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Spargel und Erdbeeren werden teurer: Gemüse- und Obstanbauer gegen Erhöhung des Mindestlohns

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Verband befürchtet weitere Betriebsaufgaben wegen steigender Ausgaben. Die Folge könnte weitere Verlagerung der Produktion in südliche Länder sein. 

Erntehelferinnen wie hier bei Kraichgau-Spargel in Ittlingen sollen nach Plänen der Bundesregierung 15 Euro Mindestlohn bekommen.
Erntehelferinnen wie hier bei Kraichgau-Spargel in Ittlingen sollen nach Plänen der Bundesregierung 15 Euro Mindestlohn bekommen.  Foto: Anna Przytocka

„Der Anfang vom Ende des Gemüse- und Obstanbaus in Deutschland“, so lautet die Überschrift einer Pressemitteilung des Netzwerks der Spargel- und Beerenverbände (VSSE) zur geplanten Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro die Stunde ab dem Jahr 2026. Dies gefährde den Produktionsstandort für Gemüse und Obst in Deutschland und führe zu einer weiteren Zuspitzung des Mangels an Nachfolgern für die Hofübernahme.

Höherer Mindestlohn: Immer mehr Betriebe geben auf

„Immer mehr Betriebe geben den Spargel- und Erdbeeranbau auf. Um den Produktionsstandort für Gemüse und Obst nicht noch weiter stark zu schwächen, fordern wir deswegen die Einfrierung des Mindestlohns von 12,82 Euro für die Landwirtschaft“, erklärt Simon Schumacher, Vorstandssprecher des VSSE. 

Andreas Frank vom Biohof Frank in Weinsberg-Gellmersbach meint dazu: „Die geplante Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro stellt uns vor eine unlösbare Herausforderung.“ Insgesamt bedeute dies Mehrkosten von über 100.000 Euro pro Jahr. „Gerade im Bio-Anbau, der besonders handarbeitsintensiv ist, treffen uns diese Kosten hart.“

Bauernverband fordert Ausnahmeregelung. Sonst droht: Verbraucher machen bei höheren Preisen nicht mehr mit

Stefan Kerner, Vorsitzender des Kreis-Bauernverbands, findet es zwar positiv, dass die „kurzfristige Beschäftigung“ von 70 auf 90 Tage verlängert werden soll. „Das funktioniert aber in der Regel nicht, weil dies nur geht, wenn die Saisonarbeiter in ihrem Heimatland eine Festanstellung haben.“ Weil das meist nicht der Fall ist, müssten 90 Prozent ohnehin „mit allen Sozialabgaben on Top“ angestellt werden. Kerner fordert: „Man muss da eine Ausnahmeregelung für die Landwirtschaft schaffen.“ 

Durch die vielen Regelungen und Kosten seien viele Betriebe nicht mehr wettbewerbsfähig. Man könne auch nicht einfach die Preise weiter erhöhen, da die Verbraucher dies nicht mehr mitmachen würden. Die Folge laut dem VSSE: Von 2022 bis 2024 seien laut Statistischem Bundesamt deutschlandweit die Anzahl der Betriebe im Spargelanbau um rund zehn Prozent zurückgegangen. 

Ans Aufgeben denkt Eckhard Schechter in Bockschaft zwar nicht, stellt aber fest: „Die Erhöhung ist eine dicke Nummer für uns. Dann wird der regionale Spargel teurer. Wir müssen die höheren Kosten weiter geben.“ Die europäische Konkurrenz sei einfach billiger. Ob sich der Kraichgau-Spargel dann auch 2026 gut verkauft, werde sich zeigen. 

Seit Einführung des Mindestlohns 2015 haben laut VSSE fast 30 Prozent der Betriebe den Spargelanbau eingestellt. Die Erdbeerernte sei ebenfalls um 30 Prozent zurückgegangen. Gestartet sei man mit weniger als zehn Euro, mit der nun geplanten Erhöhung erwartet der Verband nun einen „weiteren Erdrutsch“ bei den Betriebsaufgaben. 

Sorge der Anbauer: Produktion verlagert sich

Die Produktion verlagere sich immer mehr in Länder wie Spanien, die einen um ein Drittel niedrigeren Mindestlohn haben. In vielen Betrieben hierzuland machen die Lohnkosten für Aushilfskräfte bis zu 60 Prozent der Betriebsausgaben aus und haben sich seit 2015 fast verdoppelt. 

Marion Winkler vom Brackenheimer Versand Wino Bio sieht noch eine andere Problematik: Betrachte man den Nettolohn, würden Festangestellte kaum mehr bekommen als Saisonkräfte. Diese Diskrepanz führe dazu, dass es schwieriger wird, Fachkräfte in landwirtschaftlichen Betrieben zu finden. 

Wein aus Steillagen rentiert sich nicht mehr

Auch die Winzer befürchten Schlimmes: „Die Erhöhung würde nur weiter dazu führen, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Betriebe im europäischen und globalen Markt zu verschlechtern“, teilt der Weinbauverband mit. Die „begründeten Bedenken der landwirtschaftlichen Praxis“ für den Bereich der Sonderkulturen seien nicht gehört worden. Der Wein aus den in intensiver Handarbeit bewirtschafteten Steillagen in der Region würde sich verteuern, befürchtet Hermann Morast, Geschäftsführer des Weinbauverbands Württemberg. „In manchen Betrieben hat der Inhaber, der das volle unternehmerische Risiko trägt, am Ende weniger in der Tasche als der Saisonarbeiter.“ 

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