Finanzen immer wieder beschäftigen, auch in weiteren Klausuren, sagt die Stadtchefin.
Wie geht es im Weinsberger Schulzentrum weiter?
Die Stadt Weinsberg sieht finanzielle Probleme auf sich zurollen – und dabei ist eine extragroße finanzielle Schwierigkeit im Etat noch gar nicht berücksichtigt. Im Juni stellte ein externes Büro eine Machbarkeitsstudie vor. Wichtige Erkenntnis: Das Areal des Rossäcker-Bildungszentrums, in dem es zunehmend eng wird, ist für eine Erweiterung ausreichend. Zweitens wurden für dieses Vorhaben, das sich über mehrere Jahre erstrecken würde, grob kalkulierte Kosten von 80,5 Millionen Euro angesetzt. Das Gremium war sprachlos.„80 Millionen Euro lassen sich nicht darstellen“, bekräftigte Bürgermeisterin Birgit Hannemann nun im HSt-Gespräch noch einmal den Tenor des Gemeinderats. Zunächst werde sich das Gremium mit der Erweiterung der Grundschule und dem Bau einer dritten Sporthalle (jeweils rund 16 Millionen Euro) befassen. Allerdings hinkt man dem Zeitplan bereits hinterher. Eine Sache ist erfreulich: Nach derzeitigem Stand der Dinge fließt wohl für beide Vorhaben ein Zuschuss von jeweils 30 Prozent.
Alle Positionen müssen auf den Prüfstand
Was die Erweiterung von Justinus-Kerner-Gymnasium und Weibertreuschule angeht, ist Hannemann noch sehr zurückhaltend: „Wir müssen schauen, wie sich die Schullandschaft generell verändert“. Also: „Welche Auswirkungen hat der Wechsel von G8 zu G9? Fallen perspektivisch die Werkrealschulen weg?“ Erst wenn eine belastbare Planung und belastbare Zahlen vorliegen, sei es an der Zeit, mit den Nachbarkommunen über eine Kostenbeteiligung für diese beiden Schulen mit ihrem überörtlichem Einzugsgebiet zu sprechen. Und überhaupt müssten alle Positionen noch einmal auf den Prüfstand. Bei den Freiflächen (insgesamt zwölf Millionen Euro) könne man sparen. Auch eine Parkdeckkonstruktion für zehn Millionen Euro, unter anderem für 780 Fahrräder, sei illusorisch.